Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bareiß hält Türkei-Reisen für unbedenklich
Tourismusbeauftragter will trotz der Krise „die Türen nicht zuknallen“
BERLIN – Türkei-Urlaub oder nicht? Er wolle nicht die Werbetrommel rühren, sagt der Tourismusbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Bareiß (CDU). Aber man müsse unterscheiden zwischen der politischen Situation der Türkei mit einem Staatschef, mit dem man kritische Punkte erörtern müsse – und einer Gesellschaft, die man nicht verlieren dürfe.
Austausch wichtig
„Es gibt für mich keinen Grund, nicht in die Türkei zu reisen und dort Urlaub zu machen,“sagt der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium. Thomas Bareiß, der selbst früher einige Monate bei einem Textilunternehmen in der Türkei gearbeitet hat, weist auf die vielfältigen kulturellen und Wirtschaftsverflechtungen mit der Türkei hin, die außerdem Nato-Partner und zweitgrößter Truppensteller sei. Bareiß hat sich immer wieder im Europaausschuss mit dem EU-Beitrittskandidat Türkei beschäftigt. Er war und ist selbst aber kein Freund dieses Beitritts – findet es aber wichtig, dass man sich austauscht.
Die Tourismuszahlen in der Türkei sind in den letzten Jahren merklich eingebrochen, 2016 um 31 Prozent. Doch in diesem Jahr kehren die Touristen zurück, in den ersten sechs Monaten sind es wieder 25 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. In den letzten Wochen freuen sich deutsche Türkei-Urlauber außerdem über einen niedrigen Lira-Kurs. Die Deutschen sind nach den Russen die zweitgrößte Gruppe von Touristen in der Türkei.
Thomas Bareiß selbst hat gerade einen Urlaub in der Türkei verbracht. „Wir dürfen nicht die Türen zuknallen“, warnt Bareiß. Man strafe sonst die Menschen in der Region. Und schließlich gebe es auch eine starke Opposition in der Türkei.
Allerdings sitzen nach offiziellen Angaben immer noch sieben Deutsche aus „politischen Gründen“in Haft. Darunter ist der 73-jährige Enver Altayli, der vor einem Jahr inhaftiert wurde. Seine Tochter Zehra sagte der dpa, ihrem Vater gehe es schlecht. Er sitze weiter im Hochsicherheitsgefängnis in Ankara in Einzelhaft und er habe unter anderem Schilddrüsen- und Magenprobleme. Die Tochter hoffe, dass Berlin weiter Druck ausübe.
Am Freitag hat ein türkisches Gericht erneut die Freilassung des USPastors Andrew Brunson abgelehnt. Wie sein Anwalt Cem Halavurt mitteilte, entschied das Gericht, dass Brunson in Hausarrest bleiben müsse. Der Fall hat zu einer schweren Krise in den Beziehungen zwischen der Türkei und den USA geführt, die die sofortige Freilassung des evangelikalen Pastors verlangen.
Die Türkei gerät dadurch zunehmend unter Druck. Nachdem USPräsident Donald Trump Sanktionen verhängte, ging die türkische Lira weiter in die Knie. So sehr, dass Präsident Erdogan seine Landsleute schon aufrief, ausländische Währungen in Lira zu tauschen.
Reisewarnungen gemildert
Im Herbst dieses Jahres wird Präsident Erdogan in Berlin erwartet. Deutschland ist zu einem Viertel an dem Gesamtwarenaustausch der Türkei mit der EU beteiligt. Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstrich in einem Telefonat mit Erdogan nach Angaben der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu das deutsche Interesse an einer starken türkischen Wirtschaft.
Das Auswärtige Amt, das für Reisewarnungen zuständig ist, hat momentan die Warnhinweise gemildert. Touristen sollten eine gewisse Vorsicht walten lassen bei politischen Kundgebungen und großen Menschenansammlungen, aber ansonsten sei eine Reise möglich. Auch Thomas Bareiß will nicht sagen, dass man reisen soll. Aber er will sagen: Man kann reisen.