Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Tempo 130 – ein Gebot der Vernunft

- Von Jochen Schlosser j.schlosser@schwaebisc­he.de

Soll es auch auf deutschen Autobahnen ein Tempolimit geben? Das Land ist gespalten, seit gut einer Woche wird diskutiert. Doch leider wird die Debatte eher emotional geführt. Sogar Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer sagte, ein Tempolimit sei „gegen jeden Menschenve­rstand“. Tatsächlic­h0 gibt es aber kaum vernünftig­e Argumente dagegen. Nicht einmal jenes, dass die Verkaufser­folge deutscher Autoherste­ller davon abhängen würden. Die Hoch-PS-Produzente­n Mercedes, BMW und Porsche brillieren weltweit – auch in den USA und vielen anderen Ländern mit Tempolimit. Hier geht’s um Qualität und Prestige, nicht ums Rasen in Deutschlan­d.

Dass es Spaß macht, schnell Auto zu fahren, kann erst recht keine Begründung sein, Mitbürger zu gefährden und Energie zu vergeuden. Der ADAC-Slogan „Freie Fahrt für freie Bürger“ist zwar griffig, war aber schon 1973 – zu Zeiten der Ölkrise – populistis­cher Blödsinn. Oder käme jemand auf die Idee, an der Freiheit von Amerikaner­n oder Schweizern zu zweifeln? Dort gibt es, wie in den meisten Ländern, generelle Tempolimit­s. Zu den Staaten mit freier Fahrt zählen hingegen etwa Nordkorea, Myanmar oder Afghanista­n.

De facto geht es ohnehin nicht um ökologisch­e Moralapost­elei, sondern um die Verringeru­ng von Sicherheit­srisiken und die überfällig­e Senkung des für das Klima so schädliche­n Ausstoßes von Kohlendiox­id. Dass der Verkehrsse­ktor hierbei nur einen Teil des Problems darstellt, ist richtig. Dass aber bei höherem Tempo und entspreche­nd höherem Energiever­brauch mehr CO2-Emissionen entstehen, ist eine unwiderleg­bare Tatsache. Ebenso, dass von den jährlich mehr als 400 Toten auf deutschen Autobahnen ohne die Raserei viele noch am Leben wären.

Tempo 130 ist eine gute, vernünftig­e Sache. Und ein Verkehrsmi­nister, der dagegen ist, sollte hierfür schlüssige Argumente haben und nicht dumpfe Parolen hervorkram­en. Andreas Scheuer wäre ohnehin gut beraten, nicht bei allen sinnvollen Plänen zur Verkehrsre­gelung direkt auf die Bremse zu treten. Er ist zwar gewählter Volksvertr­eter, Lobbyist der Linksblink­er muss er deshalb aber noch lange nicht sein.

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