Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Trotz Assistenten bleibt der Fahrer verantwortlich
Hersteller haften strafrechtlich nicht für das Versagen von Hilfssystemen im Auto
Tempomat, Spurhalte-, Notbremsoder Parkassistent: Wenn es trotzdem kracht und Menschen verletzt oder getötet werden, können die Hersteller solcher Systeme im Auto strafrechtlich bisher nicht zur Verantwortung gezogen werden. Was müssen Fahrer also beachten?
Die strafrechtliche Verantwortung der Hersteller in diesem Bereich sei ein Thema, das erst in der Zukunft relevant werde, wenn Fahrzeuge sich ganz von alleine steuern, meint Hannes Krämer, Leiter Recht beim Auto Club Europa (ACE). „Derzeit ist in jedem Fall noch immer der Fahrer verantwortlich, unabhängig davon, wie viele Assistenzsysteme ein Fahrzeug hat“, erläutert der Verkehrsjurist.
Wer zum Beispiel den Einparkassistenten eingeschaltet hat oder auf der Autobahn mit AbstandsregelTempomat unterwegs ist, müsse sich immer vor Augen führen: Wenn es kracht, bin ich schuld – und nicht das System, sagt Krämer. Die Frage, ob möglicherweise Hersteller, Konstrukteure oder Systementwickler strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, stelle sich derzeit allenfalls theoretisch, so der ACE-Jurist. „Denn beim automatisierten Fahren sind wir derzeit erst auf Level zwei von sechs.“
Während in der VW-Käfer-Zeit bei Level null noch keinerlei Assistenzsysteme existierten und die Fahrer alles alleine machen mussten, gebe es auf Level eins zum Beispiel den einfachen Tempomaten oder den Notbremsassistenten, welche die Fahrer in manchen Situationen unterstützen könnten, erklärt Krämer. „Auf Level zwei dagegen übernimmt in bestimmten Situationen ein System die Längs- und Querführung des Fahrzeugs.“Das gelte zum Beispiel für den Abstandsregel-Tempomaten und den Spurhalteassistenten. „Dennoch muss der Fahrer beobachten und stets übernahmebereit bleiben“, sagt Krämer. „Wenn das System meldet, dass es nicht mehr kann, zum Beispiel bei Schneefall oder plötzlich auftretendem Nebel, muss der Fahrer übernehmen. Er ist und bleibt auch heute nach dem Gesetz immer verantwortlich.“
„Erst bei Level drei und aufwärts, also wenn Systeme die Verantwortung teilweise übernehmen, muss der Fahrer nicht mehr ununterbrochen überwachen, sondern kann sich zurücklehnen und zum Beispiel Zeitung lesen“, sagt der ACE-Experte. Bis es so weit ist, werde es aber wohl noch dauern.
„Aus diesem Grund ist es nicht nur ratsam, sondern dringend geboten, sich vor Fahrtantritt sorgfältig darüber zu informieren, welche Assistenzsysteme ein Fahrzeug hat, wie sie funktionieren und welches ihre Grenzen sind“, sagt Krämer. Das könne zwar viel Zeit in Anspruch nehmen, weil die entsprechenden Bedienungsanleitungen zum Teil ausgesprochen umfangreich seien. Es sei aber dennoch sinnvoll. „Ob Tempomat, Abstandshalter oder Spurhalter: Ich muss als Nutzer wissen, unter welchen Bedingungen ich ein System einsetzen kann und unter welchen nicht.“(dpa)