Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Was sich Familien in den Jahren 2017 und 1987 bei der Finanzierung des Eigenheims leisten konnten
Für die folgenden Beispielrechnungen dient eine dreiköpfige Modellfamilie. Zugrunde liegt dabei das jeweilige statistisch mittlere Bruttoeinkommen von Männern und Frauen von der Bundesagentur für Arbeit. Der sogenannte Median teilt die Einkommensgruppen also genau in zwei Hälften. Für das Rechenmodell, bei dem beide erwerbstätig sind, dienen die jeweiligen Mediane, der für Männer zu 100 Prozent, der für Frauen zu 50 Prozent.
40 Prozent des Nettolohns stehen dann für die Finanzierung zur Verfügung, wobei dieser Wert bewusst hoch angesetzt ist und schon an der Grenze des allgemein Machbaren liegt.
Die Immobilienpreise beziehen sich auf Hochrechnungen der Durchschnittspreise für Ein- und Zweifamilienhäuser auf Kreisebene des Beratungs- und Forschungsinstituts GEWOS.
Die jeweiligen Darlehenszinsen sind Jahresdurchschnitte der Werte von der Bundesbank.
Außerdem wird angenommen, dass die Erwerbsnebenkosten beispielsweise für den Notar, die Grunderwerbsteuer und eventuell den Makler mit dem Ersparten bestritten werden.
Kreis Ravensburg: 2017 hat ein Einoder Zweifamilienhaus im Landkreis Ravensburg im Schnitt 345 700 Euro gekostet. Die baden-württembergische dreiköpfige Modellfamilie, bei dem die Frau zu 50 Prozent in Teilzeit und der Mann in Vollzeit arbeitet, schafft eine monatliche Rate, also 40 Prozent des gemeinsamen Nettolohns, von mindestens 1392,26 Euro. Bei einer Laufzeit von 30 Jahren und einem Zinssatz von 1,92 Prozent ist damit eine Darlehenssumme von fast 381 650 Euro zu stemmen, die mit knapp 36 000 Euro Differenz deutlich über dem Preis der Immobilie liegt. Bei dem Modell, bei dem nur der Mann für das Einkommen sorgt, liegt die entsprechende Darlehenssumme bei rund 264 250 Euro. Um die
81 500 Euro zu wenig. Ein Hauskauf ist demnach für weniger als die Spielfiguren- Familie vor einer Baustelle: Bei mehr als der Hälfte der Paare sind beide erwerbstätig.
Hälfte nicht ohne weitere Mittel zu finanzieren.
1987 hat sich kaum ein männlicher Alleinverdiener dieses durchschnittliche Ein- oder Zweifamilienhaus, das damals rund 166 940 Euro gekostet hat, leisten können. Mit einer monatlichen Rate für Zins und Tilgung von 455,16 Euro ist nur eine Darlehenssumme von rund 66 264 Euro drin gewesen – Laufzeit 30 Jahre, Zinssatz 7,57. Damit ist das Haus zweieinhalbmal teurer als das, was sich diese Familie leisten kann.
Kreis Tuttlingen: 2017 hat das durchschnittliche Ein- oder Zweifamilienhaus in Tuttlingen 203 200 Euro gekostet. Damit ist die Immobilie sowohl für die Modellfamilie mit einem als auch für die mit zwei Erwerbstätigen erschwinglich.
Mit einem Preis in Höhe von 98 130 Euro ist das Haus 30 Jahre davor allerdings wieder zu teuer für mehr als die Hälfte der allein verdienenden Männer. Es fehlen mit rund 31 870 Euro fast ein Drittel des Kaufpreises. Kreis Sigmaringen: Da 2017 in Sigmaringen der Durchschnittspreis für ein Ein- oder Zweifamilienhaus mit 200 500 Euro nur unwesentlich (2700 Euro Differenz) geringer gewesen ist als in Tuttlingen, lautet das Ergebnis gleich: erschwinglich für den
mittleren Allein- und den mittleren Doppelverdiener-Haushalt. Entsprechend stellt sich die Situation 30 Jahre zuvor da: Es fehlen konkret 30 556 Euro.
Kreis Biberach: 246 600 Euro hat die entsprechende Immobilie in Biberach im Jahr 2017 gekostet. Das heißt wiederum, sie ist erschwinglich für mehr als die Hälfte der männlichen Alleinverdiener – mit dem Mann in Voll- und der Frau in Teilzeit (50 Prozent) erst recht.
30 Jahre davor hat sich weniger als die Hälfte der Alleinverdiener das 119 100 Euro teure Haus leisten können.
Ostalbkreis: Ein Ein- oder Zweifamilienhaus im Ostalbkreis hat vor zwei Jahren im Schnitt 268 600 Euro gekostet. Damit liegt der Mittelwert des Nettolohns eines Mannes nur knapp darunter. Es fehlen 4350 Euro. Der Mittelwert der DoppelverdienerFamilie mit einer Frau in 50 Prozent Teilzeit liegt dagegen mit einer Differenz von rund 113 450 Euro weit darüber.
1987 allerdings hat die entsprechende Immobilie mit 129 520 Euro zu Buche geschlagen – fast doppelt so teuer wie das, was ein Mann mit mittlerem Einkommen zu der Zeit zu finanzieren imstande ist. Bodenseekreis: Mit 430 400 Euro vor zwei beziehungsweise mit 207 840 Euro vor 32 Jahren haben sich ein durchschnittliches Ein- oder Zweifamilienhaus im Bodenseekreis nur wenige kaufen können. Selbst den kaufkräftigen Doppelverdienern fehlen dazu rund 48 750 Euro, den Alleinverdienern fehlen 166 150 Euro und damit fast 40 Prozent des Kaufpreises.
Nicht viel besser sieht die Situation für die Alleinverdiener 1987 aus: Die müssten mehr als dreimal so viel Kapital aufbringen, als die Hälfte der männlichen Vollzeitbeschäftigten für eine Immobilienfinanzierung zur Verfügung hat.
Kreis Lindau: Spitzenreiter in der Gruppe der hier ausgewählten Landkreise ist Lindau: 488 600 Euro, das ist im Jahr 2017 der Durchschnittspreis für ein Ein- oder Zweifamilienhaus gewesen. Im Vergleich zu Baden-Württemberg liegen aber die Mittelwerte der Löhne in Bayern etwas niedriger: Entsprechend beträgt die monatliche Rate für Zins und Tilgung für einen allein verdienenden Mann 919,49 Euro. Damit ist eine Darlehenssumme von rund 252 050 Euro zu stemmen. Zum Kauf fehlen demnach 236 550 Euro – nur rund 10 000 Euro weniger als der Preis für die entsprechende Durchschnittsimmobilie im Landkreis Biberach.
Selbst der Modellfamilie mit der Vollzeit-/Teilzeit-Einkommensstruktur, die monatlich immerhin bis zu 1342,17 Euro für eine Darlehenssumme von rund 367 920 Euro aufbringen kann, fehlen letztlich noch rund 120 700 Euro.
Nach den vorausgehenden Berechnungen ist es höchstens in dieser Deutlichkeit überraschend, dass sich 1987 ebenfalls weniger als die Hälfte der allein verdienenden Männer den Traum des 235 950 Euro teuren Durchschnittshauses für die Familie leisten können. Bei einer Rückzahlungsrate von 716,42 Euro im Monat deckt der Kreditbetrag in Höhe von rund 104 300 Euro weniger als die Hälfte des Kaufpreises ab. (mws)