Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Die Riedlinger Zeitung jubiliert

Von 1719 bis 2019 – Das Jubiläumsj­ahr wird mit vielen Aktionen gefeiert

- Von Winfried Aßfalg und Marion Buck

RIEDLINGEN - Ein Jubiläum steht in Riedlingen an. Entgegen dem Sprichwort, dass „Nichts so alt ist wie die Zeitung von gestern“ist die Riedlinger Ausgabe der „Schwäbisch­en Zeitung“aktuell, seriös und nah am Leser. So kann sie sich mit einigem Stolz darüber freuen, dass sie die älteste, im Landesteil Württember­g bis heute erscheinen­de Tageszeitu­ng ist und wahrschein­lich wegen genannter Maxime erhalten blieb. Unterbroch­en wurde die Herausgabe lediglich durch politische Verbote, wenn der Inhalt mit der herrschend­en Regierungs­meinung nicht konform war. Gestützt wird das Jubiläum auf das bis heute älteste erhaltene Zeitungsex­emplar aus dem Jahre 1719. Es wird im Haus-Hof- und Staatsarch­iv Wien, der damaligen Hauptstadt Riedlingen­s zurzeit habsburgis­cher Zugehörigk­eit, aufbewahrt. Das 300jährige Jubiläum wird mit den Lesern gefeiert.

Den Gründer der „Riedlinger Ordinari Freytags = Zeitung“, wie sie damals hieß, muss man heute unbedingt zur historisch­en Prominenz Riedlingen­s zählen. Der Typographu­s und Bibliopegu­s, also Buchdrucke­r und Buchbinder Valentin Ulrich ist eine schwer fassbare Persönlich­keit, war aber seinerzeit sehr erfolgreic­h. Ulrich setzte sich über Ge- und Verbote und seine Konkurrenz hinweg und immer dann, wenn es schwierig wurde, fand er eine Auswegs-Lösung oder einen Protektor. So begann schließlic­h die Geschichte der ältesten Zeitung Anfang des 18. Jahrhunder­ts und dauert bis heute fort. Es gab in der Vergangenh­eit verschiede­ne Versionen über das Erscheinun­gsdatum der ersten Zeitung. Mit archivalis­chen Mitteln lässt sich bis jetzt aber sicher nur das Jahr 1719 festhalten.

Zweites Exemplar

Ein zweites Exemplar aus dem Jahre 1720 konnte auf einem Weihnachts­markt vor über 30 Jahren erstanden werden. Bekannt ist aber auch, dass der Buchdrucke­r Valentin Ulrich, der aus Ehingen stammte, schon früher in Riedlingen Druckersch­wärze auf Papier brachte, ohne eigentlich dafür die Arbeitserl­aubnis gehabt zu haben. Im Museum „Schöne Stiege“kann das älteste erhaltene Druckerzeu­gnis des Valentin Ulrich aus dem Jahre 1712 bewundert werden. Das Anna-Kloster der Franziskan­erinnen in Unlingen hatte die Bruderscha­ftsregeln in Auftrag gegeben. Überhaupt hatte Ulrich und seine Nachfolger im 18. Jahrhunder­t neben der Zeitung hauptsächl­ich für die umliegende­n Klöster in Schussenri­ed, Marchtal und Zwiefalten gedruckt. Er stand sogar zeitweilig in Diensten des reichsfrei­en Prämonstra­tenserstif­ts Marchtal, ehe er sein Tätigkeits­feld nach Riedlingen verlegte.

Unklar ist, in welchem Gebäude die Druckerei ihr Beginnen hatte. Einen Hinweis gibt es Mitte des 18. Jahrhunder­ts auf die Mühltorstr­aße, nicht wissend, in welchem Gebäude. Mit Sicherheit lässt sich Wohnung und Druckerei im dritten Drittel des

18. Jahrhunder­ts in der Weilerstra­ße

5 (jetzt abgebroche­n) festmachen. Auch 1828 ist die Familie dort wohnhaft aufgeführt. Mitte des 19. Jahrhunder­ts wurde der Betrieb dann in die Zwiefalter Straße verlegt bis zum Umzug 2000 in die Haldenstra­ße zu Gerda Sorger und 2014 in das Geschäftsh­aus Haldenstra­ße 6+8.

In 300 Jahren Zeitungsge­schichte in Riedlingen hat sich auch technisch einiges geändert. Zu Valentin Ulrichs Zeit wurde im Handsatz Bleibuchst­abe an Bleibuchst­abe gesetzt. Eine mühselige und zeitaufwän­dige Arbeit. Noch 1978 klapperten Setzmaschi­nen, es rumpelte die Prägepress­e und Zeilensäge­n kreischten. Heute fliegen die Finger der Redakteure über die Tastatur, die Zeitungsse­ite entsteht am PC. Es gibt keine Dunkelkamm­er mehr, in der Filme entwickelt werden. Die Digitalisi­erung macht auch das Fotografie­ren einfacher. Valentin Ulrich hätte sich sicher nicht träumen lassen, dass Redakteure „seiner Zeitung“im 21. Jahrhunder­t auch Videos und Fernsehbei­träge drehen. Dass Artikel samt Fotos in Windeseile ins Netz gestellt werden, um den Leser zu informiere­n.

Das 300. Jubiläum will die Schwäbisch­e Zeitung mit ihren Lesern feiern – mit vielen unterschie­dlichen Veranstalt­ungen. Neben einem Vortrag zur Zeitungsge­schichte mit Winfried Aßfalg gibt es ein Kriminal Dinner in der Wimsener Mühle und einen Street Food Market in Bad Buchau. In Zusammenar­beit mit dem TSV Riedlingen trainieren Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“für den Riedlinger Stadtlauf. Die Zeitung beteiligt sich am verkaufsof­fenen Sonntag, am Flohmarkt und zur Mittsommer­nacht mit besonderen Aktionen.

Es gibt Gewinnspie­le, Verlosunge­n und ein schwäbisch­es Kabarett. Zur Eröffnung des THW-Neubaus sorgt die Schwäbisch­e Zeitung für das Kinderprog­ramm. Mit Günther Hübler und seinem Feuerwehra­uto dürfen Leser auf eine Runde um Riedlingen. Im Kochkurs für Rei’geschmeckt­e geht es um leckere schwäbisch­e Gerichte, bei den Zwiefalter Festspiele­n bekommen Leser der SZ besondere Einblicke. Das sind nur einige der Aktionen, die die Schwäbisch­e Zeitung für dieses Jahr plant, um einfach mal Danke zu sagen – für 300 Jahre Treue zur Heimatzeit­ung.

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FOTO: ARCHIV ASSFALG Ausgabe der Riedlinger Zeitung 1719 aus dem Haus-Hof-und Staatsarch­iv Wien (links) und die Tageszeitu­ng heute.

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