Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Gemeinderat befasst sich mit dem Wald
Zielvereinbarung besagt, dass den verschiedenen Funktionen die gleiche Wertigkeit eingeräumt wird
STETTEN AM KALTEN MARKT (sr) Der Gemeinderat hat die Ziele für die Zukunft des rund 900 Hektar umfassenden Stettener Forsts festgelegt, der für die Gemeinde einen wichtigen Vermögenswert darstellt. Die beschlossene Zielvereinbarung besagt, dass den verschiedenen Funktionen des Gemeindewaldes die gleiche Wertigkeit eingeräumt wird. Die Nutzfunktion stehe auf Augenhöhe mit der Schutz- und Erholungsfunktion für Natur und Mensch.
Die Erneuerung der Forsteinrichtung hat einen wissenswerten Hintergrund, der in der Sitzung erläutert worden ist. Im Laufe des 18. Jahrhunderts erkannten die Menschen in Europa, dass die Wälder Gefahr liefen, übernutzt und ausgeplündert zu werden.
Deshalb konnte eine ungeregelte, beliebige Waldnutzung nicht mehr länger hingenommen werden. Zur Sicherung des Bestands wurde daher in Baden-Württemberg ein geordnetes Verfahren zur Nutzung im gesamten öffentlichen Wald eingeführt. Daraus entstand eine forstliche Betriebsplanung, die sogenannte „Forsteinrichtung“. Das aktuelle Planwerk, dass die Aktivitäten im Bereich der Waldbewirtschaftung für zehn Jahre anhand von Zielvorgaben und Zahlen genau beschreibt, umfasst den Zeitraum von 2011 bis 2020, „so dass bereits jetzt die Weichen für die Erstellung der Forsteinrichtung 2021 bis 2030 zu stellen sind“, informierte Bürgermeister Maik Lehn. Als Datengrundlage diene dabei die Betriebsinventur, die im kommenden Jahr erstellt werden soll.
Einsatz von Insektiziden
Im Jahr 2020 sollen gemeinsam mit den Forsteinrichtern Waldbegänge stattfinden. Dabei werden die waldbaulichen Maßnahmen für die Jahre 2021 bis 2030 besprochen, diskutiert und bereits grob geplant. Die vorgesehenen Maßnahmen orientieren sich dabei an den Zielsetzungen für den gemeindlichen Wald.
In dieser Zielsetzung, die der Gemeinderat nun beschlossen hat, sind die konkreten waldbaulichen Ziele wie zum Beispiel die Bestandsstabilität, Baumartenwahl oder auch der Einsatz von Insektiziden beschrieben. Dabei gehen langfristige Betriebssicherheit und klimastabile Bestände vor kurzfristigem Profit, so der Bürgermeister. Allerdings ist die Bewirtschaftung der Steillagen, von denen der Gemeindewald einige aufweist, mit ihrer meist unterdurchschnittlichen Holzqualität und nur mäßigen Zuwächsen sehr aufwendig.
Dabei werden zwar Überschüsse angestrebt, diese würden aber im Gesamthaushalt der Gemeinde eine eher untergeordnete Rolle spielen. Trotzdem wird eine dem aktuellen Markt flexibel angepasste Bewirtschaftung – sowohl in der Einschlagshöhe wie auch in der Verteilung nach Holzarten und Holzsorten erwartet.
Außerdem komme der nachhaltigen Holzproduktion und der Bestandsstabilität gegenüber Sturm und Klimaveränderung mit all seinen Folgen eine hohe Bedeutung zu. Waldbauliche Ziele seien daher unter anderem Bestandsstabilität durch artenreiche Waldbestände und Einbringung klimastabiler Baumarten, wobei ein Anteil Nadelholz aus wirtschaftlichen Gründen beibehalten werden soll. Der Insektizideinsatz soll trotz höherer Kosten zugunsten organischer und mechanischer Verfahren beschränkt werden. Die Schutzfunktion des Waldes wie beispielsweise der Boden-, Erosionsund Grundwasserschutz sowie die CO2- Bilanz soll verbessert werden, ebenso sollen die Belange des Naturund Artenschutzes gegenüber wirtschaftlichen Überlegungen abgewogen werden.
Natürlich soll der Wald auch der Erholung des Menschen dienen. Um Konflikte einzelner Nutzergruppen untereinander und auch mit denen des Natur- und Artenschutzes zu minimieren, müssen die Bedürfnisse untereinander abgewogen und abgestimmt werden. Im Zuge der Forsteinrichtungserneuerung sollen auch diese Punkte mit einfließen. Auch das aktuelle Wegenetz wird unter diesen Aspekten unter die Lupe genommen. Zudem sei die Nutzung des Gemeindewaldes für waldpädagogische Veranstaltungen und Umweltbildung ausdrücklich gewünscht, so das Gemeindeoberhaupt. Das Zusammenspiel von Schule/Kindergarten/Bildungswerk mit dem Förster soll wie bisher weitergeführt werden.