Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ein bisschen Fahrspaß im japanischen Saubermann
Toyota rollt die fünfte Generation des kompakten SUV RAV4 an den Start – Hybridantrieb als Schwerpunkt
Aus den Augen, aus dem Sinn: Zwar zählt Toyota mit dem RAV4 zu den Erfindern des kompakten SUV und hat in 25 Jahren gut acht Millionen Autos davon verkauft. Doch zuletzt war der Geländewagen so unauffällig, dass man ihn schon wieder vergessen hatte, kaum dass er um die nächste Ecke gebogen war. Damit soll jetzt aber Schluss sein. Denn wenn Ende Januar zu Preisen ab 29 990 Euro die fünfte Generation an den Start rollt, wird aus dem RAV4 tatsächlich wieder ein Hingucker, bei dem sich die Designer richtig was getraut haben: Ecken und Kanten verleihen dem Wagen Charakter, die vergrößerte Bodenfreiheit lässt ihn noch rustikaler aussehen, und das dunkel abgesetzte Dach verschafft ihm einen flachen, sportlichen Auftritt. So viel Mühe haben sich die Japaner selten gemacht.
Mehr Platz für Hinterbänkler
Zur modifizierten Form gibt es auch ein verändertes Format, das vor allem auf der neuen Plattform fußt. Denn der RAV4 teilt sich die Bodengruppe jetzt mit Prius & Co und büßt dafür ein paar Millimeter Länge ein. Zugleich wächst aber der Radstand, und innen entsteht deshalb mehr Platz für die Knie der Hinterbänkler und die Koffer der ganzen Reisegesellschaft – das sechs Zentimeter längere Gepäckabteil schluckt nun stolze 79 Liter mehr. Dass der RAV4 trotzdem nicht der praktischste seiner Art ist, liegt deshalb weniger an den nun immerhin 580 Litern Kofferraum, der sich auf bis zu 1690 Liter erweitern lässt, sondern viel eher an der eingeschränkten Variabilität. Denn von einer verschiebbaren Rückbank zum Beispiel ist bei Toyota keine Rede.
Ansonsten ist der RAV4 aber ein durch und durch typischer Toyota. Das gilt für das Ambiente, das viel nüchterner ist, als es das mutige Design vermuten lässt, weil es durch zu viel hartes Plastik und zu wenige große Bildschirme geprägt wird – selbst wenn die Japaner jetzt einen elektronischen Rückspiegel einführen und so auf ein sehr übersichtliches Kamerabild nach hinten umschalten können.
Und es gilt für den Antrieb. Denn natürlich sprechen die Ingenieure fast ausschließlich über den Hybrid, selbst wenn es für Knauser und Ignoranten auch einen reinen Benziner mit 2,0 Litern Hubraum und 175 PS geben wird, für den sich aber beim Vorgänger nur noch zehn Prozent der Kunden entschieden haben. Nur einen Diesel wird man in der Palette vergebens suchen. Aus gutem Grund: Viel weniger als die vom Hersteller versprochenen 4,5Liter des Hybriden würde der nämlich auch nicht verbrauchen.
War der gezügelte Spritdurst bislang das einzige Argument für den Teilzeitstromer, bietet Toyota jetzt sogar so ein bisschen was wie Fahrspaß. Denn immerhin kommt der RAV4 mit seinem 177-PS-Benziner und den beim Allradmodell sogar zwei Elektromotoren auf eine Systemleistung von 222 PS – und damit in 8,1 Sekunden von 0 auf 100. Allerdings erkauft der Fahrer sich das beim Kickdown – wie immer bei den Toyota-Hybriden – mit nervig hohen Drehzahlen, die vom stufenlosen Getriebe über Gebühr lange gehalten werden. Und im Vergleich zur konventionellen Konkurrenz drehen die Japaner ihrem Saubermann obendrein viel zu früh den Hahn zu: Mehr als 180 Sachen sind beim besten Willen nicht drin. Weil sie den Wagen nicht fit machen mussten für hohe Geschwindigkeiten, konnten die Entwickler dafür aber eine betont komfortable Abstimmung für Fahrwerk und Lenkung wählen. Damit ist der RAV4 einem Mercedes GLC deutlich näher als etwa einem Seat Ateca oder einem Mazda CX-5.
Keine Plug-in-Technik
Aber nicht nur Bleifüße müssen sich im RAV4 umstellen. Auch für Samtpfoten ist der Hybridantrieb eine ungewöhnliche Erfahrung. Denn während alle Welt mittlerweile auf Plugin-Technik setzt und so nennenswerte Distanzen im reinen E-Betrieb ermöglicht, muss man den RAV4 schon sehr sachte bewegen, wenn man aus dem kleinen Pufferakku mal mehr als ein paar hundert Meter Stromstrecke quetschen möchte. Zu teuer, zu anfällig und vor allem zu wenig effizient ist den Japanern die Lösung mit der großen Batterie und dem starken Elektromotor, als dass sie damit Masse machen könnten, sagen Techniker und Manager. Sie verweisen lieber auf die niedrigen Praxisverbräuche, die viel wichtiger seien als die schönen Papierwerte der Konkurrenz.
Und viel Konkurrenz muss der
RAV4 zumindest in seinem Segment nicht fürchten. Denn wie schon vor
25 Jahren sind die Japaner mal wieder bei den Ersten: Zwar sind zum Beispiel gerade bei den Franzosen allerorten Plug-in-Hybride in Planung, doch kaufen können Interessenten die noch nicht. Und abgesehen vom Honda CR-V rollt auch sonst kein Teilzeitstromer in dieser Liga.