Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Stellvertreterkampf
„Creed 2“– Boxerdrama mit Sylvester Stallone und Michael B. Jordan
Bei legendären Kämpfen der Boxgeschichte kommt gerne der Gedanke an eine Wiederholung auf. Kommt eine solche zustande, besteht die Gefahr, dass diese eher lau ausfällt. Zumal, wenn die Kämpfer schon im für ihre Sportart fortgeschrittenen Alter sind. Bei einem legendären Kampf der Boxfilmgeschichte hätte man mit einer solchen Neuauflage daher wohl kaum gerechnet: Dem Duell zwischen Ost und West, zwischen Ivan Drago (Dolph Lundgren) und Rocky Balboa (Sylvester Stallone). Gezeigt wurde der Kampf im 1985 erschienenen „Rocky IV“, und auch wenn es damals durchwachsene Kritiken und fünf goldene Himbeeren hagelte, ist der einst als Kalter-Kriegs-Propaganda geschmähte Film mittlerweile doch ein ganz gern gesehener Popkultur-Klassiker.
Wie aber eine Neuauflage angehen? Stallones letzter Kampf als schon sichtlich gealterter Boxer war bereits 2006 in „Rocky Balboa“zu sehen. Neun Jahre später wurde die Staffel aber gekonnt in „Creed“weitergegeben: Rocky trainiert jetzt Adonis „Donnie“Creed (Michael B. Jordan), unehelicher Sohn des einstigen Rivalen und späteren Freundes Apollo Creed. Der, und jetzt schließt sich der Kreis allmählich, wurde in „Rocky IV“von Drago im Ring getötet. Mittlerweile hat diese einstige Kampfmaschine einen Sohn, der als nicht minder brachialer Boxer Erfolge feiert: Viktor (Florian Munteanu). Und das Vater-Sohn-Gespann fordert nun Apollo-Sohn Adonis zu einer Neuauflage des einstigen Kampfes heraus.
Die Prämisse ist so geradlinig wie bestechend und dürfte sicher viele Fanherzen höher schlagen lassen. Die gute Nachricht ist zudem, dass der Film vielleicht nicht besonders originell ausgefallen ist, aber mehr als nur einen Nostalgiefaktor für sich verbuchen kann. Das liegt vor allem an den überzeugenden Schauspielern, darunter auch Tessa Thompson als Adonis’ selbstbewusste Verlobte Bianca. Klar, es mangelt nicht an Klischees, aber immerhin werden die Russen nun um einiges vielschichtiger gezeichnet. So leiden Vater und Sohn unter der Abwesenheit von Ivans ExFrau (Brigitte Nielsen, hierzulande zuletzt eher durch ihre Teilnahme in Formaten wie dem „Dschungelcamp“in Erscheinung getreten), die sich plötzlich wieder meldet, als die beiden im Rampenlicht stehen.
Dazu gibt es einmal mehr den patentierten „Rocky“-Mix aus etwas Herzschmerz, gutwilligem Humor, Siegen und Niederlagen sowie den obligatorischen intensiven Trainingsszenen. Nur die großen Hits wie einst James Browns „Living in America“sucht man dieses Mal vergebens. Treue Fans der „Rocky“-Serie dürften dies nachsehen und werden auch dieses Mal gut bedient. Und selbst wer zuvor noch keinen einzigen der Filme gesehen hat, bekommt eine unterhaltsame und gut gespielte Boxergeschichte geboten. Bleibt bloß zu hoffen, dass sich der nächste „Creed“-Film nicht an dem vermurksten „Rocky V“orientiert.