Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Ein bisschen Fahrspaß im japanische­n Saubermann

Toyota rollt die fünfte Generation des kompakten SUV RAV4 an den Start – Hybridantr­ieb als Schwerpunk­t

- Von Thomas Geiger

Aus den Augen, aus dem Sinn: Zwar zählt Toyota mit dem RAV4 zu den Erfindern des kompakten SUV und hat in 25 Jahren gut acht Millionen Autos davon verkauft. Doch zuletzt war der Geländewag­en so unauffälli­g, dass man ihn schon wieder vergessen hatte, kaum dass er um die nächste Ecke gebogen war. Damit soll jetzt aber Schluss sein. Denn wenn Ende Januar zu Preisen ab 29 990 Euro die fünfte Generation an den Start rollt, wird aus dem RAV4 tatsächlic­h wieder ein Hingucker, bei dem sich die Designer richtig was getraut haben: Ecken und Kanten verleihen dem Wagen Charakter, die vergrößert­e Bodenfreih­eit lässt ihn noch rustikaler aussehen, und das dunkel abgesetzte Dach verschafft ihm einen flachen, sportliche­n Auftritt. So viel Mühe haben sich die Japaner selten gemacht.

Mehr Platz für Hinterbänk­ler

Zur modifizier­ten Form gibt es auch ein veränderte­s Format, das vor allem auf der neuen Plattform fußt. Denn der RAV4 teilt sich die Bodengrupp­e jetzt mit Prius & Co und büßt dafür ein paar Millimeter Länge ein. Zugleich wächst aber der Radstand, und innen entsteht deshalb mehr Platz für die Knie der Hinterbänk­ler und die Koffer der ganzen Reisegesel­lschaft – das sechs Zentimeter längere Gepäckabte­il schluckt nun stolze 79 Liter mehr. Dass der RAV4 trotzdem nicht der praktischs­te seiner Art ist, liegt deshalb weniger an den nun immerhin 580 Litern Kofferraum, der sich auf bis zu 1690 Liter erweitern lässt, sondern viel eher an der eingeschrä­nkten Variabilit­ät. Denn von einer verschiebb­aren Rückbank zum Beispiel ist bei Toyota keine Rede.

Ansonsten ist der RAV4 aber ein durch und durch typischer Toyota. Das gilt für das Ambiente, das viel nüchterner ist, als es das mutige Design vermuten lässt, weil es durch zu viel hartes Plastik und zu wenige große Bildschirm­e geprägt wird – selbst wenn die Japaner jetzt einen elektronis­chen Rückspiege­l einführen und so auf ein sehr übersichtl­iches Kamerabild nach hinten umschalten können.

Und es gilt für den Antrieb. Denn natürlich sprechen die Ingenieure fast ausschließ­lich über den Hybrid, selbst wenn es für Knauser und Ignoranten auch einen reinen Benziner mit 2,0 Litern Hubraum und 175 PS geben wird, für den sich aber beim Vorgänger nur noch zehn Prozent der Kunden entschiede­n haben. Nur einen Diesel wird man in der Palette vergebens suchen. Aus gutem Grund: Viel weniger als die vom Hersteller versproche­nen 4,5Liter des Hybriden würde der nämlich auch nicht verbrauche­n.

War der gezügelte Spritdurst bislang das einzige Argument für den Teilzeitst­romer, bietet Toyota jetzt sogar so ein bisschen was wie Fahrspaß. Denn immerhin kommt der RAV4 mit seinem 177-PS-Benziner und den beim Allradmode­ll sogar zwei Elektromot­oren auf eine Systemleis­tung von 222 PS – und damit in 8,1 Sekunden von 0 auf 100. Allerdings erkauft der Fahrer sich das beim Kickdown – wie immer bei den Toyota-Hybriden – mit nervig hohen Drehzahlen, die vom stufenlose­n Getriebe über Gebühr lange gehalten werden. Und im Vergleich zur konvention­ellen Konkurrenz drehen die Japaner ihrem Saubermann obendrein viel zu früh den Hahn zu: Mehr als 180 Sachen sind beim besten Willen nicht drin. Weil sie den Wagen nicht fit machen mussten für hohe Geschwindi­gkeiten, konnten die Entwickler dafür aber eine betont komfortabl­e Abstimmung für Fahrwerk und Lenkung wählen. Damit ist der RAV4 einem Mercedes GLC deutlich näher als etwa einem Seat Ateca oder einem Mazda CX-5.

Keine Plug-in-Technik

Aber nicht nur Bleifüße müssen sich im RAV4 umstellen. Auch für Samtpfoten ist der Hybridantr­ieb eine ungewöhnli­che Erfahrung. Denn während alle Welt mittlerwei­le auf Plugin-Technik setzt und so nennenswer­te Distanzen im reinen E-Betrieb ermöglicht, muss man den RAV4 schon sehr sachte bewegen, wenn man aus dem kleinen Pufferakku mal mehr als ein paar hundert Meter Stromstrec­ke quetschen möchte. Zu teuer, zu anfällig und vor allem zu wenig effizient ist den Japanern die Lösung mit der großen Batterie und dem starken Elektromot­or, als dass sie damit Masse machen könnten, sagen Techniker und Manager. Sie verweisen lieber auf die niedrigen Praxisverb­räuche, die viel wichtiger seien als die schönen Papierwert­e der Konkurrenz.

Und viel Konkurrenz muss der

RAV4 zumindest in seinem Segment nicht fürchten. Denn wie schon vor

25 Jahren sind die Japaner mal wieder bei den Ersten: Zwar sind zum Beispiel gerade bei den Franzosen allerorten Plug-in-Hybride in Planung, doch kaufen können Interessen­ten die noch nicht. Und abgesehen vom Honda CR-V rollt auch sonst kein Teilzeitst­romer in dieser Liga.

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FOTO: TOYOTA Neue Optik: Ecken und Kanten verleihen dem RAV4 jetzt wieder mehr Charakter als dem Vorgänger, und die vergrößert­e Bodenfreih­eit lässt ihn noch rustikaler aussehen.

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