Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gehwegparker sollen mehr bezahlen
Baden-Württembergs Verkehrsministerium will härtere Strafen
KARLSRUHE (lsw) - Auf dem Gehweg, am Zebrastreifen oder im Kreisverkehr – nach längerer Parkplatzsuche stellen viele ihr Auto entnervt einfach irgendwo ab. Vor allem in Städten mit großer Parkplatznot sind Falschparker zunehmend ein Ärgernis.
Und manchmal auch eine Gefahr. Dann zum Beispiel, wenn für Mütter mit Kinderwagen, Rollstuhlfahrer oder Senioren mit Rollator kein Durchkommen mehr ist und Fußgänger auf die Straße ausweichen müssen. Baden-Württembergs Verkehrsministerium sagt Falschparkern nun den Kampf an – und will die Städte in die Pflicht nehmen. Die reagieren zurückhaltend.
Wer auf Geh- und Radwegen parkt, muss derzeit zwischen 20 und 35 Euro zahlen, je nach Dauer und Behinderung. Das ist aus Sicht von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) viel zu wenig auch im europäischen Vergleich. Er hat die Bundesregierung deshalb aufgefordert, die Höhe bei verkehrsgefährdendem Verhalten anzupassen. Falschparker über den Geldbeutel zur Räson zu bringen, findet auch der Verkehrsclub ACE in Ordnung: „Denn Straßen und Parkraum sind für alle Verkehrsteilnehmer da.“
In Ulm, Karlsruhe, Bad Waldsee, Schwetzingen, Tübingen, Mannheim, Heidelberg, Rheinstetten, Stutensee, Ettlingen und Bruchsal sind Falschparker dem Ministerium zufolge ein Problem. Es wurde durch zwei Petitionen auf den Plan gerufen, die sich gegen die Duldung von Falschparkern wenden. Speziell Karlsruhe und Ulm sind aufgefordert, regelwidriges Parken zu unterbinden.
Doch so einfach ist das nicht. „Insbesondere in den in der Nachkriegszeit gebauten Wohnquartieren im Ulmer Westen hätte ein Verbot des Gehwegparkens zur Folge, dass zahlreiche Anwohner keinen Parkplatz in der Nähe ihrer Wohnungen mehr fänden“, erläutert eine Sprecherin.
Anstieg in Bad Waldsee
Bei Wohnstraßen mit Parknot drückt man auch in Bad Waldsee (Kreis Ravensburg) ein Auge zu, solange niemand gefährdet wird oder es keine Beschwerden gibt. Doch wer vor dem Bäcker oder der Apotheke verbotenerweise steht, um nur kurz etwas zu erledigen, wird abkassiert. Während im Jahr 2016 noch 177 gebührenpflichtige Verwarnungen in Bad Waldsee verteilt wurden, waren es 2017 schon 367, in diesem Jahr bis Anfang August bereits 310. „Die Verkehrsdisziplin nimmt generell ab“, beobachtet man in Freiburg. Der Gemeindevollzugsdienst ist dort flächendeckend unterwegs. Beim Städtetag sieht man das Problem. Wie es am besten unterbunden werden kann, darüber gibt es nach Angaben von Vize-Hauptgeschäftsführerin Susanne Nusser aber noch keine abgestimmte Verbandsmeinung. „Ein höheres Bußgeld wird nicht die einzige Antwort sein können“, meint sie. Es dürfe auf keinen Fall der Eindruck entstehen, Städte wollten nur ihren Stadtsäckel füllen. „Es geht um Sicherheit und nicht darum, Bürger zu gängeln.“
Dass bei dem Thema die Volksseele hochkochen kann, hat die Stadt Karlsruhe vor zwei Jahren erfahren: Als sie sich damals daranmachte, das Gehwegparkverbot im Stadtteil Daxlanden durchzusetzen und ohne Vorwarnung Knöllchen verteilte, gab es wütenden Anwohnerprotest. Das Ordnungsamt ruderte zurück und stellte die Verfahren ein – aus Kulanz, weil man die Anwohner nicht vorgewarnt hatte. Inzwischen sind sie das. Im Rahmen des Konzeptes „Faires Parken in Karlsruhe“hat die Stadt Alternativen gesucht. „Die Bürgerschaft ist aktiv in dieses Projekt eingebunden und die Verwaltung erhält viele konstruktive Umsetzungsvorschläge“, sagt eine Stadtsprecherin.