Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
In Bayern bislang nur eine Anfrage aus Afrika
Auch das Museum Fünf Kontinente in München sieht sich bislang keiner Flut an Restitutionsforderungen gegenüber. Allerdings sind die Sammlungen des bayerischen Hauses noch nicht online recherchierbar. Der Schiffsschnabel aus Kamerun sei derzeit das einzige Objekt, das angefordert würde, erklärt Direktorin Uta Werlich auf Nachfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Die Sinologin hat vor ihrem Wechsel 2018 nach München zwölf Jahre lang die Ostasienabteilung am Stuttgarter Linden-Museum geleitet.
Der bunte, mit europäischen Ölfarben bemalte Schiffsschnabel aus der Duala-Region kam während der Kolonialzeit
1884 in die „Königliche Ethnographische Sammlung“nach München. Durch Ausstellungspublikationen war Prinz Alexandre Kum’a Ndumbe III. Mitte der
1990er-Jahre auf das Objekt aufmerksam geworden. „Vonseiten des Hauses wurde die Bitte formuliert, der Prinz möge belegen, dass er berechtigt sei, den Schiffsschnabel entgegenzunehmen“, sagt Werlich. „Seither ist Funkstille.“
Bei vielen Rückgabewünschen träten mehrere Parteien auf, beobachtet Hilke Thode-Arora, die am Museum Fünf Kontinente für die Provenienzforschung zuständig ist. „Für die Museen ist es schwierig herauszufinden, mit wem man spricht und an wen man die Objekte zurückgeben sollte“, so Thode-Arora. Als Kuratorin hat sie in ihrem Forschungsbereich Ozeanien immer wieder die Erfahrung gemacht, dass eine Wiedergutmachung kolonialen Unrechts oft mit anderen Wünschen verbunden seien: etwa einer Unterstützung beim Bau von klimasicheren Museen, gemeinsamer Forschung, einer Partnerschaft beim Erhalt des Kulturguts oder auch dem Aufbau von Wirtschaftsbeziehungen.
Dass die Politik nun deutlich wird und sich auf Bundesebene Monika Grütters und Michelle Müntefering eingemischt haben, begrüßt Direktorin Werlich. Die Museen seien in ihrer Entscheidung zu restituieren nicht frei. „Wir können in Gespräche eintreten, die wissenschaftliche Vorarbeit leisten, Handlungsempfehlungen aussprechen und den Weg ebnen“, sagt Werlich. Aber die endgültige Entscheidung müsse auch in Bayern das Staatsministerium für Kunst und Wissenschaft treffen. (sigg)