Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Frauen erhalten grundlegende Ausbildung
Verein „Gemeinsam für Wapa“unterstützt mit Projekten ein Dorf in Burkina Faso
SIGMARINGEN - Der Sigmaringer Verein „Gemeinsam für Wapa“, der ein Dorf im bitterarmen Burkina Faso unterstützt, hat neben der Hilfe zum Brunnenbau nun ein weiteres Projekt auf den Weg gebracht. Unter dem Stichwort „Polytechnisches Zentrum“soll in Wapa eine Ausbildungsstätte für die Frauen des Dorfes entstehen, in dem sie selbstständiges Arbeiten und Wirtschaften lernen. Mit dieser Hilfe zur Selbsthilfe sollen sie einen Weg aus der Armut finden und ihre Familien versorgen können.
Bertand Bazie, der aus Wapa in der Nähe von Réo in der Mitte von Burkina Faso stammt, hat an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen Pharmatechnik studiert und zusammen mit Marlis Schmitt-Sickinger den Verein „Gemeinsam für Wapa“gegründet. Schmitt-Sickinger hatte Bazie während eines Afrika-Tages am Hohenzollern-Gymnasium, deren Direktorin sie damals war, kennengelernt.
Daraus war in der Folge die Aktion Brunnenbau entstanden. Bazie hat inzwischen eine Arbeitsstelle in Bad Homburg bei Frankfurt angetreten, der Verein hat seinen Sitz aber weiterhin in Sigmaringen und wird vor Ort von Schmitt-Sickinger vertreten. Mit ihr arbeitet Albert Bisinger zusammen. Der Verein wird von Rotary und den Kirchengemeinden unterstützt.
Für das geplante Ausbildungszentrum wurde kürzlich mit Spendenmitteln ein Grundstück gekauft. Auf dem sollen Werkstätten und Lehrräume entstehen in denen ausschließlich Frauen ausgebildet werden. „Frauen sind dort ohnehin sehr benachteiligt, wenn einer etwas lernen darf, ist das in der Regel ein Junge. Wenn ein Kind aus Geldmangel aus der Schule genommen wird, dann ist das im Zweifelsfalle das Mädchen“, sagt Schmitt-Sickinger. Außerdem sind Frauen in der dortigen Gesellschaft die solideren Mitglieder. Wahrend die Männer die Dinge eher locker nehmen und den kargen Lohn auch mal gerne in die Kneipe tragen, kümmern sich Frauen um den Zusammenhalt der Familie, erzählt Schmitt-Sickinger, die auch schon vor Ort war.
„Deshalb müssen wir die Frauen befähigen, Geld zu verdienen.“Im Ausbildungszentrum lernen sie zunächst einmal Lesen, Schreiben und Rechnen. „In Burkina Faso sind 36 Prozent der Männer Analphabeten, für Frauen gibt es garkeine Zahlen, da liegt der Prozentsatz wesentlich höher“, sagt Albert Bisinger. Ferner lernen die Frauen Nähen, Weben und die Herstellung von kosmetischen Produkten und Seife, alles aus heimischen Rohstoffen und auch für den Bedarf im Land gedacht.
Aufforstung des Landes fördern
Auch ein Versuchsfeld und ein Garten sind geplant, in dem die Frauen landwirtschaftliche Dinge lernen können. Dazu gehört die Aufforstung des kargen Landes nach der Methode von Tony Renaudo, der gerade mit dem alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Denn Burkina Faso leidet ebenfalls unter dem Klimawandel, unter anderem durch ausfallende Regenzeiten.
Je nachdem, wie viel Geld vorhanden ist, sollen jetzt die Gebäude auf dem gekauften Grundstück erstellt werden. „Ein Raum mit aller notwendigen Ausstattung kostet rund 3500 Euro“, sagt Schmitt-Sickinger. Gebraucht werden alte mechanische Nähmaschinen, die keinen Strom verbrauchen. „Die sind robust und die Leute können sie selbst reparieren“, sagt Bisinger. Einfache Webstühle wurden durch die Kirchengemeinden gespendet. „Die Menschen dort besinnen sich langsam wieder auf ihre heimischen Traditionen, die Baumwolle die es dort gibt, und wollen nicht mehr von billigsten Altkleidern aus Europa abhängig sein“, sagt Schmitt-Sickinger. Auch ohne die geplanten Gebäude wurde die Produktion inzwischen aufgenommen, halt unter freiem Himmel.
Die Frauen in Wapa haben sich selbst in Kreisen organisiert, die sich einmal wöchentlich treffen. Geld wird in einer Art Vereinskasse weggelegt und ist dann wie auf einer Bank (die es im Dorf natürlich nicht gibt) verwahrt, dient als Krankenversicherung und Rücklage sowie als Sicherung vor durstigen Männern. Wenn das Geld nicht in Anspruch genommen wurde, wird es am Jahresende ausgezahlt. Dass Spenden und die erwirtschafteten Gelder auch zu 100 Prozent denen zugute kommen, für die sie gedacht sind, dafür sorgen Vertrauensleute von Bazie vor Ort. Dazu zählt Bazies Schwester, eine resolute Näh-Meisterin.
Die Vereinsmitglieder hoffen, dass sich die Produktion von Textilien und landwirtschaftlichen Produkten nach einem Jahr selbst finanziert und den heimischen Markt versorgen kann. Die Frauen zahlen einen kleinen Obolus für ihre Ausbildung. Wer gar kein Geld hat, kann sein Schulgeld nach Ende der Ausbildung abarbeiten. Vorübergehend übernimmt der Verein die geringfügigen Lehrergehälter. Wichtig ist den Helfern, dass die Unterstützung nicht nur als Geschenk ankommt, sondern durch eigene Arbeit und Teilnahme an den Projekten auch Initiative fordert.