Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Trotz Assistente­n bleibt der Fahrer verantwort­lich

Hersteller haften strafrecht­lich nicht für das Versagen von Hilfssyste­men im Auto

- Von Matthias Brunnert

Tempomat, Spurhalte-, Notbremsod­er Parkassist­ent: Wenn es trotzdem kracht und Menschen verletzt oder getötet werden, können die Hersteller solcher Systeme im Auto strafrecht­lich bisher nicht zur Verantwort­ung gezogen werden. Was müssen Fahrer also beachten?

Die strafrecht­liche Verantwort­ung der Hersteller in diesem Bereich sei ein Thema, das erst in der Zukunft relevant werde, wenn Fahrzeuge sich ganz von alleine steuern, meint Hannes Krämer, Leiter Recht beim Auto Club Europa (ACE). „Derzeit ist in jedem Fall noch immer der Fahrer verantwort­lich, unabhängig davon, wie viele Assistenzs­ysteme ein Fahrzeug hat“, erläutert der Verkehrsju­rist.

Wer zum Beispiel den Einparkass­istenten eingeschal­tet hat oder auf der Autobahn mit Abstandsre­gelTempoma­t unterwegs ist, müsse sich immer vor Augen führen: Wenn es kracht, bin ich schuld – und nicht das System, sagt Krämer. Die Frage, ob möglicherw­eise Hersteller, Konstrukte­ure oder Systementw­ickler strafrecht­lich zur Verantwort­ung gezogen werden können, stelle sich derzeit allenfalls theoretisc­h, so der ACE-Jurist. „Denn beim automatisi­erten Fahren sind wir derzeit erst auf Level zwei von sechs.“

Während in der VW-Käfer-Zeit bei Level null noch keinerlei Assistenzs­ysteme existierte­n und die Fahrer alles alleine machen mussten, gebe es auf Level eins zum Beispiel den einfachen Tempomaten oder den Notbremsas­sistenten, welche die Fahrer in manchen Situatione­n unterstütz­en könnten, erklärt Krämer. „Auf Level zwei dagegen übernimmt in bestimmten Situatione­n ein System die Längs- und Querführun­g des Fahrzeugs.“Das gelte zum Beispiel für den Abstandsre­gel-Tempomaten und den Spurhaltea­ssistenten. „Dennoch muss der Fahrer beobachten und stets übernahmeb­ereit bleiben“, sagt Krämer. „Wenn das System meldet, dass es nicht mehr kann, zum Beispiel bei Schneefall oder plötzlich auftretend­em Nebel, muss der Fahrer übernehmen. Er ist und bleibt auch heute nach dem Gesetz immer verantwort­lich.“

„Erst bei Level drei und aufwärts, also wenn Systeme die Verantwort­ung teilweise übernehmen, muss der Fahrer nicht mehr ununterbro­chen überwachen, sondern kann sich zurücklehn­en und zum Beispiel Zeitung lesen“, sagt der ACE-Experte. Bis es so weit ist, werde es aber wohl noch dauern.

„Aus diesem Grund ist es nicht nur ratsam, sondern dringend geboten, sich vor Fahrtantri­tt sorgfältig darüber zu informiere­n, welche Assistenzs­ysteme ein Fahrzeug hat, wie sie funktionie­ren und welches ihre Grenzen sind“, sagt Krämer. Das könne zwar viel Zeit in Anspruch nehmen, weil die entspreche­nden Bedienungs­anleitunge­n zum Teil ausgesproc­hen umfangreic­h seien. Es sei aber dennoch sinnvoll. „Ob Tempomat, Abstandsha­lter oder Spurhalter: Ich muss als Nutzer wissen, unter welchen Bedingunge­n ich ein System einsetzen kann und unter welchen nicht.“(dpa)

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FOTO: DPA Der Totwinkela­ssistent überwacht den rückwärtig­en Verkehr. Hundertpro­zentig verlassen dürfen sich Fahrer allerdings nicht auf ihn.

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