Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Drogen und kein Ausweg
„Beautiful Boy“: Steve Carell und Timothée Chalamet im Kampf gegen Crystal Meth
Tod oder Läuterung, das sind am Ende die beiden Möglichkeiten, die fast alle Filmdramen über Drogensüchtige bereithalten. Ohne zu viel vorwegzunehmen: „Beautiful Boy“, das neue biografische Filmdrama mit Steve Carell und Timothée Chalamet, sucht nach einem realistischeren dritten Ausgang. Der Weg dorthin gelingt filmisch nicht immer, er ist aber aus anderen Gründen aufregend.
Carell spielt David Sheff, einen finanziell gut situierten Journalisten und modernen Vater, der sich so sehr mit seinem Sohn auf einer Ebene sehen möchte, dass er mit ihm zusammen kifft. Nic wiederum ist ein „guter Junge“, kreativ, bezaubernd mit seinen kleinen Geschwistern und mit besten Chancen auf einen renommierten Studienplatz. Doch da ist eben auch seine lange Liste von Rauschgiften, angefangen von Alkohol und Zigaretten bis hin zum verheerenden Crystal Meth, einer extrem süchtig machenden Substanz. Diese sorgt dafür, dass sich das Verhältnis von Vater und Sohn letztlich nur noch darum dreht, wie man jemandem helfen kann, der sich nicht helfen lassen will.
Der Film basiert gleich auf zwei Biografien, denn sowohl der echte Vater als auch der reale Sohn haben 2007 und 2008 Bücher veröffentlicht. Beide sind in einem Drehbuch von Luke Davies („Lion“) und Felix Van Groeningen aufgegangen. Der Belgier führt auch Regie und benutzt hier wie in seinen beiden ArthausErfolgen „Die Beschissenheit der Dinge“und „The Broken Circle Breakdown“exzessiv verschachtelte Rückblenden.
Doch die einigermaßen komplexe Struktur kann über eines nicht hinwegtäuschen: Der immergleiche Zyklus von Hoffnung und Rückfall ist zwar spürbar der Realität nachempfunden, aber filmisch eben doch ermüdend. Gut getan hätten dem Film auch eine differenziertere Haltung zum privilegierten Reichtum der Sheffs.
Dass Van Groeningen trotzdem ein überdurchschnittlich gutes Drogendrama abliefert, liegt vor allem an Timothée Chalamet. Ihm wird in „Beautiful Boy“eine große Bandbreite abverlangt. Und der 23Jährige beweist mit seiner intensiven Natürlichkeit, dass seine Leistungen in „Lady Bird“und „Call Me by Your Name“zurecht so gelobt wurden. Ein aufregender Jungschauspieler etabliert sich mit diesem Film in der allerersten Liga seiner Generation. (dpa)