Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Neue Preise bei der Deutschen Bahn
Die Bahn ändert zum 1. August ihre Preise – Das Unternehmen reagiert auf die wachsende Fernbus-Konkurrenz
RAVENSBURG (csh) - Seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes vor fünf Jahren ist die Deutsche Bahn unter Druck. Nun reagiert sie und stellt zum 1. August ihr Preissystem um. Neu ist der sogenannte Super-Sparpreis. Die „Schwäbische Zeitung“hat sich das neue Tarifsystem im Einzelnen angeschaut.
RAVENSBURG - Seit der Liberalisierung des Fernbusmarktes vor fünf Jahren ist die Deutsche Bahn unter Druck: Mit Billigpreisen und Sonderaktionen wollten Anbieter wie MeinFernbus, Flixbus, Postbus oder DeinBus dem früheren Staatsunternehmen Kunden und Fernreisende abjagen. Übrig geblieben sind im harten Fernbus-Konkurrenzkampf fünf Jahre später zwar nur noch Quasi-Monopolist Flixbus und einige kleinere Mitbewerber – der Druck aber bleibt. Auch weil Flixbus mit dem grünen Flixtrain seit März 2018 die Bahn auch auf der Schiene angreift. Mit Kampfpreisen ab 9,99 Euro will das Unternehmen Kunden in die grünen Zugwaggons locken. Bislang rollt der Flixtrain zwar nur auf zwei Strecken zwischen Stuttgart und Berlin sowie zwischen Köln und Hamburg, weitere Verbindungen zwischen Berlin und Köln sowie Berlin und München sind aber in Planung.
Nun reagiert die Bahn und stellt zum 1. August ihr Preissystem um. Das Ziel: Das Unternehmen will vor allem preisbewusste Kunden ansprechen. Angebote wie WLan-Zugang ohne Aufpreis oder Bord-Entertainment mit Filmen und digitalen Zeitschriften hat die Deutsche Bahn bereits vor einiger Zeit von den neuen Konkurrenten übernommen. Neu ist der sogenannte Super-Sparpreis, der die bislang nur zeitlich begrenzte „Sparpreis Aktion“ablöst und preislich unterhalb des regulären Sparpreises liegt. Die „Schwäbische Zeitung“hat sich das neue Tarifsystem im Einzelnen angeschaut.
Käufer des Super-Sparpreis-Tickets müssen auf eine kostenlose Anschlussfahrt mit dem Nahverkehr am Zielort verzichten. Denn das sogenannte City-Ticket ist in diesem Tarif selbst für Inhaber einer Bahncard nicht inbegriffen. Im regulären Sparpreis ist das City-Ticket dagegen künftig für alle Kunden enthalten, unabhängig davon, ob sie eine Bahncard nutzen.
Wer sein Ticket vor Antritt der Reise stornieren muss, kommt künftig günstiger weg. Statt einer Bearbeitungsgebühr von 19 Euro verlangt die Bahn ab dem 1. August nur noch zehn Euro – wenn der Kunde im Gegenzug einen Reisegutschein akzeptiert. Eine Stornierung ab dem ersten Geltungstag ist dagegen weiterhin nur bei Buchung eines Flexpreises möglich. Heißt: Wer kurz vor Abfahrt des Zuges seine Reisepläne ändern muss, bleibt auf den Kosten sitzen.
Für bisherige Käufer der regulären Sparpreis-Tickets wird es künftig teurer: Je nach gebuchter Wagenklasse steigt der Einstiegspreis um drei bis sechs Euro. Immerhin: Die Bahn will Super-Sparpreis und die bereits bekannten Sparpreis-Tickets parallel anbieten. In Einzelfällen könne es auf Verbindungen mit einer hohen Auslastung jedoch dazu kommen, dass der Super-Sparpreis nicht mehr verfügbar sei, der Sparpreis aber schon, sagte ein Bahnsprecher auf Anfrage. Um die Chancen zu erhöhen, rabattierte Tickets zu erhalten, sollten Kunden möglichst frühzeitig buchen. Beide Sparpreis-Angebote können ab sechs Monaten im Voraus gekauft werden – die neuen Super-Sparpreise jedoch erst ab dem 1. August.
Super-Sparpreis auch für Europa
Vergleichbare Änderungen plant die Bahn auch im grenzüberschreitenden Fernverkehr. Bis spätestens Dezember 2018 soll der Super-Sparpreis auf allen internationalen Verbindungen verfügbar sein, für die bisher das Europa Spezial im Angebot war. Beim Super-Sparpreis Europa variieren die Preise je nach Strecke, Auslastung und Vorbuchungszeitraum. Die günstigsten Tickets sind ab 19,90 Euro zu haben. Ziele sind 16 europäische Länder von Belgien bis Ungarn.
Bislang konnten Ehe- und Lebenspartner von Bahncard-Inhabern sowie deren Kinder bis 17 Jahren eine Zusatzkarte für zehn Euro pro Jahr erwerben. Voraussetzung: Mindestens ein Kind bis 17 Jahre muss im Haushalt leben und bei der Hauptkarte mit angegeben werden. Für ein Paar mit einem Kind, das die Bahncard 25 nutzt, ergibt das aktuell eine Jahresrechnung von 82 Euro: 62 Euro (Bahncard) plus zehn Euro (Zusatzkarte Ehepartner) plus zehn Euro (Zusatzkarte Kind). Zum 1. August wird die Zusatzkarte jedoch ersatzlos gestrichen. Ehe- und Lebenspartner müssen nun auf die Partnerkarte (Bahncard 25: 41 Euro, Bahncard 50: 127 Euro) zurückgreifen. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren können dagegen – wie bisher auch – die Jugendbahncard für einmalig zehn Euro erwerben. Die Karte bietet 25 Prozent Rabatt auf Spar- und Flexpreise und ist fünf Jahre gültig. Für eine Familie mit einem Kind, die eine Bahncard 25 nutzt, ergibt sich im ersten Jahr ein Preis von 113 Euro: 62 Euro (Hauptkarte) plus 41 Euro (Partnerkarte) plus zehn Euro (Jugendbahncard).
Die Bahn sieht sich mit der neuen Preisstruktur im Fernverkehr gut aufgestellt. „Mit der neuen Preislogik gehen wir explizit auf die Wünsche unserer Kunden ein“, sagte ein Bahnsprecher. „Die Logik hinter den Angeboten ist dabei sehr einfach: Der Preis steigt mit dem Leistungsumfang und der Flexibilität, die das Angebot mit sich bringt.“Auch der sonst oft kritische Fahrgastverband Pro Bahn äußerte sich auf Nachfrage positiv über die Veränderungen bei den Bahntarifen. Die seien auch notwendig, nachdem die Konkurrenz durch Fernbusse gewachsen sei, sagte Stefan Buhl, Sprecher des Verbandes in Baden-Württemberg.
Flixbus baut Angebot weiter aus
Dennoch werden auch in diesem Sommer wieder viele Reisende auf Alternativen zur Deutschen Bahn zurückgreifen. Erst vor wenigen Wochen hat das Fernbus-Unternehmen Flixbus in der Region sein Angebot ausgebaut. Mit Umsteigen kann man mit dem Bus mittlerweile durch weite Teile Europas reisen.
Die mitunter nur ein paar Euro günstigeren Fahrpreise müssen sich Fernbus-Kunden jedoch mit oft deutlich längeren Reisezeiten erkaufen. So dauert etwa die Fahrt zwischen Friedrichshafen und Köln mit der Bahn rund viereinhalb Stunden, mit dem Bus dagegen zwischen neun und zehneinhalb Stunden. Wer ins Ausland reisen will, für den kann sich zudem das Flugzeug lohnen. Vor allem der Flughafen Memmingen hat sich in Süddeutschland einen Namen als Basis für Billig-Airlines gemacht. So fliegt WizzAir aus dem Allgäu beispielsweise nach Bulgarien und auf den Balkan, Ryanair unter anderem in die Urlaubsgebiete am Mittelmeer. Wizzair bietet zudem von Friedrichshafen Flüge nach Bosnien und Herzegowina sowie Mazedonien an.
Um Preise und Reisezeiten der einzelnen Verkehrsmittel besser vergleichen zu können, lohnt sich ein Blick auf spezialisierte Onlineportale wie Goeuro.de oder fromAtoB.de. Dort kann man Start und Ziel sowie gewünschtes Reisedatum eingeben und erhält eine Auflistung der Verkehrsmittel mit voraussichtlicher Reisedauer und Preis. FromAtoB.de vermittelt zudem Mitfahrgelegenheiten über die Plattform Blablacar.de. Bei anderen mitzufahren, kann sich vor allem für kurzfristige Fahrten lohnen, wenn die günstigen Kontingente von Fernbussen und Bahn bereits erschöpft sind.