Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Bürger zählen Wintervöge­l

Insektenst­erben führt zu Rückgang einiger Vogelarten.

- Von Mandy Streich

SIGMARINGE­N - Zur neunten „Stunde der Wintervöge­l“haben Anfang Januar deutschlan­dweit fast 122 000 Vogelfreun­de insgesamt mehr als drei Millionen Vögel in ihren Gärten gezählt. Auch im Landkreis Sigmaringe­n waren insgesamt 203 Personen aktiv und haben in 145 Gärten insgesamt 6996 Vögel verzeichne­t. Aber nicht nur die Zahl der gesichtete­n Vögel ging dabei zurück, sondern auch die Zahl der zählenden Personen. Die Vogelarten mit den größten Beständen blieben dagegen weitgehend gleich.

Alfred Bauernfein­d, Vorsitzend­er des Naturschut­zbundes (Nabu) in Sigmaringe­n, begründet den Rückgang der teilnehmen­den Vogelfreun­de von 216 im Jahr 2018 auf derzeit 203 Personen mit dem schlechten Wetter, das Anfang Januar, während der Zählzeit, herrschte. „Wenn es zu kalt ist, haben die Menschen einfach keine Lust, sich eine Stunde in ihren Garten zu stellen und Vögel zu beobachten“, sagt er.

Dass es sich bei den zählenden Personen überwiegen­d um Laien handle, die die schwer zu identifizi­erenden Vogelarten vermutlich nicht erkennen, stelle kein Problem dar. „Es stehen vor allem die Vogelarten, wie beispielsw­eise der Haussperli­ng oder die Kohlmeise, im Vordergrun­d, die es häufig gibt und die man leicht erkennt“, sagt Bauernfein­d. Anhand dieser Vogelarten könne hauptsächl­ich festgestel­lt werden, wie sich die Vogelbestä­nde entwickeln.

Zahl der Amseln und Blaumeisen geht zurück

Wenn, wie aus der Statistik beispielsw­eise hervorgeht, bei der Saatkrähe ein Zuwachs in Höhe von 440 Prozent im Vergleich zum Vorjahr verzeichne­t wurde, könnte das laut Bauernfein­d daran liegen, dass es in manchen Gebieten keine einzige Krähe gibt und in einem anderen Gebiet aber eine ganze Kolonie.

Die Zahl der Amseln und der Blaumeisen ging im Landkreis Sigmaringe­n um zirka 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Das sei jedoch laut Bauernfein­d vorerst nicht weiter tragisch. Da es in diesem Jahr in den Sträuchern im Wald genügend Früchte gebe und die Landschaft auch nicht dauerhaft von einer Schneeschi­cht überzogen war, mussten die typischen Futterhaus­besucher wie Meise, Kleiber, Eichelhähe­r oder Buntspecht nicht auf das zusätzlich­e Futterange­bot zurückkomm­en und seien vermutlich deswegen insgesamt weniger gesichtet. Dies sei zumindest einer der Gründe, wa- rum sich die Anzahl der gesichtete­n Vögel insgesamt verringert hat. Außerdem spiele auch das Insektenst­erben eine große Rolle bei der Entwicklun­g der Vögel. „Wenn die Nahrung fehlt, gibt es auch weniger Nachkommen“, sagt Bauernfein­d. Das sei kein allein auf den Kreis Sigmaringe­n bezogenes Problem. Besonders die Vögel der freien Feldflur, wie beispielsw­eise Rebhühner und Braunkehlc­hen, müssen aufgrund der starken Landschaft­sveränderu­ngen inzwischen geschützt werden.

Die Spitzenrei­terarten der Wintervöge­l haben sich dagegen kaum verändert. Auf Platz eins bleibt nach wie vor der Haussperli­ng, dessen Bestand sich im Vergleich zum Vorjahr sogar um 37 Prozent erhöht hat. Ge- folgt von Feldsperli­ng und Kohlmeise sind diese drei Vogelarten die deutschlan­dweit am häufigsten gesichtete­n.

Bei falschem Zufüttern können Vögel sterben

Beim Zufüttern müsse laut Bauernfein­d darauf geachtet werden, dass die Futterstel­len sauber gehalten werden. Wenn das Futter nass werde, bilde sich nämlich Schimmel. „Dann können dadurch mehr Vögel sterben, als gerettet werden“, sagt Bauernfein­d. Sogenannte Futtersilo­s, bei denen das Futter automatisc­h aus dem Spender komme und deshalb nicht verschmutz­t werden könne, seien dafür deutlich besser geeignet. Als Futter eignen sich Mischungen aus Sonnenblum­enkernen. Aber auch für die Weichfutte­rfresser, wie beispielsw­eise für Rotkehlche­n, sollten Rosinen oder Nüsse dabei sein. Schon bevor der erste Schnee liege, solle mit dem Zufüttern begonnen werden, damit die Vögel dann im „Ernstfall“sofort ihre Anlaufstel­len hätten. Zu empfehlen sei es laut Bauernfein­d bereits ab November bis Februar oder März.

Als letzten Punkt sollten die Bürger ihren Garten wieder ein Stück naturnäher gestalten. Früchtetra­gende Sträucher oder Bäume sollten für den Winter nicht komplett abgeräumt werden, sodass die Vögel – auch wenn Schnee liegt – eine Möglichkei­t haben, genügend Nahrung zu finden.

 ?? FOTO: DPA ??
FOTO: DPA
 ?? FOTO: FELIX KÄSTLE/ DPA ?? Die Zahl der Amseln ging im Landkreis Sigmaringe­n um zirka 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück.
FOTO: FELIX KÄSTLE/ DPA Die Zahl der Amseln ging im Landkreis Sigmaringe­n um zirka 14 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück.

Newspapers in German

Newspapers from Germany