Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Dortmund macht Kasse
BVB bekommt 64 Millionen von Chelsea für Pulisic und darf Talent weiter einsetzen
DORTMUND (dpa/SID) - Es ist ein Geschäft, bei dem man sich erst einmal zwicken muss. Borussia Dortmund verkauft für 64 Millionen Euro, auch in diesen Zeiten des total überdrehenden internationalen Transfermarkts eine überaus üppige Summe, Christian Pulisic zum FC Chelsea – kann den 20-Jährigen aber noch ein weiteres halbes Jahr einsetzen; Chelsea hat das Talent gleich bis zum Ende der Saison zum BVB zurückverliehen – zum Nulltarif.
Der in den USA geborene und beim BVB ausgebildete Pulisic, in dieser Saison unter Trainer Lucien Favre mehr Teilzeitkraft als Stammspieler, ist damit nach Ousmane Dembélé (FC Barcelona/105 Millionen Euro), dem früheren Wolfsburger Kevin De Bruyne (Manchester
City/75 Millionen Euro) und dem einstigen Leipziger Naby Keita (FC
Liverpool/70 Millionen Euro) der viertteuerste Profi, der aus der Bundesliga ins Ausland wechselt. „Das ist ein sehr, sehr talentierter Spieler. Es ist eine gute Verpflichtung für Chelsea, ein guter Deal für beide Seiten“, kommentierte der einstige BVB- und heutige FC Liverpool-Coach Jürgen Klopp den Transfer.
Nach vielen vergeblichen Versuchen, Pulisic zu einer Verlängerung seiner bis 2020 datierten Zusammenarbeit zu bewegen, stimmte die BVBFührung dem ungewöhnlichen Deal zu. „Es war immer Christians großer Traum, in der Premier League zu spielen. Das hat sicher auch mit seiner amerikanischen Herkunft zu tun, und infolgedessen war es uns nicht möglich, seinen Vertrag zu verlängern, sagte BVB-Sportdirektor Michael Zorc. „Vor diesem Hintergrund haben wir uns dafür entschieden, ein – angesichts der geringen Vertragsrestlaufzeit – außerordentlich lukratives Angebot des FC Chelsea nun anzunehmen.“
Der Bitte der Briten nach einem Wechsel bereits in der Winterpause kam der Bundesliga-Tabellenführer jedoch nicht nach. Schließlich soll die Chance auf die Meisterschaft nicht verspielt werden. Deshalb hatte Zorc bereits vor Wochen Transfers ausgeschlossen, die mit einer Schwächung des Teams in dieser Saison einhergehen.
Pulisic: „Win-Win-Situation für alle Beteiligten“
Mögliche Zweifel an seiner Leidenschaft und Hingabe für den BVB versuchte Pulisic zu zerstreuen. Er werde weiterhin „110-prozentigen Einsatz“geben, erklärte er. Und weiter: „Wir werden alles daran setzen, einen Top-Saisonabschluss zu haben.“Die Umstände seines Transfers bezeichnete der US-Nationalspieler, der als 16-Jähriger zum BVB kam, als „Win-Win-Situation für alle Beteiligten“. Er habe „viele, viele unvergessliche Momente“beim BVB erlebt und es sei „noch immer eine Ehre, das schwarz-gelbe Trikot“zu tragen, schrieb Pulisic in einem offenen Brief.
Den Dortmundern – die am Freitag ins Trainingslager nach Marbella fliegen – bietet der Transfer auch neue Möglichkeiten. „Du musst heute immer weiter justieren, und das werden wir auch tun“, erklärte Zorc. Im vergangenen Sommer gelang ihm dies ausgezeichnet: Trainer Lucien Favre, Mittelfeldregisseur Axel Witsel und Superjoker Paco Alcácer schlugen voll ein, attraktiver Offensivfußball und der erste Herbstmeistertitel seit 2011 waren die Belohnung. Das Selbstvertrauen stimmt jedenfalls beim BVB – und das Finanzielle auch.