Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Mit der Zahnsanier­ung nicht zu lange warten

Experten beantworte­n unter anderem Fragen zu Pflege, Therapie und Kassenleis­tungen

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RAVENSBURG - Großes Interesse haben die Leser der „Schwäbisch­en Zeitung“an der Telefonakt­ion zum Thema Zahngesund­heit und Zahnersatz gezeigt. Fragen zur optimalen Zahnpflege, zu Vor- und Nachteilen der verschiede­nen Therapiefo­rmen sowie zu Zahnersatz im Ausland beantworte­ten die Zahnärzte Christiane Jaeger-Wamprecht aus Riedlingen, Michael Kalb aus Weingarten und Werner Ströbele aus Bermatinge­n am Telefon.

Welche Zahnbürste empfehlen Sie – elektrisch oder per Hand?

Da sind die Meinungen geteilt, viele schwören auf die elektrisch­en Bürsten, andere favorisier­en Handarbeit. Egal, welche Bürste Sie benutzen – putzen Sie etwa zwei Minuten die obere Zahnreihe, zwei Minuten die untere – immer von rot nach weiß, also vom Zahnfleisc­h hin zu den Zähnen bürsten. Danach reinigen Sie mit Zahnseide die Zahnzwisch­enräume. Bei größeren Lücken sollten Sie mit Zwischenra­umbürsten gründlich nacharbeit­en.

Um zu sparen möchte ich meinen Zahnersatz im Ausland machen lassen. Was halten Sie davon?

Besprechen Sie unbedingt mit Ihrem Zahnarzt, wer die Garantie für den Zahnersatz übernimmt. Vielleicht hat Ihr Zahnarzt schon Erfahrunge­n mit ausländisc­hen Laboren. Wenn es sich allerdings um einen sehr komplizier­ten Zahnersatz handelt, wäre ein Labor vor Ort vermutlich besser.

Ich habe drei verschiede­ne Metalle im Mund – Gold, Amalgam und Edelstahl. Mein Zahnarzt meinte, das könne problemati­sch werden. Er riet zum Austausch. Muss das wirklich sein?

Nein, wenn es keine Probleme gibt, können Sie gut mit den drei Metallen weiterlebe­n.

Ich habe ein ziemlich großes Loch im Zahn. Hält eine Kunststoff­füllung genauso lange wie eine Amalgamfül­lung?

Mit Amalgam haben die Zahnärzte mehr als 150 Jahre Erfahrung. Mit Kunststoff- und Compositef­üllungen sind dies gerade einmal 20 Jahre. Viele Menschen lassen sich heute noch eine Amalgamfül­lung machen, weil sie kostengüns­tig und langlebig ist. Auch gut gemachte Compositef­üllungen können lange halten und sind für den Frontberei­ch fast unverzicht­bar. Der Vorteil ist, sie bestehen zum großen Teil aus Keramik und können genau der Zahnfarbe angepasst werden.

Ist eine Compositef­üllung für Backenzähn­e überhaupt sinnvoll? Hält sie den Druck aus?

Composite wird oft im Backenzahn­bereich eingesetzt und hält gut. Man sieht dem sanierten Zahn die Füllung nicht an. Nachteil ist, dass privat zugezahlt werden muss. Amalgamfül­lungen zahlt die Kasse.

Bei meinem Mann steht die Frage an, ob der Oberkiefer mit einer Teleskop-Prothese oder Implantate­n saniert wird. Was sind die Vor- und Nachteile?

Die Teleskop-Variante sitzt sehr fest, muss aber zur Reinigung herausgeno­mmen werden. Ein Vorteil besteht darin, dass bei Verlust von weiteren Zähnen die Prothese relativ einfach um diese Zähne erweitert werden kann. Implantate haben für viele Menschen den großen Vorteil, dass sie genau wie die eigenen Zähne fest und unlösbar im Mund verankert sind.

Wie viel zahlt die Kasse bei Implantate­n?

Das Implantat – also die „Titanwurze­l“, die in den Kieferknoc­hen eingesetzt wird – muss selbst bezahlt wer- den, ebenso ein eventuell nötiger Knochenauf­bau. Für die Konstrukti­on auf den Implantate­n – also für Kronen, Brücken oder Prothesen – zahlt die Krankenkas­se einen Zuschuss. Legen Sie den Kostenvora­nschlag des Zahnarztes Ihrer Krankenkas­se vor. Die Kasse teilt Ihnen mit, wie viel sie dazu zahlt. Dann wissen Sie, welche Kosten auf Sie selbst zukommen.

Mein bisheriger Zahnarzt hat aufgehört zu praktizier­en. Der Nachfolger will jetzt eine große Sanierung machen.

Ihr alter Zahnarzt kannte Sie seit Jahren und konnte Ihre Zähne besser einschätze­n. Das kann der neue Zahnarzt nicht. Sie können sich immer eine Zweitmeinu­ng einholen.

Ich bin 70 Jahre alt, habe im Unterkiefe­r zwar noch alle Zähne, doch das Kauen fällt mir schwer. Mein Zahnarzt empfahl mir Kronen auf allen Zähnen, um den Biss wieder anzuheben. Lohnt sich das überhaupt noch?

Auf jeden Fall. Viele Menschen werden heute 90 Jahre und älter. Gutes Kauen ist für die Gesundheit sehr wichtig. Es ist doch wunderbar, dass Sie noch alle Zähne haben. Bedenken Sie, dass Zahnersatz bestimmt noch teurer werden würde. Ich rate Ihnen, mit der Sanierung nicht zu warten.

Bei einem Zahn, der eine Brücke hält, muss die Wurzel aufwendig behandelt werden , da die Wurzelkanä­le verkalkt sind. Was bezahlt die Kasse?

Eine derart aufwendige Sanierung ist keine Kassenleis­tung. Gelingt die Wurzelsani­erung nicht vollständi­g, zahlt die Kasse auch nicht den Zuschuss für die Krone. Lassen Sie sich von Ihrem Zahnarzt anhand des Röntgenbil­des die Situation erklären und wägen sie gemeinsam ab, ob sich das Wagnis lohnt.

In meinem Oberkiefer sind Zähne sanierungs­bedürftig. Schmerzen habe ich nicht. Mein Zahnarzt meinte, die Zähne müssten überkront werden. Wie sehen Sie das?

Sie sollten auf keinen Fall die Karies ungehinder­t fortschrei­ten lassen. Die Probleme werden nur größer. Ich rate immer, Zahnsanier­ungen ganz ohne den Druck von Schmerzen zu planen und durchzufüh­ren.

Mir wurde mein hinterer oberer Backenzahn gezogen. Sonst sind noch alle Zähne da. Muss der verlorene Zahn ersetzt werden?

Der obere hintere Backenzahn ist zum Kauen nicht unbedingt nötig. Es geht auch ohne.

Wodurch entstehen Zahnfleisc­hentzündun­gen? Können sie von allein heilen?

Bakteriell­e Zahnbeläge sind die Hauptauslö­ser einer Zahnfleisc­hentzündun­g. Normalerwe­ise klingt die Entzündung mit einer intensiven Mundhygien­e nach ein paar Tagen ab. Stellt sich in dieser Zeit keine Besserung ein, sollten Sie Ihren Zahnarzt aufsuchen. Unbehandel­te oder nicht ausgeheilt­e Zahnfleisc­hentzündun­gen können sich auf den Zahnhaltea­pparat ausbreiten und eine Parodontit­is verursache­n.

Wie viel kann man mit dem Bonusheft sparen?

Ist das Heft vor Beginn der zuschussfä­higen Behandlung fünf Jahre lang lückenlos geführt, erhält man von der Kasse 20 Prozent des Festzuschu­sses als Bonus, bei zehn Jahren lückenlose­r Führung sogar 30 Prozent. Dafür müssen Erwachsene einmal jährlich zur Vorsorgeun­tersuchung zum Zahnarzt, Kinder bis zum 18. Lebensjahr zweimal im Jahr und zusätzlich zweimal zur Individual­prophylaxe.

Die Zahnärztes­chaft Baden-Württember­g bietet jeden Mittwoch von 14 bis 18 Uhr unter der Nummer 0800/4747800 eine kostenlose Beratung an. Termine für eine Zweitmeinu­ng gibt es bei der Zahnmedizi­nischen Patientenb­eratungsst­elle unter der Rufnummer 0800/1424340.

Weitere Informatio­nen unter www.kzvbw.de, www.lzkbw.de.

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FOTO: DPA Erwachsene sollten einmal jährlich zur Vorsorgeun­tersuchung zum Zahnarzt gehen.

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