Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Neue Chance fürs Hoftheater?
Kulturkonzeption der Stadt soll Nutzung der Räumlichkeiten prüfen.
SIGMARINGEN - Sigmaringen fehlt ein Kino – diese Feststellung hört man regelmäßig, seit das Hoftheater 2015 aus Brandschutzgründen schließen musste. Kulturinteressierte Bürger und Gemeinderäte wünschen sich das Hoftheater zurück. Was muss passieren, damit dies möglich wird? Und: Eignet sich der Kinobetrieb überhaupt noch für die denkmalgeschützte Immobilie? Ein Überblick.
„Wir hätten gern das Hoftheater zurück“, wünscht sich Gertrud Schröder vom Seniorentreff in der Schustergasse 1. Mit Norbert Maier veranstaltet sie das monatliche Kino des Seniorenforums in der Alten Schule. Die Senioren aus der Schustergasse wünschen sich, dass das barocke Kleinod für Filmvorführungen und Kulturveranstaltungen wiederbelebt wird. „Es ist schade, wenn das Hoftheater der Bevölkerung nicht zur Verfügung steht und verfällt.“Auch Marjatta Titze findet, es sei ein Mangel für die Stadt, dass sie über kein Kino verfüge. „Man muss immer nach Mengen, Albstadt, Überlingen oder Reutlingen fahren.“Dabei sei der Bedarf da. Ein Kino ist ein Magnet für junge Leute, findet Schröder, die sich wünscht, Bürgermeister Ehm würde das Gespräch mit dem Fürstenhaus aufnehmen.
„Dazu muss ein nachhaltig tragbares Konzept erarbeitet werden, welches für beide Seiten akzeptabel erscheint. Beide Seiten stehen diesbezüglich auch immer wieder in Kontakt, eine Lösung ist aber bisher noch nicht gefunden“, sagt Bürgermeister Marcus Ehm auf Nachfrage.
Gemeinderatsmitglied Markus Lehmann (CDU) hat beim CDU-Tourismusgipfel vor einigen Wochen auch den Wunsch geäußert, dass das Hoftheater wiederbelebt werden soll. „Es tut fast weh, dieses Kleinod brachliegen zu lassen“, sagt er. Er schätzt, dass man mit verhältnismäßig kleinem Sanierungsaufwand große Erfolge erzielen könnte. Für Lehmann hätte die Reaktivierung des Hoftheaters als kultureller Veranstaltungsort und Kleinkunstbühne große Strahlkraft für den Tourismus und die Bevölkerung, quer durch alle Altersgruppen. Als „Magnet für Touristen“sieht Lehmann das Hoftheater, das an Regentagen die Reisegäste anlocken könnte. Auch aus historischer Sicht währe der Erhalt wünschenswert: „Berühmte Schauspieler haben sich dort nach dem Krieg ihre ersten Sporen verdient.“Lehmann kann sich vorstellen, dass das Hoftheater ins Kulturkonzept der Stadt aufgenommen wird.
Das deutete auch Klaus Kubenz (Freie Wähler) in seiner Haushaltsrede an, die Stadt bestätigt dies. Vor einigen Monaten hatte der Gemeinderat beschlossen, ein solches Konzept extern zu vergeben. Die Kulturkonzeption soll in diesem Jahr starten. Die Stadt erhält hierfür einen Leader-Zuschuss in Höhe von 10 920 Euro, 30 000 Euro sind im Haushaltsansatz vorgesehen. Laut Stadt soll das Hoftheater als weiterer Veranstaltungsort, beispielsweise neben der Alten Schule und den Ateliers im Alten Schlachthof, Bestandteil der Konzeption sein. In einem Bürgerbeteiligungsprozess sollen Bürger in die Konzeption einbezogen werden, berichtet Stadtsprecherin Anja Heinz. Die Stadt geht jedoch von einem siebenstelligen Betrag aus, der in Brandschutz und energetische Maßnahmen fließen müsste. Weil mit den Ateliers im Alten Schlachthof und der Alten Schule derzeit Alternativen bestehen, seien die umfangreichen Sanierungsmaßnahmen bislang zurückgestellt worden.
Brandschutzrechtliche Hürden sind groß
„Die Baumaßnahmen können erst beginnen, wenn die Nutzung geklärt ist. Beispielsweise ein Kino oder ein Theater gilt als Versammlungsstätte. Hier bestehen hohe brandschutzrechtliche Hürden, zudem steht das Gebäude unter Denkmalschutz“, so Anja Heinz. Des weiteren müsste die Nutzung überplant werden und dabei die Kosten/Nutzen ermittelt werden um die Baumaßnahmen zu bestimmen und zu prüfen, ob ein wirtschaftlicher Betrieb möglich sei.
Peter Brodmann, Finanzchef der Unternehmensgruppe Fürst von Hohenzollern, sagt, an den Begebenheiten hätte sich seit Jahren nichts geändert. Erst, wenn ein Verein oder Träger des Gemeinwesens mit konkreten Plänen auf das Fürstenhaus zukomme, würden weitere Schritte eingeleitet. „Es braucht ein richtiges Konzept dahinter“, sagt Brodmann. Bislang sei nicht klar, wieviel Geld investiert werden müsste, um die Sanierung zu stemmen. Das Fürstenhaus würde den Betrieb gutheißen und bestätigt gelegentliche Gespräche mit der Stadt zu diesem Thema, sieht aber auch keine Not, von sich aus auf einen öffentlichen Träger zuzugehen. „Das Thema hat nicht erste Priorität bei uns“, sagt Brodmann. Schließlich sei die Immobilie mit der Gastronomie im Erdgeschoss ja zumindest teilweise vermietet. „Am Ende ist es eine Sache des Geldes, Kultur ist ein Draufzahlgeschäft aber auch etwas, das die Öffentlichkeit will. Daher ist es Aufgabe des Gemeinwesens, so etwas anzugehen“, findet Brodmann.
Der Betrieb eines Kinos im Hoftheater ist fraglich
In Brodmanns Augen jedoch wäre der Betrieb eines Kinos im Hoftheater nicht geeignet. „Wir sind vor Jahren an Kinobetreiber herangetreten und haben erfahren, es gibt konkrete Auflagen für den Betrieb, wie eine bestimmte Anzahl an Sälen oder Vorgaben, die Laufzeit der Filme betreffend.“Ob der Betrieb eines Programmkinos damit auch ausgeschlossen wäre, was bedeuten würde, dass das Hoftheater, wenn überhaupt, als reine Kleinkunstbühne wiederbelebt werden könnte, kann Brodmann nicht abschätzen.
Auch Fritz Kovacic (Gesellschaft für Kunst und Kultur) ist geteilter Meinung, was die Wiederbelebung der Einrichtung angeht: „Wir haben in Sigmaringen eigentlich schöne Veranstaltungsräume: Stadthalle, Hofgarten, Alte Schule, im Landeshaus ist übrigens auch ein schöner Saal, derzeit ein Lagerraum, und die kirchlichen Einrichtungen“, so Kovacic. Ein Kino sei für eine Kreisstadt natürlich ein Muss. „Das Hoftheater hat Charme, ist in der jetzigen Form aber nicht besonders gut geeignet, vor allem nicht für ältere Menschen. Steile Treppe, kein Aufzug. Sanitäranlagen. Mit einem Raum kann man heute kein Kino betreiben“, findet der Kulturschaffende.
Nächste Schritte sind ab Februar zu erwarten. Die Kulturkonzeption soll mit dem neuen Fachbereichsleiter Tourismus und Stadtmarketing, Frank Jost, und der beauftragen Agentur fortentwickelt werden. Dazu wurde laut Stadt bereits ein erstes Gespräch der Beteiligten für Mitte Februar vereinbart. Hier sollen ergebnisoffen mögliche Varianten diskutiert werden.