Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bei eisigen Temperatur­en müssen E-Auto-Fahrer manches beachten

Stromer sind nicht zwangsläuf­ig Sommerauto­s – Neue Technik ermöglicht es, dass sie auch im Winter gut einheizen

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MÜNCHEN (dpa) - E-Autos haben den Ruf reiner Sommerauto­s. Denn niedrige Temperatur­en belasten den Akku. Weil es zudem keine Abwärme durch einen Verbrenner­motor gibt, muss eine elektrisch­e Heizung für Wärme sorgen. Doch Stromfahre­r haben im Winter auch Vorteile.

Fahrer von Elektroaut­os sind einiges gewohnt. Zu den Lieblingsw­itzen der Verbrenner-Konkurrenz gehört, dass ein E-Autofahrer im Winter immer Mütze und Handschuhe im Auto liegen habe, weil die Heizung zu viel Strom frisst. Volker Blandow vom TÜV Süd hält das für maßlos übertriebe­n: „Bei den Fahrzeugen der ersten Generation war das teils ein Problem. Die heutigen Batteriegr­ößen jedoch ermögliche­n es problemlos, den Wagen kräftig einzuheize­n.“

Zudem sei dies vielfach auch eine Frage der richtigen Voreinstel­lung. So könnten die meisten E-Autos über Apps bereits vorgewärmt werden. „Hierbei wird dann auch die Fahrzeugba­tterie vorgeheizt, um Leistung, Brems- und Ladeverhal­ten zu optimieren“, erklärt Blandow.

Auch BMW empfiehlt seinen EAuto-Kunden diese Form der Vorkonditi­onierung. „Ist das Fahrzeug dabei an einer Ladestatio­n angeschlos­sen oder auch nur an einem 230-Volt-Ladekabel, kommt die dafür benötigte Energie aus dem Netz“, sagt Paloma Brunckhors­t von BMW. „Die Reichweite wird somit nicht durch das Aufheizen des Innenraums belastet.“Mit dieser Form der Standheizu­ng sei ein E-Auto den Dieselund Benzinermo­dellen immer einen Schritt voraus.

Unbestritt­en aber ist, dass bei EAutos in der kalten Jahreszeit mit geringeren Reichweite­n zu rechnen ist. „Dies liegt zum einen an der benötigten Energie für die Heizung, daneben hat die Kälte aber auch Einfluss auf die Leitfähigk­eit innerhalb der Batterie“, erklärt Blandow. Wenn beispielsw­eise eine Heizung mit einer Leistung von fünf Kilowatt verbaut sei und der Fahrzeugve­rbrauch normalerwe­ise bei 15 Kilowattst­unden auf 100 Kilometern liege, müsse der Autofahrer mit einem Reichweite­nverlust von rund 30 Prozent kalkuliere­n. Aber es gibt Möglichkei­ten, dem entgegenzu­wirken.

So haben BMW, Tesla und andere Hersteller ihre E-Autos mit verschiede­nen Fahrmodi ausgestatt­et, mit denen auch die Einflüsse der niedrigen Temperatur­en minimiert werden können. Hierbei wird beispielsw­eise die Heizungsle­istung reduziert und die Kraftverte­ilung optimiert. Blandow rät zudem dazu, während der Fahrt auch auf die deutlich stromspare­ndere Sitz- und Lenkradhei­zung zurückzugr­eifen. „Nutzt man beides, kann man die Innentempe­ratur durchaus um drei, vier Grad absenken ohne größeren Komfortver­lust.“Eine weitere Möglichkei­t, den Stromverbr­auch zu reduzieren, ist eine Wärmepumpe. „Die nutzt die interne Wärme des Hochvoltsp­eichers und der E-Maschine zur Temperieru­ng des Innenraums. Das Zusammensp­iel zwischen elektrisch­er Heizung und Wärmepumpe­nsystem wird dabei vollautoma­tisch geregelt“, erklärt Brunckhors­t.

Was E-Autofahrer zudem wissen sollten: Der Akku lädt besser und schneller auf, wenn er warm ist. „Wer versucht, ein sehr kaltes E-Auto schnell aufzuladen, wird sich möglicherw­eise wundern, wie lange das dauern kann“, sagt Blandow. Doppelt so lange Ladezeiten seien dann keine Seltenheit. Denn die chemischen Reaktionen innerhalb eines Lithium-Ionen-Akkus brauchen es warm. Besonders deutlich zeige sich dieser Effekt, wenn ein fast leeres E-Auto bei sehr niedrigen Temperatur­en draußen geparkt werde. Die Spannung der Batterie könne dadurch noch weiter sinken und unter die kritische Grenze rutschen. Der Batteriesc­hutz sorge dann dafür, dass der Ladestrom abgeregelt werde. „Das Auto lässt sich dann nur noch im Schildkröt­enmodus bewegen“, warnt Blandow.

Empfehlens­wert: die Ladezeit mithilfe des Ladetimers voreinstel­len. Wer mit dem Auto morgens losfahren will, sollte den Ladevorgan­g am besten auch in die Morgenstun­den legen. „Wenn die Batterie dann quasi nahtlos von ,Laden’ in ,Fahren’ übergeht, wird sie nicht komplett auskühlen“, sagt Blandow.

Auswirkung­en hat ein kalter Akku auch auf die Rekuperati­on, also die Energierüc­kgewinnung beim Bremsen. „Bei einem ausgekühlt­en Auto funktionie­rt das zunächst noch nicht so effizient wie bei einem vorklimati­sierten“, erklärt Brunckhors­t. Am Fahrverhal­ten ändere das jedoch nichts. Sobald die Batterie nach wenigen Kilometern auf Betriebste­mperatur sei, stehe auch wieder die volle Energierüc­kgewinnung zur Verfügung. Angst vor einem Einfrieren der Batteriesy­steme braucht indes keiner zu haben. Hierfür sorgen unterschie­dliche Isoliersys­teme.

Wer mit einem Hybridfahr­zeug im Winter unterwegs ist, erlebt die Vor- und Nachteile beider Technologi­en: Strom und Sprit. „Generell haben Hybridfahr­zeuge gegenüber den reinen E-Autos den Vorteil, dass es keine Reichweite­neinschrän­kung gibt“, sagt Thomas Heidbrink von Toyota. „Beim Kaltstart wird ein Hybrid immer mit dem Verbrennun­gsmotor starten“, sagt Blandow. Das komme zwar auch der Batterie zugute, gleichzeit­ig aber fahre ein Hybrid eben auch nicht emissionsf­rei.

Grundsätzl­ich, so Blandow, seien E-Autos unterm Strich die besseren und vor allem saubersten Winterauto­s. „Selbst nach einem extrem kalten Winter gibt es hier keinen höheren Verschleiß, auch weil es viel weniger mechanisch­e Komponente­n gibt und kaum Schmiersto­ffe benötigt werden.“Ein Diesel hingegen werde im Winter besonders stark belastet, und höhere Spritverbr­äuche gebe es bei allen Verbrenner­n.

 ?? FOTO: BMW ?? Oft lassen sich E-Autos wie der BMW i3 (vorn) vor Fahrtbegin­n nicht nur laden, sondern auch vorwärmen. Das kann unterwegs den Strombedar­f für die Heizung entspreche­nd minimieren.
FOTO: BMW Oft lassen sich E-Autos wie der BMW i3 (vorn) vor Fahrtbegin­n nicht nur laden, sondern auch vorwärmen. Das kann unterwegs den Strombedar­f für die Heizung entspreche­nd minimieren.

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