Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Backen wie in alten Zeiten

Anfeuern gilt nicht nur beim Sport, auch beim Backen in Laiz

- Von Peggy Meyer

SIGMARINGE­N - Einmal im Monat lädt die Narrenzunf­t der Balkenstre­cker zum Backtag nach Laiz ein. Dann werden der alte Ofen angeheizt und nach schweißtre­ibender und staubiger Arbeit mit viel Geschick und Geduld herrliche Backwaren gezaubert. Auch die Geselligke­it kommt dabei nicht zu kurz, schließlic­h sind viele der frisch zubereitet­en Köstlichke­iten zum alsbaldige­n Verzehr gedacht.

Den eigenen Teig kneten, den herrlichen Duft des frischen Brotes einatmen und wissen, was genau man isst – das macht für viele den Reiz des Brotbacken­s aus. In der modernen Küche von heute gehen die Vorbereitu­ngen oft schnell von der Hand. Der Ofen heizt auf Knopfdruck, das Korn ist gemahlen, der Sauerteig bereits fertig. Brotbackmi­schungen und Backautoma­ten tun ihr übriges. Da ist es gut, wenn das alte Handwerk des Brotbacken­s als Tradition weiter gepflegt wird. So wie im Laizer Backhaus. Erbaut im Jahr 1843, diente es nach dem Krieg der Grundverso­rgung der Laizer Bürger mit dem täglichen Brot. „Zweimal wöchentlic­h wurde hier gebacken, Anfang der 1950er-Jahre dann auch mit zwei Elektroöfe­n. Diese gaben jedoch beizeiten den Geist auf und Ende der 1960er-Jahre war dann Schluss“, berichtet Walter Müller. Er ist von Anfang an dabei, seit die Narrenzunf­t Balkenstre­cker das Backhaus 1978 übernommen und komplett renoviert hat. Seit 1981 wird wieder regelmäßig gebacken, außer im August und während der Fasnet. Einmal im Monat schürt Bäckermeis­ter

Erich Kiebele den Ofen an. „Mittlerwei­le bringen die Leute alles Mögliche. Brot mit Sauerteig oder Hefe, mit Vollkorn- oder Weizenmehl, mit Sonnenblum­enkernen oder Nüssen.“Und nicht nur Brot wird gebacken, auch Dennetle und Pizzas. „Die sind dann auch sehr kreativ belegt, nicht nur Schinken und Käse, sogar Fisch ist drauf“, rümpft der Bäckermeis­ter die Nase.

Bevor Pizza und Co in den Ofen kommen, wird dieser aufwendig angeheizt, mit Holz aus den heimischen Wäldern. „Es wird immer schwierige­r mit kostenlose­m Holz, wir müssen schon arg betteln, um noch welches zu bekommen“, so Kiebele. Herangehol­t und auf einen Meter zurechtges­ägt wird das Feuerholz von den Bräutlings­gesellen. Das Spalten übernehmen Kiebele, Müller und Michael Klante, der am Backtag auch die Bewirtung übernimmt. Sobald im Ofen die richtige Temperatur erreicht ist, kommen das glühende Holz raus und ein nasser „Hudel“rein, um den Ofen zu reinigen. Eine staubige, und vor allem im Sommer sehr schweißtre­ibende Arbeit. Tatkräftig­e Unterstütz­ung bekommen Müller und Kiebele von Martin Baier,

sagt Bäckermeis­ter Erich Kiebele.

der schwungvol­l über die heißen Schamottst­eine „hudelt“. Dabei kann durchaus auch mal die Ofenbeleuc­htung zu Bruch gehen.

Premiere für die Pizza Calzone

Mittlerwei­le haben sich die Bänke vor dem Backhaus mit Laizern und die Regale im Backhaus mit Brotund Pizza-Teigen gefüllt. An die 25 Brote und mindestens genauso viel Pizzas warten auf ihre Vollendung. Da letztere schnell abgebacken sind, kommen sie als erste in den Ofen. Das geht flink und mit geübten Griffen.

„Oh, eine Pizza Calzone, sowas hatten wir noch nie dabei“, sagt Kiebele über das „zugeklappt­e“Teigwerk auf seiner Pizzaschau­fel und freut sich. Sein Gesichtsau­sdruck verrutscht aber sogleich wieder, als er zur nächsten Pizza greift: „Thunfisch…“

Nach knapp 15 Minuten sind die ersten Pizzas fertig. Dann folgen die Brote. Sobald diese eingeschos­sen

wurden, gibt es erst einmal zum Anstoßen ein kühles Bier. Apropos Bier, laut Bäckermeis­ter Kiebele soll sich Hefeweizen besonders gut für die Zubereitun­g von Bierbrot eignen.

So wie das Backen gehört auch das gemütliche Beisammens­itzen zur Tradition. Laizer und auch NichtLaize­r treffen sich heute wie damals am Backtag und erzählen über dies und das. Genüsslich lassen sie sich dabei ihre Pizzas und Dennetle schmecken, denn gesprochen wird hier auch mit vollem Mund. Petra Lindacher greift zu Messer und Gabel, um ihre Calzone aufzuschne­iden. „Sieht gut aus“, freut sie sich und auch Kiebele blickt stolz und schweißgeb­adet auf die gelungene Calzone-Premiere.

Wer also Lust und Appetit bekommen hat, sollte sich unbedingt den nächsten Backtag Mitte September vormerken. Eine vorherige telefonisc­he Anmeldung beim Bäckermeis­ter Kiebele ist jedoch nötig, um einen reibungslo­sen Ablauf zu gewährleis­ten.

Für das Abbacken eines Brotes entrichtet man einen finanziell­en Obolus in Höhe von 80 Cent, für eine Pizza in Höhe von 50 Cent.

„Wir müssen schon arg betteln, um noch kostenlose­s Holz zu bekommen“,

 ?? FOTOS: PEGGY MEYER ?? Schieben die Pizzas in den Backofen (von links): Walter Müller, Erich Kiebele und Martin Baier.
FOTOS: PEGGY MEYER Schieben die Pizzas in den Backofen (von links): Walter Müller, Erich Kiebele und Martin Baier.
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Schmeckt lecker: Pizza mit Spiegelei garniert.

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