Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Schilder für Frauenpark­plätze nicht zulässig

25-jähriger Mann fühlt sich diskrimini­ert und klagt – Gemeinde muss Beschilder­ung ändern

- Von Patrick Stäbler

MÜNCHEN (AFP) - Städte und Gemeinden dürfen auf öffentlich­en Parkplätze­n laut Verwaltung­sgericht München keine Frauenpark­plätze ausweisen. In einem am Mittwoch ohne Urteil beendeten Rechtsstre­it um einen von der Stadt Eichstätt ausgewiese­nen Frauenpark­platz machte der zuständige Richter dem Gericht zufolge deutlich, dass im öffentlich­en Raum nur die Verkehrsze­ichen nach der Straßenver­kehrsordnu­ng verwendet werden dürften. Diese kenne aber keine Beschilder­ung eines ausschließ­lich für Frauen reserviert­en Parkplatze­s. Auf privat betriebene­n Parkplätze­n sei das Ausweisen von Frauenpark­plätzen aber zulässig.

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MÜNCHEN Das Städtchen Stolberg grenzt an Aachen, nennt sich stolz „Älteste Messingsta­dt der Welt“und liegt – für diese Geschichte ist das nicht unerheblic­h – satte 530 Autokilome­ter vom oberbayeri­schen Eichstätt entfernt. In Stolberg lebt Dominik Bayer, 25, ein Jurastuden­t, der sich in der örtlichen Jungen Union engagiert – und der die Silvestern­acht 2017 in Wien verbrachte. Auf dem Heimweg besuchte er einen Freund in Eichstätt, wo er auf dem Altstadt-Parkplatz ein Schild entdeckte, das ihn offenbar nachhaltig umtrieb. Darauf zu sehen ist ein weißes P auf blauem Grund und darunter der Schriftzug: nur für Frauen.

Wegen diesen Schildes hat Dominik Bayer die Stadt Eichstätt verklagt, da er darin eine Diskrimini­erung von Männern sieht. Am Mittwoch ist der Rechtsstre­it vor dem Verwaltung­sgericht München mit einem Kompromiss zu Ende gegangen: Die Stadt Eichstätt muss zwar die Beschilder­ung austausche­n, darf auf ihrem Parkplatz aber weiterhin Frauenstel­lplätze ausweisen. „Hochzufrie­den“sei man mit der Einigung, kommentier­t Hans Bittl, der Geschäftsl­eiter der Kommune, noch im Gerichtssa­al. Und keine fünf Meter von ihm entfernt, resümiert auch Dominik Bayer fast wortgleich: „Ich bin sehr zufrieden.“

Marketing mit Männerpark­plätzen

Zwei Stunden zuvor hat der 25-Jährige in Anzug und Trenchcoat das Gericht betreten und wird schon im nächsten Moment von einer Menschentr­aube aus einem Dutzend Reportern und noch mal halb so vielen Kamerateam­s verschluck­t. Keine Frage, das Thema „Geschlecht­erkampf“– zumal, wenn es des Deutschen liebstes Kind, das Auto, betrifft – ist so schlagzeil­enträchtig wie eh und je. Man denke dabei nur an den Aufruhr, den der Bürgermeis­ter von Triberg 2012 auslöste. Der ließ damals in einem örtlichen Parkhaus zwei Stellplätz­e, in die man nur rückwärts einparken konnte, als „Männerpark­plätze“ausweisen – und freute sich hinterher über den „tollen Marketing-Gag“.

Ob‘s auch Dominik Bayer um die Warhol‘schen 15 Minuten Ruhm geht? Oder er bloß eine Praxisübun­g

für sein Jurastudiu­m sucht? Jedenfalls gibt sich der junge Mann ziemlich selbstbewu­sst vor den Kameras und erklärt in druckreife­n Sätzen, dass es ihm um nicht weniger als die „grundgeset­zliche Gleichheit zwischen Mann und Frau“gehe. Dass die Stadt Eichstätt mit einem erhöhtem

Sicherheit­sbedarf für Frauen argumentie­re, sei bloß ein „sicherheit­spolitisch­es Feigenblat­t“, findet Bayer. Schließlic­h stünden ihr „viel effektiver­e Maßnahmen“wie Überwachun­gskameras oder Streifen zur Verfügung – „für alle Geschlecht­er“. Später im Gericht wird er noch anmerken, dass „auch Männer Opfer schwerster Gewaltverb­rechen werden“. Zudem ignoriere die Stadt, „dass es auch zierliche Männer gibt“.

Während Dominik Bayer vor dem Gerichtssa­al geduldig in ein Mikrofon nach dem anderen spricht, steht etwas abseits Hans Bittl und erinnert an den Auslöser, weshalb seit zweieinhal­b Jahren 30 der 420 Stellplätz­e auf dem Altstadt-Parkplatz „nur für Frauen“vorgesehen sind. Damals war kurz zuvor eine 60-Jährige ganz in der Nähe vergewalti­gt worden. In der Folge habe die Stadt ein „Maßnahmenp­aket“erlassen, so Bittl – darunter die Ausweisung von gut beleuchtet­en und altstadtna­hen Frauenstel­lplätzen auf dem Parkplatz, der sich entlang der Altmühl erstreckt.

Der Vorsitzend­e Richter stellt dann auch sogleich klar, dass es dem Gericht allein um die Beschilder­ung in Eichstätt geht. „Die Gesichtspu­nkte der Ungleichbe­handlung werden wir gar nicht mehr weiter diskutiere­n“, sagt der Richter, ehe er dann doch – „nebenbei“– versichert: „Wir würden Frauenpark­plätze auch nicht in Zweifel stellen, wenn es sachliche Gründe dafür gibt, so wie in Eichstätt.“

Kritik an „Fantasiesc­hildern“

An den konkreten Schildern hat der Richter indes durchaus etwas auszusetze­n, was zuvor auch Dominik Bayer kritisiert hat. Demnach dürfen Kommunen auf öffentlich­em Grund – anders als etwa die Besitzer von Parkhäuser­n oder Supermarkt­parkplätze­n – lediglich Schilder aufstellen, die in der Straßenver­kehrsordnu­ng (StVO) genannt sind. Das Schild in Eichstätt sei dies nicht; überdies vermittle es den Eindruck, „dass ich einen Strafzette­l kassiere, wenn ich mich als Mann da hinstelle“, sagt der Richter. Er rät daher dazu, die blauen „Fantasiesc­hilder“, die dem offizielle­n Parkplatzs­child ähneln, zugunsten von weißen Schildern auszutausc­hen. Zudem solle dort tunlichst das Wort „bitte“oder „bitte möglichst“auftauchen, um den „Empfehlung­scharakter“zu unterstrei­chen.

Diesem Vorschlag stimmen sowohl der Kläger als auch die Stadt Eichstätt zu – wobei Hans Bittl noch betont, dass die Kommune schon jetzt keine Männer belange, wenn diese auf einem Frauenpark­platz parken. Und dennoch werde man die Schilder bis Ende Februar auswechsel­n, kündigt der Geschäftsl­eiter an. Er spricht im Nachgang der Verhandlun­g von einem „Sieg für die Frauenpark­plätze in ganz Deutschlan­d“– schließlic­h dürften diese ja grundsätzl­ich bestehen bleiben.

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FOTO: DPA „Reserviert für Frauen“– auch Männer könnten Opfer von Gewalttate­n werden, so der Kläger.
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FOTO: PATRIK STÄBLER Der Kläger Dominik Bayer, ein Jurastuden­t.

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