Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Sozialberater helfen Flüchtlingen
Sie nehmen den Bewohnern der LEA die Angst vor dem Asylverfahren
SIGMARINGEN (sz) - Wenn es um das Thema „Flüchtlinge“geht, dann rümpfen derzeit nicht wenige Leute die Nase. Zu negativ besetzt ist das Wort in vielen Köpfen. Nicht so bei Cordula Haueisen, Lena Jenter und Noori Mato, die beim Deutschen Roten Kreuz angestellt sind. Tim Wagner, Annette Kaulbarsch und Carmen Vöhringer sind beim Caritasverband beschäftigt, Kathrin Kugelmann und Susanne Müller sind bei der Diakonischen Bezirksstelle Balingen angestellt. Sie alle machen einen Job, den kaum jemand kennt. Sie sind „Sozial- und Verfahrensberater“in der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (LEA) in der ehemaligen Graf-Stauffenberg-Kaserne.
Sie bringen unterschiedliche Fähigkeiten mit ins Team. Ihre Aufgabe ist es, den Menschen die Angst vor dem Asylverfahren zu nehmen. „Wir sind aber keine Behörde“, sagt Annette Kaulbarsch. Für die Beschäftigten der Wohlfahrtsverbände ist es jedoch selbstverständlich, konstruktiv mit den Behördenvertretern und den anderen Organisationen in der LEA zusammenzuarbeiten. Sie wollen den Menschen vor allem die Sicherheit geben, dass sie neutral beraten werden, dass sie Fragen stellen können zu Dingen, die sie nicht verstehen und dass sie einen Ansprechpartner haben, dem man auch ganz persönliche Anliegen vortragen kann. Beraten werden alle Bewohner der LEA. „Wir informieren über den Ablauf des Asylverfahrens, über Rechte und Pflichten, über Wichtiges und Relevantes“, sagt Tim Wagner.
Große Nachfrage nach Beratung
Wenn man sich die Zahlen anschaut, dann scheint das Angebot einen großen Bedarf abzudecken. 20 bis 30 Leute kommen da schon mal an einem Vormittag. Sie müssen zunächst einmal im Wartebereich Platz nehmen. Jeder wird dann zunächst ins Clearing-Büro gerufen. Dort sitzen zwei Mitarbeiter, die den Bedarf ermitteln, wer sich der Problematik annehmen soll und welcher Zeitbedarf in etwa für die Beratung zu veranschlagen ist. „Meistens geht es um das Asylverfahren“, sagt Susanne Müller. Das Warten auf eine Entscheidung begleitet die Menschen in der LEA oft den ganzen Tag.
Etwa 40 Prozent der Ratsuchenden kommen mit Fragen zu sozialen Themen. „Und da gibt es nichts, was es nicht gibt“, sagt das Berater-Team, dem es wichtig ist, auch eine Vertrauensbindung zu den Betroffenen aufzubauen. Der Großteil des Teams ist weiblich. Gibt es da Probleme mit Ratsuchenden, deren Frauenbild sich von dem in Deutschland unterscheidet? „Gar nicht“, lautet die Antwort. Im Gegenteil. Männer begegneten den Beraterinnen mit großem Respekt.
Auch Aggressionsausbrüche gab es bislang nur in extrem seltenen Situationen. Alles laufe sehr ruhig, wenn auch nicht ohne Emotionen ab. Wenn jemand Tränen in den Augen hat, weil er seine Familie vermisst, verzweifelt wegen einer negativen Entscheidung ist, dann ist das nichts, was man einfach mit einem Federstrich auf einer Akte wegwischen kann. Das Team in der LEA sieht sich nicht nur als Berater, sondern will auch eine gesellschaftliche Aufgabe erfüllen. „Was wir hier tun, das ist auch eine interkulturelle Angelegenheit“, sagen sie. Nicht wenige der Ratsuchenden gehen nach dem Gespräch doch etwas erleichtert zurück in ihre Unterkunft.