Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Letzte Chance für einen Schläger

Ein Drogenabhä­ngiger schlägt Freundin nieder und erhält Bewährung.

- Von Michael Hescheler

SIGMARINGE­N - Ein mehrfach vorbestraf­ter Mann hat seiner Freundin nach einem Streit mit der Faust ins Gesicht geschlagen und sie gewürgt. Vor Gericht zeigte sich der 28-jährige Mann geständig. Die Frau ging bewusstlos zu Boden und wurde stationär im Krankenhau­s behandelt. Amtsrichte­rin Elisabetta Carbotta musste nun entscheide­n, ob der drogenabhä­ngige Mann mit einer Bewährungs­strafe davonkommt oder im Gefängnis landet. Sie setzte die Freiheitss­trafe zur Bewährung aus. „Sie brauchen nicht noch einmal mit so einer Chance zu rechnen“, sagte die Richterin an den Angeklagte­n gewandt.

Im Mai vergangene­n Jahres trifft der Angeklagte bei der Jet-Tankstelle auf seine frühere Partnerin und die Mutter seiner Tochter. Sie wirft ihm vor, dass er sich finanziell nicht um die gemeinsame Tochter kümmert. Daraufhin kommt es zum Streit, der Angeklagte beschimpft die Frau und schüttet eine Flasche Bier über ihr aus. Vor Gericht zeigt sich der Mann geständig. „Ich habe sie am Hals gepackt, sie gegen ein Haus gedrückt und ihr gesagt, dass sie gehen soll.“Als sie nicht gegangen sei, habe er zugeschlag­en. „Sie haben die Frau ganz schön ordentlich zugerichte­t“, sagt die Richterin, als im Gerichtssa­al Fotos von den Verletzung­en gezeigt werden. Auf ihnen ist die Schwellung des rechten Auges zu sehen. Laut einem Brief des SRH-Krankenhau­ses wurde eine Gehirnersc­hütterung festgestel­lt, weshalb die 30 Jahre alte Frau zwei Tage lang in der Klinik bleiben musste.

Das Paar ist mittlerwei­le verlobt

Die Geschädigt­e macht zur Sache keine Angaben. Da sie zwischenze­itlich mit dem Angeklagte­n verlobt ist, hat sie das Recht, die Aussage zu verweigern. „Ich will nur sagen, dass bei uns wieder alles perfekt ist.“Eine Zeugin, die mit dem Auto vorbeigeko­mmen ist, bestätigt den Vorfall weitgehend. „Ich habe gesehen, wie der Mann der Frau mit der Faust ins Gesicht geschlagen hat.“Sie drehte um, hielt an und leistete erste Hilfe. Laut Anklagesch­rift seien dem Angeklagte­n die Verletzung­en „egal“gewesen, zu den Zeugen habe er geschrien: „Nehmt sie doch mit.“

Aktuell bekommt er Ersatzdrog­en

Der Mann spritzte sich mehr als zehn Jahre lang Heroin oder nahm Kokain. Aktuell bekommt er unter ärztlicher Aufsicht Ersatzdrog­en verabreich­t. Wegen einer Hepatitis-Erkrankung geht der Mann aktuell keiner Arbeit nach. Laut einer Bescheinig­ung geht er regelmäßig zur Drogenbera­tung und bemüht sich um eine Arbeitsste­lle. Die Richterin will den Mann auf diesem Weg unterstütz­en und sieht deshalb von einer Gefängniss­trafe ab. Die Staatsanwa­ltschaft hatte diese gefordert und eine Bewährung abgelehnt.

Verteidige­r Uwe Böhm plädiert für eine Bewährungs­strafe. „In der Vergangenh­eit hat sich eindeutig gezeigt, dass eine Gefängniss­trafe nichts bringt.“Unter anderem wegen räuberisch­er Erpressung und Drogenhand­els saß der Mann im Gefängnis. Insgesamt nennt die Richterin elf Vorstrafen. Darunter einschlägi­ge Körperverl­etzungen und Gewaltdeli­kte gegen einen Schwarzen und andere Delikte, die eine rechte Gesinnung des Mannes deutlich machen. In einem Sigmaringe­r Supermarkt hatte der Mann mit einer Hakenkreuz-Tätowierun­g für Aufsehen erregt.

Aus diesem Grund und anderer Straftaten war er vom Amtsgerich­t Sigmaringe­n erst vor wenigen Monaten verurteilt worden. Diese Strafe zusammenge­rechnet, muss der Mann nun eine elfmonatig­e Freiheitss­trafe verbüßen. Die Bewährungs­zeit beträgt vier Jahre. „Ich hoffe, dass Ihre Familie Ihnen Halt gibt. Die Substituti­on ist außerdem besser geeignet, Sie von Straftaten abzuhalten, als sie ins Gefängnis zu schicken“, sagt die Richterin. Der Angeklagte bekommt von ihr eine „letzte Chance“.

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FOTO: EPD
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FOTO: EPD Der Mann schlägt seine Partnerin krankenhau­sreif.

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