Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Schilder für Frauenparkplätze nicht zulässig
25-jähriger Mann fühlt sich diskriminiert und klagt – Gemeinde muss Beschilderung ändern
MÜNCHEN (AFP) - Städte und Gemeinden dürfen auf öffentlichen Parkplätzen laut Verwaltungsgericht München keine Frauenparkplätze ausweisen. In einem am Mittwoch ohne Urteil beendeten Rechtsstreit um einen von der Stadt Eichstätt ausgewiesenen Frauenparkplatz machte der zuständige Richter dem Gericht zufolge deutlich, dass im öffentlichen Raum nur die Verkehrszeichen nach der Straßenverkehrsordnung verwendet werden dürften. Diese kenne aber keine Beschilderung eines ausschließlich für Frauen reservierten Parkplatzes. Auf privat betriebenen Parkplätzen sei das Ausweisen von Frauenparkplätzen aber zulässig.
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MÜNCHEN Das Städtchen Stolberg grenzt an Aachen, nennt sich stolz „Älteste Messingstadt der Welt“und liegt – für diese Geschichte ist das nicht unerheblich – satte 530 Autokilometer vom oberbayerischen Eichstätt entfernt. In Stolberg lebt Dominik Bayer, 25, ein Jurastudent, der sich in der örtlichen Jungen Union engagiert – und der die Silvesternacht 2017 in Wien verbrachte. Auf dem Heimweg besuchte er einen Freund in Eichstätt, wo er auf dem Altstadt-Parkplatz ein Schild entdeckte, das ihn offenbar nachhaltig umtrieb. Darauf zu sehen ist ein weißes P auf blauem Grund und darunter der Schriftzug: nur für Frauen.
Wegen diesen Schildes hat Dominik Bayer die Stadt Eichstätt verklagt, da er darin eine Diskriminierung von Männern sieht. Am Mittwoch ist der Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht München mit einem Kompromiss zu Ende gegangen: Die Stadt Eichstätt muss zwar die Beschilderung austauschen, darf auf ihrem Parkplatz aber weiterhin Frauenstellplätze ausweisen. „Hochzufrieden“sei man mit der Einigung, kommentiert Hans Bittl, der Geschäftsleiter der Kommune, noch im Gerichtssaal. Und keine fünf Meter von ihm entfernt, resümiert auch Dominik Bayer fast wortgleich: „Ich bin sehr zufrieden.“
Marketing mit Männerparkplätzen
Zwei Stunden zuvor hat der 25-Jährige in Anzug und Trenchcoat das Gericht betreten und wird schon im nächsten Moment von einer Menschentraube aus einem Dutzend Reportern und noch mal halb so vielen Kamerateams verschluckt. Keine Frage, das Thema „Geschlechterkampf“– zumal, wenn es des Deutschen liebstes Kind, das Auto, betrifft – ist so schlagzeilenträchtig wie eh und je. Man denke dabei nur an den Aufruhr, den der Bürgermeister von Triberg 2012 auslöste. Der ließ damals in einem örtlichen Parkhaus zwei Stellplätze, in die man nur rückwärts einparken konnte, als „Männerparkplätze“ausweisen – und freute sich hinterher über den „tollen Marketing-Gag“.
Ob‘s auch Dominik Bayer um die Warhol‘schen 15 Minuten Ruhm geht? Oder er bloß eine Praxisübung
für sein Jurastudium sucht? Jedenfalls gibt sich der junge Mann ziemlich selbstbewusst vor den Kameras und erklärt in druckreifen Sätzen, dass es ihm um nicht weniger als die „grundgesetzliche Gleichheit zwischen Mann und Frau“gehe. Dass die Stadt Eichstätt mit einem erhöhtem
Sicherheitsbedarf für Frauen argumentiere, sei bloß ein „sicherheitspolitisches Feigenblatt“, findet Bayer. Schließlich stünden ihr „viel effektivere Maßnahmen“wie Überwachungskameras oder Streifen zur Verfügung – „für alle Geschlechter“. Später im Gericht wird er noch anmerken, dass „auch Männer Opfer schwerster Gewaltverbrechen werden“. Zudem ignoriere die Stadt, „dass es auch zierliche Männer gibt“.
Während Dominik Bayer vor dem Gerichtssaal geduldig in ein Mikrofon nach dem anderen spricht, steht etwas abseits Hans Bittl und erinnert an den Auslöser, weshalb seit zweieinhalb Jahren 30 der 420 Stellplätze auf dem Altstadt-Parkplatz „nur für Frauen“vorgesehen sind. Damals war kurz zuvor eine 60-Jährige ganz in der Nähe vergewaltigt worden. In der Folge habe die Stadt ein „Maßnahmenpaket“erlassen, so Bittl – darunter die Ausweisung von gut beleuchteten und altstadtnahen Frauenstellplätzen auf dem Parkplatz, der sich entlang der Altmühl erstreckt.
Der Vorsitzende Richter stellt dann auch sogleich klar, dass es dem Gericht allein um die Beschilderung in Eichstätt geht. „Die Gesichtspunkte der Ungleichbehandlung werden wir gar nicht mehr weiter diskutieren“, sagt der Richter, ehe er dann doch – „nebenbei“– versichert: „Wir würden Frauenparkplätze auch nicht in Zweifel stellen, wenn es sachliche Gründe dafür gibt, so wie in Eichstätt.“
Kritik an „Fantasieschildern“
An den konkreten Schildern hat der Richter indes durchaus etwas auszusetzen, was zuvor auch Dominik Bayer kritisiert hat. Demnach dürfen Kommunen auf öffentlichem Grund – anders als etwa die Besitzer von Parkhäusern oder Supermarktparkplätzen – lediglich Schilder aufstellen, die in der Straßenverkehrsordnung (StVO) genannt sind. Das Schild in Eichstätt sei dies nicht; überdies vermittle es den Eindruck, „dass ich einen Strafzettel kassiere, wenn ich mich als Mann da hinstelle“, sagt der Richter. Er rät daher dazu, die blauen „Fantasieschilder“, die dem offiziellen Parkplatzschild ähneln, zugunsten von weißen Schildern auszutauschen. Zudem solle dort tunlichst das Wort „bitte“oder „bitte möglichst“auftauchen, um den „Empfehlungscharakter“zu unterstreichen.
Diesem Vorschlag stimmen sowohl der Kläger als auch die Stadt Eichstätt zu – wobei Hans Bittl noch betont, dass die Kommune schon jetzt keine Männer belange, wenn diese auf einem Frauenparkplatz parken. Und dennoch werde man die Schilder bis Ende Februar auswechseln, kündigt der Geschäftsleiter an. Er spricht im Nachgang der Verhandlung von einem „Sieg für die Frauenparkplätze in ganz Deutschland“– schließlich dürften diese ja grundsätzlich bestehen bleiben.