Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Manfred Lucha lobt OWB
Der Sozialminister informiert sich auch über verschiedene Wohnformen
MENGEN - Landessozialminister Manfred Lucha (Grüne) hat den OWB-Standort Mengen besucht und dabei auch den Reinraum besichtigt. In diesem verpacken Mitarbeiter der OWB medizintechnische und pharmazeutische Produkte für ProMediPac, das wiederum zum Behindertenhilfe-Unternehmen OWB gehört. Auch informierte sich der Minister über die verschiedenen Betreuungsformen im Bereich Wohnen.
Nur mit Mantel, Kopfhaube, Schuhüberzieher und nach gründlicher Händehygiene darf der innerste Bereich des Reinraums betreten werden. Hier arbeiten Menschen mit Behinderung und darüber hinaus ergänzend Unterstützungskräfte ohne Behinderung.
Vor der Besichtigung trafen sich die Teilnehmer des Rundgangs, darunter auch Bürgermeister Stefan Bubeck und Ina Schultz als Vertreterin der Landtagsabgeordneten Andrea Bogner-Unden (Grüne), zu einem Gespräch. Dass eine Behinderteneinrichtung einen Reinraum betreibt, in dem medizinische und pharmazeutische Produkte verpackt werden, dafür musste die OWB viel Überzeugungsarbeit leisten. Bei einer Behinderteneinrichtung denke man ja nicht an so eine Tätigkeit, sagte OWB-Geschäftsführer Egon Streicher. „Wir brauchten ein paar Jahre, um anerkannt zu werden.“
2012 begann die Planung für den Reinraum, wie Werkstattleiter Michael Kugler, Chef des OWB-Standorts Mengen, erläuterte. 2013 erfolgte der erste Bauabschnitt, ein Jahr später begann schon der zweite. 17 Menschen mit Handicap sowie diverse Unterstützungskräfte ohne Behinderung arbeiten im Reinraum für ProMediPac. So lautet der Markenname, unter dem die OWB die Tätigkeit im Reinraum betreibt.
OWB beschäftigt 149 Menschen
Insgesamt beschäftigt die OWB am Standort Mengen und der Außenstelle Bad Saulgau laut Michael Kugler 149 Menschen mit Handicap. Der Mengener Standort besteht dabei aus den gegenüberliegenden Gebäudekomplexen in der Saarstraße und der Lothringer Straße 6.
Reinraum-Leiterin Elke Weber stellte den Reinraum vor. Der beste Reinraum nütze nichts, wenn sich die Mitarbeiter nicht entsprechend in dem Raum bewegen und verhalten würden, sagte sie. Sie erläuterte, dass es die vier Reinraum-Klassen A bis D gebe, wobei A die höchste Reinheitsstufe ist. In Mengen arbeite man in den Bereichen C und D.
Emil Brandenburg, Bereichsleiter Wohnen der OWB, berichtete über die drei Aufgabenfelder des Wohnbereichs: Stationäre Betreuungen in den OWB-Wohnhäusern, ambulante Betreuungen durch die Ambulanten Dienste sowie Unterstützung der Betreuten zu Hause in deren Familien. Stationär gibt es Wohnhäuser in Scheer, Ravensburg, Kißleg und Illmensee-Ruschweiler. Aber die meisten der derzeit 284 betreuten Personen im Wohnbereich werden ambulant betreut, nämlich 61 Prozent. Die hohe Anzahl an ambulant betreuten Personen und auch die Hilfestellung für die Familien, in denen manche OWB-Mitarbeiter leben, zeichne die OWB aus, betonte Emil Brandenburg.
Mehr als Behindertenhilfe
Sozialminister Manfred Lucha lobte, dass die OWB inzwischen weit über die klassische Behindertenhilfe hinaus sei. Die OWB sei ja auch aus einem Selbsthilfe-Charakter heraus entstanden, sprich aus Elternvereinigungen, blickte er zurück. Er erinnerte daran, wie schwierig die Umstände nach 1945 für behinderte Menschen, auch in Oberschwaben, waren: Es sei damals erst einmal wichtig gewesen, eine Fürsorge für Behinderte zu gewährleisten. Also dass beispielsweise sich nicht drei Personen ein Bett teilen müssen und jede Person einen eigenen Suppenteller bekommt, nannte Lucha als Beispiele. Heute ist das anders: „Jetzt haben wir natürlich Teilhabe und Selbstbestimmung“, bemerkte der Minister. OWB-Geschäftsführer Egon Schleicher sah das ähnlich. „Hätten die großen kirchlichen Träger damals kundenorientiert gedacht, würde es die OWB so nicht geben.“