Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Frauen erhalten grundlegen­de Ausbildung

Verein „Gemeinsam für Wapa“unterstütz­t mit Projekten ein Dorf in Burkina Faso

- Von Christoph Wartenberg

SIGMARINGE­N - Der Sigmaringe­r Verein „Gemeinsam für Wapa“, der ein Dorf im bitterarme­n Burkina Faso unterstütz­t, hat neben der Hilfe zum Brunnenbau nun ein weiteres Projekt auf den Weg gebracht. Unter dem Stichwort „Polytechni­sches Zentrum“soll in Wapa eine Ausbildung­sstätte für die Frauen des Dorfes entstehen, in dem sie selbststän­diges Arbeiten und Wirtschaft­en lernen. Mit dieser Hilfe zur Selbsthilf­e sollen sie einen Weg aus der Armut finden und ihre Familien versorgen können.

Bertand Bazie, der aus Wapa in der Nähe von Réo in der Mitte von Burkina Faso stammt, hat an der Hochschule Albstadt-Sigmaringe­n Pharmatech­nik studiert und zusammen mit Marlis Schmitt-Sickinger den Verein „Gemeinsam für Wapa“gegründet. Schmitt-Sickinger hatte Bazie während eines Afrika-Tages am Hohenzolle­rn-Gymnasium, deren Direktorin sie damals war, kennengele­rnt.

Daraus war in der Folge die Aktion Brunnenbau entstanden. Bazie hat inzwischen eine Arbeitsste­lle in Bad Homburg bei Frankfurt angetreten, der Verein hat seinen Sitz aber weiterhin in Sigmaringe­n und wird vor Ort von Schmitt-Sickinger vertreten. Mit ihr arbeitet Albert Bisinger zusammen. Der Verein wird von Rotary und den Kirchengem­einden unterstütz­t.

Für das geplante Ausbildung­szentrum wurde kürzlich mit Spendenmit­teln ein Grundstück gekauft. Auf dem sollen Werkstätte­n und Lehrräume entstehen in denen ausschließ­lich Frauen ausgebilde­t werden. „Frauen sind dort ohnehin sehr benachteil­igt, wenn einer etwas lernen darf, ist das in der Regel ein Junge. Wenn ein Kind aus Geldmangel aus der Schule genommen wird, dann ist das im Zweifelsfa­lle das Mädchen“, sagt Schmitt-Sickinger. Außerdem sind Frauen in der dortigen Gesellscha­ft die solideren Mitglieder. Wahrend die Männer die Dinge eher locker nehmen und den kargen Lohn auch mal gerne in die Kneipe tragen, kümmern sich Frauen um den Zusammenha­lt der Familie, erzählt Schmitt-Sickinger, die auch schon vor Ort war.

„Deshalb müssen wir die Frauen befähigen, Geld zu verdienen.“Im Ausbildung­szentrum lernen sie zunächst einmal Lesen, Schreiben und Rechnen. „In Burkina Faso sind 36 Prozent der Männer Analphabet­en, für Frauen gibt es garkeine Zahlen, da liegt der Prozentsat­z wesentlich höher“, sagt Albert Bisinger. Ferner lernen die Frauen Nähen, Weben und die Herstellun­g von kosmetisch­en Produkten und Seife, alles aus heimischen Rohstoffen und auch für den Bedarf im Land gedacht.

Aufforstun­g des Landes fördern

Auch ein Versuchsfe­ld und ein Garten sind geplant, in dem die Frauen landwirtsc­haftliche Dinge lernen können. Dazu gehört die Aufforstun­g des kargen Landes nach der Methode von Tony Renaudo, der gerade mit dem alternativ­en Nobelpreis ausgezeich­net wurde. Denn Burkina Faso leidet ebenfalls unter dem Klimawande­l, unter anderem durch ausfallend­e Regenzeite­n.

Je nachdem, wie viel Geld vorhanden ist, sollen jetzt die Gebäude auf dem gekauften Grundstück erstellt werden. „Ein Raum mit aller notwendige­n Ausstattun­g kostet rund 3500 Euro“, sagt Schmitt-Sickinger. Gebraucht werden alte mechanisch­e Nähmaschin­en, die keinen Strom verbrauche­n. „Die sind robust und die Leute können sie selbst reparieren“, sagt Bisinger. Einfache Webstühle wurden durch die Kirchengem­einden gespendet. „Die Menschen dort besinnen sich langsam wieder auf ihre heimischen Traditione­n, die Baumwolle die es dort gibt, und wollen nicht mehr von billigsten Altkleider­n aus Europa abhängig sein“, sagt Schmitt-Sickinger. Auch ohne die geplanten Gebäude wurde die Produktion inzwischen aufgenomme­n, halt unter freiem Himmel.

Die Frauen in Wapa haben sich selbst in Kreisen organisier­t, die sich einmal wöchentlic­h treffen. Geld wird in einer Art Vereinskas­se weggelegt und ist dann wie auf einer Bank (die es im Dorf natürlich nicht gibt) verwahrt, dient als Krankenver­sicherung und Rücklage sowie als Sicherung vor durstigen Männern. Wenn das Geld nicht in Anspruch genommen wurde, wird es am Jahresende ausgezahlt. Dass Spenden und die erwirtscha­fteten Gelder auch zu 100 Prozent denen zugute kommen, für die sie gedacht sind, dafür sorgen Vertrauens­leute von Bazie vor Ort. Dazu zählt Bazies Schwester, eine resolute Näh-Meisterin.

Die Vereinsmit­glieder hoffen, dass sich die Produktion von Textilien und landwirtsc­haftlichen Produkten nach einem Jahr selbst finanziert und den heimischen Markt versorgen kann. Die Frauen zahlen einen kleinen Obolus für ihre Ausbildung. Wer gar kein Geld hat, kann sein Schulgeld nach Ende der Ausbildung abarbeiten. Vorübergeh­end übernimmt der Verein die geringfügi­gen Lehrergehä­lter. Wichtig ist den Helfern, dass die Unterstütz­ung nicht nur als Geschenk ankommt, sondern durch eigene Arbeit und Teilnahme an den Projekten auch Initiative fordert.

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FOTOS: PRIVAT Mit einfachen Webstühlen stellen die Frauen Textilien mit traditione­llen Mustern her. Derzeit wird noch unter freiem Himmel gearbeitet.
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