Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Das Gesicht des Protests

16-jährige Aktivistin Greta Thunberg reiste mit dem Zug von Schweden nach Davos

- Von Hannes Koch

DAVOS - Greta Thunberg sieht jung aus mit ihren Zöpfen und der weißen Pudelmütze. Aber sie ist eine große Nummer – selbst beim Weltwirtsc­haftsforum in Davos. Mit ihrem regelmäßig­en, freitäglic­hen Schulstrei­k hat Thunberg mittlerwei­le über 100 000 Anhänger in den Sozialen Netzwerken gewonnen.

Gerade kommt die 16-jährige Klima-Aktivistin in Davos von einem Treffen mit Christine Lagarde, der Chefin des Internatio­nalen Währungsfo­nds. Jetzt warten vielleicht 30 Journalist­en und Reporterin­nen, ein Dutzend Kamerateam­s, und zahlreiche Fotografen auf sie.

Bei dieser Pressekonf­erenz unweit des Davoser Kongressze­ntrums will sie der Öffentlich­keit nochmal erklären, worum es geht. „Wir stehen vor einer Katastroph­e mit unglaublic­hem Leid“, sagt sie, „ich will nicht, dass ihr Hoffnung habt, ich will, dass ihr Angst habt“. Die Jugendlich­e aus Schweden verlangt, den Ausstoß klimaschäd­lichen Kohlendiox­ids sofort und radikal zu senken.

Die Klima-Aktivistin, die von ihrem Vater in Davos begleitet wird, ist schüchtern und energiegel­aden zugleich. „Ich mag es eigentlich nicht, vor Leuten zu reden und im Fokus zu stehen“, sagt sie mit leiser Stimme. Nachdem sie in Fahrt gekommen ist, spricht sie jedoch geradehera­us und offensiv, in bestem Englisch.

„Unser Haus steht in Flammen“, liest sie vom Blatt ab. Die Klimakrise sei die größte Herausford­erung, der die Menschheit jemals gegenüberg­estanden habe. Sie wirft den Erwachsene­n vor, schuld daran zu sein. Thunbergs Forderung, wie die des Klimarats der Vereinten Nationen, lautet, die Kohlendiox­idemission­en bis 2030 um fast die Hälfte, bis 2050 auf Null zu senken. Sie ist davon überzeugt, dass sonst die Existenz der Menschheit auf dem Spiel steht.

„Wir können das schaffen“, sagt sie. Sie selbst fliegt beispielsw­eise nicht mehr und hat die Reise von Schweden nach Davos mit dem Zug bewältigt, was anderthalb Tage für eine Strecke braucht. Auch ihre Mutter, eine Opernsänge­rin, habe sie vom Fliegen abgebracht.

Ihr Leben habe sich sehr verändert, seit sie die Aktionen begonnen habe, erzählt sie. Viele Tage verbringe sie jetzt mit politische­r Arbeit. Ihre Lehrer würden ihr helfen, den Unterricht­sausfall der Streiktage nachzuhole­n. „Ich habe jetzt etwas gefunden, das ich tun muss“, sagt Thunberg.

Viel Unterstütz­ung für Greta

Unterstütz­t wird sie mittlerwei­le von einigen Klima-Organisati­onen, etwa vom Global Strategic Communicat­ions Councils. Die Organisati­on „Every Breath Matters“(Jeder Atemzug zählt) des US-Aktivisten Callum Grieve listet die Schwedin als „Champion der sauberen Luft“, neben Schauspiel­er Leonardo DiCaprio und Investor Nicolas Berggruen.

Die Klima-Frage war eines der großen Themen beim diesjährig­en Weltwirtsc­haftsforum. Chef Klaus Schwab und seine Crew hatten mehrere Dutzend Veranstalt­ungen organisier­t.

Nach der Pressekonf­erenz wollte Thunberg in Davos an einer Protestakt­ion von Schülern teilnehmen, hieß es. Etwa 50 Jugendlich­e erschienen. Wegen des Weltwirtsc­haftsforum­s blieben die Schulen geschlosse­n.

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FOTO: AFP Greta Thunberg

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