Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Aus der Albtraum: Über Nacht zum Warmduscher
Ende Januar ist endlich der große Tag gekommen: Die Zentralheizung soll in Betrieb gehen. Alle Heizleitungen sind angeschlossen, die Strippen für die Elektrik gezogen, Kleinarbeiten ausgeführt. Grade hat mein Installateur noch den großen 800-Liter-Wasserspeicher gefüllt und nun stehen sie alle da: Kundendienstmonteur, Elektriker, Installateur und auch zwei Mitarbeiter von den Stadtwerken. Die haben eben noch den Gaszähler angeschlossen und warten jetzt, ob das Gas auch dahin strömt, wo es soll: nämlich in den Brenner.
Dieser Brenner ist ein sehr modernes Gerät, ein kleiner Computer. Es dauert seine Zeit, bis der Kundendienstmonteur alle Einstellungen gemacht hat. Da die Installationsfirma erst jüngst auf den schwäbischen Hersteller Weishaupt umgestiegen ist – „weniger Profitgier, dafür mehr Qualität, aber ein wenig teurer“, so der O-Ton meines Handwerkers – muss der Kundendienstmonteur die Hotline anrufen. Das geht flugs und mit der Liveschaltung fährt dann auch der Brenner hoch.
Der Gashahn wird aufgedreht, der Brenner läuft und vom Kamin steigt Rauch auf. Aber wer jetzt geglaubt hat, ich juble und mache eine Flasche Schampus auf, der irrt. Irgendwie wird mir ein wenig wehmütig ums Herz, jetzt habe ich die letzten sieben Monate ohne Zentralheizung gelebt: Keine Wärme vom Heizkörper und kein warmes Wasser – und das soll jetzt auf einen Schlag vorbei sein? Gut, auf Wärme kann ich nicht verzichten, aber die kam vom Kaminofen. Mit kaltem Wasser die Haare waschen ist krass und zieht auf der Kopfhaut, aber härtet anscheinend ab: Ich war bislang kein einziges Mal krank in diesem Winter. Und natürlich ist es bequem, den warmen Wasserhahn aufzudrehen, aber das Spülen ging auch unter Zuhilfenahme des Wasserkochers, der mir ein lauwarmes Gefühl zwischen auf die Schwimmhäute zauberte. Dieses raue, spartanische Lebensgefühl hat mir irgendwie gefallen. Wahrscheinlich deshalb, weil ich mich damit als richtiger Älbler fühlen konnte.
„Jetzt hot´s grad lang g´nuag dauert, bald isch Frühjohr!“, hätte Oma sicherlich gesagt und sich gefreut, dass „d´r Bua net verfriert“, und ich antworte: „Ja Oma, aber schee war´s scho, arg schee! I denk gern z´rück.“Aber seit dem 31. Januar ist es nun vorbei mit diesem besonderen Lebensgefühl. Ich bin über Nacht zum Warmduscher, Thermostataufdreher, Warmspüler und Warmschläfer geworden. Doch Sie können beruhigt sein: Ich werde morgens immer noch um 6 Uhr aufstehen, Feuer machen und zurück ins Bett. Denn diesen Luxus, Wärme vom Kaminofen, leiste ich mir weiterhin – auch mit Zentralheizung!