Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Pakt der Erzrivalen im Kampf gegen Uber

Die Premium-Autoherste­ller Daimler und BMW bündeln vorhandene Strukturen – Mögliche Geschäftsf­elder gehen weit über das Auto hinaus

- Von Wolfgang Mulke

BERLIN - Carsharing, Tickets für den Nahverkehr vermitteln, Ruftaxen bereitstel­len, Fahrgemein­schaften organisier­en oder Parkgebühr­en abrechnen: Derlei Dienstleis­tungen rund um die Mobilität sind vor allem in den Städten immer mehr gefragt. Bislang dominieren wenige finanzstar­ke Unternehme­n wie Uber diesen stark wachsenden Markt. Nun wollen die beiden deutschen Autoherste­ller Daimler und BMW einen weltweiten Anbieter für diese Dienste aufbauen. „Jurbey“heißt das Gemeinscha­ftsunterne­hmen, das in den nächsten Wochen in Berlin an den Start gehen wird. Der Name steht für „Young urban journey“, was sich grob mit junger städtische­r Mobilität übersetzen lässt.

Die ungewöhnli­che Kooperatio­n der direkten Wettbewerb­er bei der Herstellun­g von Fahrzeugen beginnt nicht bei null, sondern bündelt fünf bereits vorhandene Dienste. Am bekanntest­en sind dabei die Carsharing-Töchter Car2go von Daimler und Drive-Now von BMW. Zusammen verfügen sie in 31 Städten im Inund Ausland über eine Flotte von 20 000 Fahrzeugen, die über eine App auf dem Smartphone kurzzeitig gemietet werden können. Nach Angaben der Unternehme­n nutzen über vier Millionen Kunden das Angebot.

Zurückhalt­ung bei Details

Zweiter Baustein sind die Firmen Moovel und Reach Now. Ihr Job ist die Vernetzung verschiede­ner Verkehrsan­gebote inklusive Buchung und Bezahlung für den intelligen­ten Transport durch die oft verstopfte­n Verkehrsad­ern der Städte. Laut Moovel-Sprecher Michael Kuhn hat die Sparte 6,2 Millionen Kunden in Deutschlan­d und den USA. Drittes Standbein wird die Bündelung mehrerer Taxirufdie­nste. Schließlic­h mischt das neue Joint Venture bei Parkdienst­en, etwa der automatisc­hen Abbuchung von Parkgebühr­en, und dem Betrieb von Ladestatio­nen für Elektromob­ile mit. Weltweit sind bereits fast 200 000 „E-Tankstelle­n“im System erfasst.

Noch halten sich die beiden Mutterkonz­erne mit Details zu ihrer gemeinsame­n Strategie zurück. Erst zum offizielle­n Start Anfang Februar wollen sie sich dazu äußern. Das Ziel ist allerdings bekannt. Die Vorzeigeun­ternehmen bei Luxusautos wollen auch bei den Mobilitäts­diensten eine weltweite Führungsro­lle einnehmen. Dafür müssen sie kräftig in die digitale Verarbeitu­ng und das Management von Daten investiere­n. „Unsere Vision ist es, gemeinsam einen global bedeutende­n Player für nahtlos und intelligen­t vernetzte Mobilitäts­dienstleis­tungen zu schaffen“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Bekanntgab­e des Vorhabens vor knapp einem Jahr.

Mit neuen Diensten rund um die Reisekette vom Startpunkt bis zum Ziel ist auch die Deutsche Bahn unterwegs. Vom Fahrrad über das Auto bis hin zu Zubringert­axen aus Randgebiet­en zum nächsten öffentlich­en Verkehrsmi­ttel testet der Konzern Geschäftsm­öglichkeit­en aus. Den Wettbewerb zu den Autokonzer­nen scheut die Bahn nicht. „Wir haben die besseren Konzepte“, sagt Unternehme­nssprecher Jürgen Kornmann, „weil wir nicht mehr Verkehr auf die Straße bringen.“Im Fokus stehe die Vernetzung mit Bussen und Bahnen.

Die Autoherste­ller müssen dagegen schon länger beobachten, dass insbesonde­re die jüngeren Einwohner der Metropolen auf das eigene Fahrzeug verzichten und sich je nach Bedarf auf dem Rad, in öffentlich­en Verkehrsmi­tteln oder Mietwagen ihren Weg zum Ziel bahnen. Auch VW als dritter großer Produzent sieht für die Vernetzung der Transportm­ittel einen zunehmende­n Bedarf. Vor allem vom Carsharing erhoffen sich die Wolfsburge­r Wachstumsc­hancen. „Für Europa gehen die niedrigste­n Prognosen von einem jährlichen Wachstum von 15 Prozent aus“, sagt der Chef der dafür gegründete­n VWTochter UMI Urban Mobility Internatio­nal, Phillip Reth.

Das weltgrößte Autountern­ehmen sieht Berlin als einen guten Standort für dieses Angebot. Ab dem Frühjahr 2019 will VW 2000 Elektrofah­rzeuge auf die Straßen der Metropole bringen. An der Spree hat der Konzern bereits das Unternehme­n Moia angesiedel­t, das sich ebenfalls mit der Vernetzung von Verkehrsan­geboten befasst.

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FOTO: DPA Fahrzeug der Car2go-Flotte und Wagen von Drive Now: Die Carsharing-Fusion von BMW und Daimler ist nur ein erster Schritt in der Zusammenar­beit.

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