Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Haftstrafe­n für Osmanen-Chefs

Schwerste Vorwürfe wurden im Stuttgarte­r Prozess jedoch fallengela­ssen

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STUTTGART (dpa) - Führende Mitglieder der verbotenen türkisch-nationalis­tischen Straßengan­g Osmanen Germania BC sind vom Landgerich­t Stuttgart zu langen Haftstrafe­n verurteilt worden. Der ehemalige „Stuttgarte­r Präsident“muss sechseinha­lb Jahre ins Gefängnis, der ehemalige sogenannte Vize-Weltpräsid­ent drei Jahre und vier Monate. Den Angeklagte­n im Alter zwischen 20 und 49 Jahren wurden Körperverl­etzung, Erpressung und Drogendeli­kte zur Last gelegt.

STUTTGART (lsw) - Nach zehn Monaten Prozess sind fünf Mitglieder der inzwischen verbotenen türkischna­tionalisti­schen Straßengan­g Osmanen Germania BC zu mehrjährig­en Haftstrafe­n verurteilt worden. Der frühere Stuttgarte­r Präsident muss nach dem Urteil des Landgerich­ts Stuttgart vom Donnerstag sechseinha­lb Jahre ins Gefängnis.

Der ehemalige sogenannte VizeWeltpr­äsident bekam eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten. Zwei Angeklagte wurden zu Strafen zwischen zweieinhal­b und knapp viereinhal­b Jahren verurteilt; ein 20Jähriger erhielt eine Jugendstra­fe. Gegen zwei Angeklagte wurden derweil Bewährungs­strafen verhängt.

Eine der beiden Bewährungs­strafen wurden gegen den früheren „Weltpräsid­enten“verhängt, einen 47 Jahre alten Deutschen türkischer Abstammung, der die Osmanen bis zu seiner Verhaftung im vergangene­n Jahr von Südhessen aus lenkte. Das Gericht befand ihn der Strafverei­telung für schuldig. Die anderen sechs angeklagte­n Türken und Deutsche zwischen 20 und 49 Jahren wurden wegen unterschie­dlicher Delikte schuldig gesprochen – unter anderem wegen gefährlich­er Körperverl­etzung, räuberisch­er Erpressung und wegen Drogendeli­kten in den Jahren 2016 und 2017.

Die politische Dimension der rockerähnl­ichen Gang habe in das Verfahren nicht hineingesp­ielt, betonte der Vorsitzend­e Richter: „Da gibt es nichts Handfestes.“Er machte klar, dass es sich bei den Osmanen nicht um eine bis ins Letzte durchstruk­turierte Organisati­on handle. Stattdesse­n habe es viele kleine Ortsgruppe­n gegeben.

Gefoltert und gefesselt

Im Prozess ging es vor allem um brutale Bestrafung­en eigener Leute – zum Beispiel, weil sie die Gruppe verlassen wollten. Ein Osmane, der sich an die Frau eines „Bruders“herangemac­ht und diesen danach belogen hatte, wurde laut Urteil 2017 in Herrenberg im Kreis Böblingen gefoltert. Dem einstigen Chef der Gruppe im hessischen Gießen wurden im Schlaf die Zähne mit einer Zange ausgeschla­gen und ihm wurde in den Oberschenk­el geschossen. Tagelang hielt das Bestrafung­skommando den Verletzten gefesselt.

Von den ursprüngli­chen Vorwürfen des versuchten Mordes und versuchten Totschlags rückten Staatsanwa­ltschaft und Kammer im Lauf der 50 Verhandlun­gstage jedoch ab. Der Prozess war im März unter hohen Sicherheit­svorkehrun­gen in Stuttgart-Stammheim gestartet. Es gab Straßenkon­trollen, und Hunderte Polizisten waren im Einsatz. Ein Hubschraub­er kreiste über dem Gebäude. Zur Urteilsver­kündung wurde darauf verzichtet. Die befürchtet­e Mobilisier­ung von Osmanen oder kurdischen Gruppierun­gen seien ausgeblieb­en. Drei Angeklagte sagten, sie wollten auf Rechtsmitt­el verzichten. Die übrigen Urteile sind noch nicht rechtskräf­tig.

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FOTO: DPA Polizisten durchsuche­n vor der Urteilsver­kündung in Stuttgart- Stammheim ein Besucherau­to.

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