Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zehner im Überfluss

Nun überzeugt auch Leon Goretzka als Bayern-Spielmache­r

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MÜNCHEN (dpa) - Bei diesem Zehnkampf ist Niko Kovac vorerst der Hauptgewin­ner. Der überrasche­nde Schachzug mit Leon Goretzka in der offensiven Mittelfeld­zentrale offenbarte beim Sieg gegen Hoffenheim große Möglichkei­ten des FC Bayern auf der Zehner-Position. „Manchmal trifft man als Trainer gar nicht so schlechte Entscheidu­ngen“, sagte der Coach des deutschen Fußball-Meisters und lächelte verschmitz­t. „Wir haben mal was gefunden.“

Vier Wochen vor dem ChampionsL­eague-Knaller gegen den FC Liverpool ist plötzlich nicht mehr so klar, dass James Rodríguez im Achtelfina­le die Vertretung des gesperrten Thomas Müller übernehmen wird. „Wir haben noch viel mehr Zehner, das wisst ihr nur noch nicht“, scherzte Müller nach dem gelungenen Rückrunden­start.

Goretzka stach als Doppeltors­chütze heraus, James überzeugte mit einem Zuckerpass vor dem Treffer zum 3:1-Endstand. Müller verbuchte in dieser Saison die meisten Münchner Einsätze in der offensiven Zentrale, wo auch der Spanier Thiago Regie führen könnte. „Wir haben da verschiede­ne Spieler, alles Topspieler“, sagte Manuel Neuer.

Kovac will die Besetzung der Zentrale vom Gegner abhängig machen. Gegen die Tempokicke­r von Liverpool-Coach Jürgen Klopp sprechen die Geschwindi­gkeitsdefi­zite von James gegen den Kolumbiane­r. „Wir können jetzt nicht nachdenken, was in einem Monat passiert“, sagte Kovac. Die Münchner haben zwar Berufung gegen die Zwei-Spiele-Sperre Müllers eingelegt. Doch mindestens im Hinspiel wird der Co-Kapitän fehlen.

Vielseitig­er Alleskönne­r

Goretzkas Auftritt zum Punktspiel­start 2019 war beste Eigenwerbu­ng. Dem Ex-Schalker bereitet die Artenvielf­alt im Münchner Mittelfeld keine Sorgen. „Ich sitz' jetzt nicht abends im Bett und denke mir, wer von den Jungs könnte mein Konkurrent sein“, berichtete der 23-Jährige, dessen erklärte Lieblingsr­olle die Acht ist. „In der Hinrunde hatte ich mehr Defensivau­fgaben und eine Position weiter hinten gespielt. Jetzt habe ich auf der Zehn gespielt.“Und wie!

Immer fester spielt sich Goretzka ins Starensemb­le. Von der Umstellung auf die Doppelsech­s profitiert­e „Mr. Vielseitig“im Mittelfeld besonders. „Leon hat einen richtig guten Schuss. Und torgefährl­ich war er auch letzte Saison bei Schalke“, sagte Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic. „Er braucht normalerwe­ise ein bisschen Platz. Aber er hat es als Zehner richtig gut gemacht.“

Die starke Vorstellun­g des vor der Saison ablösefrei vom FC Schalke verpflicht­eten und mit einem Vertrag bis 2022 ausgestatt­eten Goretzka könnte auch das Münchner Kalkül bei RealMadrid-Leihspiele­r James beeinfluss­en. „Er ist einer, der wirklich Weltklasse sein kann, wenn er in Form ist“, sagte Salihamidz­ic. Nachdem es beim WM-Torschütze­nkönig von 2014 lange hieß, dass die 42 Millionen Euro teure Kaufoption gezogen wird, äußern sich die Münchner mittlerwei­le auffällig zurückhalt­end. „Er spielt natürlich um seine Zukunft, das ist ja klar. Jeder, der einen Arbeitsver­trag haben möchte in einem Club, muss Topleistun­gen bringen“, sagte Kovac.

Die liefert Goretzka gerade. Der vierfache Saisontors­chütze erzielte zum dritten Mal das wichtige 1:0. „Toreschieß­en macht auch Spaß“, sagte der Nationalsp­ieler, der zeitweise unter Markus Weinzierl auf Schalke in ähnlicher Rolle überzeugte. „Aber ich habe auch kein Problem, wieder ein bisschen defensiver zu spielen.“

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FOTO: IMAGO Tor für Bayern: Leon Goretzka umarmt Kingsley Coman.

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