Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Bei Apple ist der Wurm drin
US-Technologiekonzern fällt wegen überzogener Preise zurück
FRANKFURT - Jahrelang kletterte der Apple-Konzern von einem Rekord zum nächsten: Die Umsätze stiegen, die Gewinne sprudelten. Nun hat auch Apple seine hochgesetzte Latte gerissen und seine Ziele verfehlt: Statt der erwarteten 89 bis 93 Milliarden Dollar Umsatz hat der Technologiegigant nur 84 Milliarden eingenommen. Zwar gab es im Vorfeld bereits Hinweise, dass es nicht mehr ganz rund läuft für den Konzern; das Ausmaß des Gegenwindes aber hat Investoren offensichtlich verschreckt: Sie warfen die Papiere des Smartphone-Herstellers in hohem Bogen aus ihren Depots.
Und weil Konzernchef Tim Cook den Gegenwind vor allem in China verortet, hat das fehlgeschlagene Weihnachtsquartal von Apple auch gleich die internationalen Börsen insgesamt belastet. Denn China ist für viele Unternehmen und Wirtschaftsräume mittlerweile zu einem der wichtigsten Handelspartner aufgestiegen. Auch Apple fährt rund ein Fünftel seines Umsatzes in der Volksrepublik ein. „Wir haben die Stärke der wirtschaftlichen Abwärtsbewegung unterschätzt, vor allem in China“, schrieb der Apple Chef in einem Brief an seine Investoren. Schon vorher hatte Tim Cook darauf aufmerksam gemacht, dass die Umsätze in Schwellenländern wie Brasilien, Indien oder Russland nicht mehr so stark stiegen wie vorher. China allerdings hatte er dabei weniger im Blick.
Eine Ursache für das Abflauen des chinesischen Wirtschaftswachtums ist natürlich der Handelskonflikt mit den USA, in dessen Verlauf sich beide Länder gegenseitig mit Strafzöllen überzogen hatten. Allerdings kann das keine Ausrede für Apple sein, da Iphones von den Strafzöllen nicht betroffen waren. Das Problem dürfte eher darin liegen, dass die Smartphones aus Kalifornien sehr teuer sind – sie kosten zum Teil mehr als 1000 Dollar. Gerade in Zeiten einer sich abschwächenden Wirtschaft werden einige chinesische Verbraucher zweimal überlegen, ob sie sich einen solchen Luxus leisten können oder wollen.
Zudem ist seit längerem absehbar, dass der weltweite Absatz von Smartphones nicht unaufhörlich Rekorde erreichen kann. Anders formuliert: In einer Welt, in der immer mehr – und mittlerweile die meisten – Menschen ein Smartphone besitzen, fallen die Wachstumsraten mit der Zeit kleiner aus.
Schließlich schläft die Konkurrenz natürlich nicht: Samsung aus Südkorea und Huawei aus China sind mit ähnlicher Technik und teils viel preiswerteren Geräten als potente Konkurrenten am Markt. Das wiederum wirft ein Schlaglicht auf ein anderes Problem, das Apple zunehmend treffen könnte: Die Konzentration auf seinen bisherigen Verkaufsschlager, das Iphone. Das smarte Telefon steht noch immer für mehr als die Hälfte der Konzernumsätze. Das ist bisher eine sichere Bank – nur eben keine, auf die man sich auf Dauer verlassen sollte.
Zwar hat beispielsweise die Apple-Watch in den vergangenen Jahren bereits viele Abnehmer gefunden. Allerdings hat die bei weitem keinen dem Iphone vergleichbaren Effekt auf Umsatz und Gewinne. „Das zeigt natürlich schon, dass man sich breiter aufstellen müsste“, sagt Daniel Kröger vom Vermögensverwalter Acatis. „Aber es wird natürlich schwer, eine solche Innovation zu bringen“. Apple-Jünger warten seit dem Ableben des Konzerngründers Steve Jobs vor gut sieben Jahren auf das „next big Thing“– das nächste große Ding, wie seinerzeit Ipod und Iphone. Bislang ist ein solch dickes Ding aber nicht in Sicht. Tim Cook hat sich zu diesen Themen erwartungsgemäß bedeckt gehalten. Er sieht als großes Thema vielmehr „die Verlangsamung der chinesischen Wirtschaft und die Handelsspannungen, die das verstärken“. Das ist, wie gesagt, die halbe Wahrheit. Analyst James Cordwell von Atlantic Equities hat mit Blick auf die Erklärungen des AppleChefs aber noch einen anderen Verdacht. „Er nutzt die Handelsturbulenzen vielleicht auch nur als Ausrede für manche Fehler, die Apple im vergangenen Jahr selbst gemacht hat“.