Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ohne Meister keine Theke
Gericht bestätigt: Nur Supermärkte mit Metzgermeister dürfen Frischfleisch verkaufen
RAVENSBURG - Supermärkte mit Frischfleischtheken müssen einen Metzgermeister anstellen – auch wenn dort nicht geschlachtet wird und die Fleischstücke bereits zerlegt und portioniert im Supermarkt ankommen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden. Die Beschäftigung von Metzgereifachverkäufern und Metzgern sei nicht ausreichend, urteilte das Gericht – und bestätigte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen.
Geklagt hatte die Handelsgesellschaft Rewe. Der Anlass: Ein Bußgeldbescheid des Landratsamtes. Die Behörde hatte beanstandet, dass zwei Rewe-Märkte im Raum Reutlingen mindestens zwischen Dezember 2012 und Juli 2015 Arbeiten des Metzgerhandwerks hatten ausführen lassen, ohne einen Metzgermeister zu beschäftigen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen wies die Klage im November 2017 ab. Nach Ansicht der Richter setze der Verkauf Kenntnisse über Chemie, Biologie und Bakteriologie des Fleisches, über die Beschaffenheit, Lagerung und Verwendung von Fleisch und Fleischerzeugnissen, über die Verfahren zur Haltbarmachung und über gewerbe-, hygiene- und lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus.
Dem widerspricht der Handelsverband Baden-Württemberg. „Die Tätigkeiten an den Frischetheken der Supermärkte sind keine, die nur Meister machen können“, sagt Sprecher Hilmar Pfister. „Das Fleisch muss vor Ort ja zum Beispiel gar nicht mehr ausgebeint werden.“Tatsächlich: Die meisten Arbeitsschritte finden schon vor der Auslieferung an die Supermärkte statt. Vieles wird im Markt nur noch ausgelegt, aufgeschnitten und verpackt. Produkte wie Fleischspieße, Hackfleisch oder Steaks werden vor Ort noch zerteilt, mariniert und in Form gebracht. Das Urteil bezeichnet Pfister deshalb als „großes Ärgernis“. Er befürchtet, dass Supermärkte zunehmend davon absehen könnten, überhaupt eine Frischetheke zu betreiben. Hintergrund sei, dass es immer weniger Personal gebe. „Metzger und Verkäufer zu finden ist ja schon schwer, Metzgermeister zu finden, ist noch schwerer“, sagt Pfister. Die Verwaltung der Rewe Markt GmbH wollte sich auf Anfrage nicht zum Urteil äußern.
Richard Schweizer, Justiziar der Handwerkskammer Reutlingen, hält die Argumente des Handelsverbands zumindest zum Teil für vorgeschoben. „Klar gibt es den Fachkräftemangel, aber letztendlich geht es hier auch ums Geld“, vermutet er. „Die Supermärkte wollen sparen, denn ein Metzgermeister verlangt natürlich mehr Gehalt als ein Metzger.“Bei der Handwerkskammer freue man sich über das Urteil. Es gehe nunmal um hygienerechtliche und sicherheitsrelevante Fragen, die der Kunde im Zweifel mit seiner Gesundheit bezahle. Die Gefahr, dass Supermärkte ihre Frischetheken schließen, weil sie keine Metzgermeister mehr finden, sieht Schweizer nicht. „130 Supermärkte mit Frischfleischtheke fallen in den Bereich der Handwerkskammer Reutlingen“, sagt er. „Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren sogar eher gestiegen.“