Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Alter schützt vor Lernlust nicht
Neuer Zuspieler Rafael Redwitz soll das VfB-Spiel stabilisieren – Häfler Volleyballer sind noch nicht bei 100 Prozent
FRIEDRICHSHAFEN - Im Mannschaftssport zählen nur Titel, keine Serien. Da bildet der Volleyball keine Ausnahme. Und Vital Heynen, der Cheftrainer des VfB Friedrichshafen, ohnehin nicht; wer im Sommer Weltmeister mit der polnischen Nationalmannschaft geworden ist, der will sich in seinem dritten Jahr am Bodensee nicht mit der dritten Vizemeisterschaft in der Bundesliga zufriedengeben.
In der laufenden Saison hat seine Mannschaft nach seiner Einschätzung in keinem Spiel überzeugt. „Wir sind vielleicht bei 80 Prozent, oft darunter“, sagt er. Wenn etwas nicht funktioniert, muss man was ändern. Kurz vor Weihnachten verpflichtete der VfB Friedrichshafen also Rafael Redwitz als neuen Zuspieler. „Er ist zwar schon 38 Jahre alt, aber hat kein graues Haar und ist physisch sehr stark, man merkt ihm das Alter nicht an“, sagt Heynen. Die Mannschaft war nicht überrascht über die Verpflichtung des erfahrenen Ballverteilers mit französischem Pass. „Wenn etwas nicht funktioniert, dann braucht man Lösungen und die Mannschaft hat das genauso so gesehen. Die Spieler sind mit ihrer Leistung nicht zufrieden. Sie wollen mehr“, meint Heynen.
Zwei Spitzenspiele in der Volleyball-Bundesliga
Heynen und sein Team bereiten sich ab Donnerstag auf die wichtigen Spiele im Januar vor. Im ersten Monat des Jahres hat der VfB Friedrichshafen zwei Spitzenspiele in der Bundesliga. Am 12. Januar kommt der Dritte Lüneburg in die ZF-Arena, elf Tages später müssen die Häfler zum Meister Berlin. In der Champions League stehen zwei wichtige Heimspiele an. Zu Gast sind St. Petersburg (16. Januar) und der französische Vizemeister Chaumont (30. Januar). Heynen überrascht mit der Aussage, dass nur die Partie gegen Chaumont wichtig sei. „Das müssen wir gewinnen, um die Chancen auf die Playoffs zu wahren“, betont er. Das Hinspiel in Frankreich verlor der VfB 0:3 – für Heynen eine der schlimmsten Niederlagen in seiner Zeit in Friedrichshafen. „Was zählt sind Titel“, so Heynen. Der nächste wird am 24. Februar beim Pokalfinale in Mannheim verteilt; der VfB trifft auf Lüneburg. Heynen weiter: „Den Pokal wollen wir gewinnen. Und am Ende wollen wir auch Meister werden. Das sind unsere Ziele.“
Damit der VfB Friedrichshafen in dieser Saison endlich wieder Deutscher Meister wird, benötigt die Mannschaft einen Zuspieler, der sie erfolgreich führt. So, wie bis zum Sommer Simon Tischer, der mit seinem Karriereende eine große Lücke hinterlassen hat. Jakub Janouch, der zu Saisonbeginn kam, konnte diese nur selten schließen. Oftmals wirkte er von Beginn an nervös und sorgte für viel Unruhe bei den Angreifern. Auffallend war, dass der VfB im Angriff zu viele Versuche benötigte, um zu punkten. Viele Bälle, die von den Häflern im Spiel gehalten wurden, endeten zugunsten der Gegner. Der zweite Zuspieler Martin Krüger konnte Janouch mangels Erfahrung auch keinen Druck machen. Vielleicht hatte die glatte 0:3-Niederlage am zweiten Spieltag der Champions League eine Woche vor Weihnachten in Chaumont doch ihr Gutes. Die Franzosen hatten in Michael Saeta einen Zuspieler, der die Mannschaft führte und selbst acht Punkte zum Sieg beisteuerte. Der Amerikaner ist erst 24 Jahre alt, spielte aber wie ein erfahrener Hase. Der neue VfB-Zuspieler Rafael Redwitz ist 14 Jahre älter und soll mit seiner Erfahrung mehr Stabilität ins VfB-Spiel bringen.
VfB-Trainer schätzt die Qualitäten des neuen Ballverteilers
Redwitz hat bereits in allen wichtigen europäischen Ligen gespielt. Die meiste Zeit seiner Profikarriere verbrachte er in Frankreich bei Arago de Sète, Paris Volley, Tours VB und Montpellier. 2012 spielte er mit Tours in der Champions League gegen den VfB Friedrichshafen. Die weiteren Stationen waren Italien, Russland und Polen. „Er weiß, was er tut, nimmt Dinge auch an und im Vergleich zu anderen setzt er sie schnell um. Das ist eine enorme Qualität“, meint Heynen.
Dass Rafael Redwitz, der nach brasilianischer Tradition vor allem mit seinem Vornamen angesprochen wird, überhaupt beim VfB landen konnte, haben die Häfler der strengen Auslänerregel in der polnischen Liga zu verdanken. Sein bisheriger Club Rzeszów verpflichtete einen weiteren Ausländer, Rafael war überzählig. „Wir wollen endlich an die 100 Prozent herankommen und mit Rafael können wir es schaffen, weil er die Mannschaft mitnimmt“, betont VfB-Trainer Vital Heynen.