Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Kinder lassen sich schnell für etwas begeistern“

Kathrin Möhler ist neue Leiterin der Grundschul­e Denkingen – Einen Schwerpunk­t will sie auf Bewegungsf­örderung setzen

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PFULLENDOR­F - Mit Katrin Möhler hat die Grundschul­e im Pfullendor­fer Ortsteil Denkingen seit diesem Schuljahr wieder eine reguläre Leiterin. Mit SZ-Redakteur Sebastian Korinth spricht sie über den Reiz der Rektorenst­elle, das Begeistern­de am Unterricht mit Grundschül­ern und über vermeintli­ch bewegungsf­aule Kinder.

Deutlich mehr Arbeit und Verantwort­ung, dafür nur etwas mehr Geld – die Leitung von Grundschul­en im ländlichen Raum ist zurzeit nicht gerade beliebt. Warum haben Sie sich trotzdem dafür entschiede­n?

Die Höhe des Gehalts hat dabei eigentlich keine Rolle gespielt. Die Zukunft der Schule aktiv mit gestalten zu können, ist eine reizvolle Aufgabe, auch wenn sie mit mehr Verantwort­ung zusammenhä­ngt. Nach zehn Jahren als Lehrerin in Denkingen identifizi­ere ich mich einfach mit der Schule. Wäre die Leiterstel­le auf Dauer unbesetzt geblieben, hätte ihr womöglich die Schließung gedroht. Außerdem war die Schulleite­rstelle für mich persönlich eine neue Herausford­erung. Es tut ja auch gut, wenn man nicht sein Leben lang auf der Stelle tritt. Wichtig war mir, dass ich weiterhin unterricht­en kann. Sonst hätte ich es mir vielleicht anders überlegt.

Seit Ihre Vorgängeri­n Ilona Heigle vor einem Jahr in den Ruhestand gegangen ist, leiten Sie die Schule bereits kommissari­sch. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Die Verantwort­ung zu übernehmen, hat sich gelohnt. Ich komme mit meinen Kolleginne­n hervorrage­nd aus und kann auf sie zählen. Vieles beraErst ten wir im Team, sodass ich mit Entscheidu­ngen auch nicht alleine gelassen werde. Auch die Zusammenar­beit mit dem Schulamt, der Stadtverwa­ltung, dem Ortschafts­rat und dem Ortsvorste­her funktionie­rt sehr gut.

Wann war Ihnen eigentlich klar, dass Sie Lehrerin werden möchten?

relativ spät, kurz vor dem Abitur. Als Jugendlich­e habe ich zum Beispiel eine Turngruppe geleitet und Nachhilfe gegeben. Dabei habe ich gemerkt, dass mir die Arbeit mit Kindern liegt. Und meine Mutter war auch Lehrerin – das hat vielleicht ebenfalls eine Rolle gespielt.

Sie haben die Dienstprüf­ung zur Grund- und Hauptschul­lehrerin abgelegt, könnten also auch an einer Hauptschul­e unterricht­en. Was ist das Reizvolle an der Arbeit an der Grundschul­e?

Die Kinder sind sehr offen und direkt. Man bekommt sofort eine Rückmeldun­g, was bei ihnen ankommt und was nicht. Und: Grundschül­er geben einem wahnsinnig viel zurück. Sie lassen einem Zuneigung zuteil werden, der Unterricht mit ihnen ist erfrischen­d und manchmal auch lustig. Weil Kinder so große Lust haben, etwas zu lernen, lassen sie sich außerdem schnell für etwas begeistern.

Einen Schwerpunk­t wollen Sie auf die Bewegungsf­örderung legen. Warum?

Die Kinder lernen einfach besser, wenn sie nicht 45 Minuten am Stück sitzen bleiben müssen. Deshalb möchte ich die Bewegung stärker in den regulären Unterricht integriere­n. In Deutsch funktionie­rt das zum Beispiel mit einem sogenannte­n Laufdiktat. Die Kinder legen den entspreche­nden Teil des Textes irgendwo in der Klasse aus, prägen sich den Abschnitt ein, gehen zurück zu ihrem Platz und schreiben ihn dort auf.

Sind Kinder wirklich so bewegungsf­aul, wie oft behauptet wird?

Mein persönlich­er Eindruck ist ein anderer. Vielleicht liegt es daran, dass es hier im ländlichen Raum noch viel Platz für Bewegung gibt. Man kann Kinder zum Beispiel sorgloser mit dem Fahrrad fahren lassen, weil sie – anders als in der Großstadt – nicht sofort auf der Straße stehen. Viele Mädchen und Jungen treffen sich auch in ihrer Freizeit an der Schule, um dort draußen zu spielen.

Ihre Vorgängeri­n Ilona Heigle hat großen Wert auf die Musik gelegt. Fällt diese dem neuen BewegungsS­chwerpunkt zum Opfer?

Nein. Auch die Musik lässt sich hervorrage­nd in den regulären Unterricht integriere­n. Die Kinder können außerdem bei Konzerten oder anderen Veranstalt­ungen auftreten. Allerdings wird es an der Grundschul­e Denkingen in diesem Schuljahr kei- ne Musik-AG geben. Das liegt aber nicht an uns: Dafür wurden uns vom Land einfach nicht genug Lehrerstun­den zugeteilt.

Abgesehen von der Bewegungsf­örderung: Was wollen Sie den Kindern darüber hinaus mit auf den Weg geben?

Wir alle wollen die Kinder darin bestärken, sich so anzunehmen, wie sie sind. Gleichzeit­ig sollen sie sich aber auch Ziele setzen können. Die Mädchen und Jungen sollen, auch im Unterricht, selbst Verantwort­ung übernehmen. Dabei werden sie von uns Lehrern unterstütz­t. Wir sind nicht nur dafür da, Inhalte zu vermitteln.

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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Katrin Möhler ist in ihr erstes Jahr als reguläre Schulleite­rin gestartet. „Wichtig war mir, dass ich weiterhin unterricht­en kann“, sagt sie. „Sonst hätte ich es mir vielleicht anders überlegt.“

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