Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die fetten Jahre sind vorbei Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Viel Freude hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an ihrem Sachverständigenrat seit Langem nicht mehr. Regelmäßig gehen die so genannten Wirtschaftsweisen mit der Bundesregierung so hart ins Gericht, dass sich ihre Gutachten wie eine Anklageschrift lesen. In ihrem diesjährigen Gutachten, das sie am Mittwoch vorstellten, halten sie sich sogar noch vergleichsweise zurück. Die Wirtschaftsweisen fordern, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen. Sie wollen eine Rente erst mit 70 und eine City-Maut – die Professoren fordern einen radikalen Kurswechsel. Andernfalls, so warnen sie, droht eine Abkühlung der Konjunktur.
Die Forderung nach einem vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlages wirkt moderat – wenn man bedenkt, wie lange die Deutschen diese Sonderabgabe schon zahlen, wie gut gefüllt die öffentlichen Kassen sind und wie stark etwa die USA für Unternehmen die Steuern gesenkt haben.
Damit steigen auch die Chancen, dass dieser Vorschlag früher oder später umgesetzt wird. Zwar leistet die SPD Widerstand, aber der Sachverständigenrat hat derzeit besonders gute Argumente. Wie er in seinem Gutachten erläutert, neigt sich der Daueraufschwung, der längste seit dem Wirtschaftswunder der Nachkriegszeit, dem Ende zu.
Aussichten verschlechtern sich
Das Bruttoinlandsprodukt wird laut Schätzung der Experten nur um 1,6 Prozent in diesem und um 1,5 Prozent im kommenden Jahr wachsen. Noch im März hatte der Rat ein Wachstum mit Raten von 2,3 und 1,8 Prozent vorhergesagt. Doch die Exporte entwickeln sich schwächer als gedacht, vor allem weil der Welthandel durch die Zollkonflikte stockt. Daraus leiten die Wirtschaftsweisen Handlungsbedarf ab. „Vor wichtigen wirtschaftspolitischen Weichenstellungen“lautet der Titel des Gutachtens.
Der Boom der vergangenen Jahre hat vieles überdeckt. Egal, was die Regierungen in Berlin beschlossen oder auch unterließen, die Wirtschaft brummte, die Arbeitslosigkeit sank und die öffentlichen Kassen füllten sich. Noch profitiert der Staat von der starken Konjunktur der vergangenen Jahre. Lange konnte es sich Deutschland leisten, sich wenig Gedanken um seine Wettbewerbsfähigkeit zu machen.
Aber die Zeit, in der alles wie von allein lief, wird nicht mehr lange anhalten. Deshalb drängt der Sachverständigenrat auf eine Kehrtwende. Die Wirtschaftsweisen pochen auf die Pflicht der Regierung, sich wieder stärker um die Attraktivität des Standorts im internationalen Wettbewerb zu kümmern.
Auch zum Dieselproblem präsentieren die Experten einen Vorschlag: Zur Abwendung von Fahrverboten schlagen sie eine Maut in den Städten vor, deren Höhe sich nach der Belastung vor Ort, der Tageszeit und dem Schadstoffausstoß des Fahrzeugs richten soll. Eine solche Gebühr für Verkehrsteilnehmer könne die Menge an Autos und Lkw nach Erfahrungen beispielsweise in London oder Stockholm um ein Viertel bis ein Drittel senken, heißt es im Gutachten.
Müssen Luftballons sein?
Zum Artikel „Davongekommen“
(25.10.):
Davongekommen? Es kommt darauf an, wen man fragt. Vögel, die an gefressenen Luftballons, die in der Natur liegen geblieben sind, ersticken oder elendiglich zugrunde gehen, würden anders antworten. Ebenso die erfrorenen Jungvögel, deren Vogeleltern die Luftballons als nichtwärmendes Nistmaterial verwendeten, wären sicher anderer Meinung.
Muss es denn wirklich sein, dass bei vielen Festen Luftballons in die Luft steigen müssen? Sie landen irgendwo in der Natur, wo sie nicht hingehören. Letztendlich landen sie über Gewässer im Meer und dort haben wir doch schon genug Plastikmüll, an dem auch Seevögel sterben.
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