Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
E-Auto ist bislang kein Erfolgsmodell
Warum bei den Kunden der Gammertinger Autohäuser die Skepsis überwiegt:
GAMMERTINGEN - Zwei neue Ladesäulen am Gammertinger Bahnhof sollen die Lade-Infrastruktur für Elektroautos verbessern. Das scheint auch dringend nötig zu sein, denn in den örtlichen Autohäusern ist die Nachfrage nach Alternativen zum Benzin- oder Dieselantrieb weiterhin verschwindend gering. Doch die Anzahl der Ladesäulen ist nicht der einzige Grund, warum die Kunden äußerst skeptisch sind.
Ob VW, Opel oder Peugeot: In allen drei Gammertinger Autohäusern spielen Elektroautos so gut wie keine Rolle. Das gilt auch für die HybridVarianten, die teilweise mit Treibstoff und teilweise elektrisch angetrieben werden. „Am Thema interessiert sind viele Autofahrer schon“, sagt Ellen Lanz, die im Opel-Autohaus ihres Mannes Sascha mitarbeitet. „Aber am Mut, sich tatsächlich ein Elektroauto zu kaufen, fehlt es.“Die Gründe dafür seien vielfältig. So funktioniere das Aufladen der Akkus mit der Weiterentwicklung der Technik zwar immer schneller. „Aber bei längeren Reisen muss man trotzdem noch ein längeres Zeitfenster einplanen.“
Vom Boom ist nichts zu spüren
Doch auch beim Preis, bei der Reichweite und bei der Lade-Infrastruktur sind die Kunden weiterhin skeptisch. „Bei uns ist die Nachfrage nach wie vor gering“, sagt deshalb auch Frank Straub, Geschäftsführer des Peugeot-Autohauses. „Von einem angeblichen Boom bei Elektroautos merken wir so gut wie nichts.“Und auch bei VW sieht die Situation nicht viel anders aus: „Die Nachfrage ist mehr als gering“, sagt Dieter Ganser, Betriebsleiter des Autohauses Bauschatz. „Vor allem im ländlichen Raum werden es Elektroautos meiner Meinung nach auch in Zukunft schwer haben.“
Lediglich bei Toyota ist in den vergangenen Jahren ein Umdenken spürbar gewesen. Allerdings nimmt der Hersteller mit seinen HybridFahrzeugen, die nicht extern aufgeladen werden müssen, auch eine Sonderrolle ein. „Mittlerweile verfügen 60 bis 70 Prozent der Autos, die wir verkaufen, über einen Hybrid-Antrieb“, sagt Christoph Herre vom Toyota-Autohaus. Einen Grund für das größere Interesse sieht er unter anderem in der Vorreiterrolle, die Toyota bei der Entwicklung alternativer Antriebe eingenommen habe. „Profitiert haben wir aber auch von der Diesel-Krise“, sagt Herre.
Heizungsbaumeister testet Hybrid
Doch auch wenn unterm Strich offenbar die Skepsis überwiegt: Der eine oder andere Gammertinger steht der Elektromobilität auch aufgeschlossen gegenüber. Dazu zählt beispielsweise Heizungsbaumeister James Zilk, der zumindest der HybridVariante eine Chance geben wollte. „Funktioniert das? Bewährt sich das im Alltag? Das wollte ich selbst herausfinden“, sagt er. Weil er beruflich viel mit Energie und Umwelttechnik zu tun habe, sei er auch am Thema Elektromobilität interessiert.
Um das Aufladen des Audi-Hybrids, den seine Frau Maria als Dienstwagen nutzt, muss sich James Zilk aber auch keine Gedanken machen: Seine Firma verfügt sowohl über eine Photovoltaikanlage als auch über eine eigene Ladesäule. Auch deshalb fällt das Fazit gut ein Jahr nach der Anschaffung positiv aus. „Das Auto ist leise und schnell. Das Fahren macht richtig Spaß“, sagt James Zilk. Aber komplett auf elektrischen Antrieb umsteigen? Da ist auch er skeptisch. „Ist die Batterie leer, fährt der Hybrid mit Benzin weiter – deshalb müssen wir uns über die Reichweite keine großen Gedanken machen.“
Gammertingens Bürgermeister Holger Jerg zum Beispiel ist grundsätzlich davon überzeugt, dass dem elektronischen Antrieb die Zukunft gehört. „Fossile Brennstoffe sind nunmal endlich und wir müssen etwas fürs Klima tun“, sagte er bei der offiziellen Einweihung der beiden Ladesäulen am Bahnhof am Dienstag. „Je besser die Lade-Infrastruktur aussieht, desto mehr Elektroautos werden auch verkauft.“
Ähnlich äußerte sich Marco Auer, Betriebsleiter des Autohauses Bauschatz in Sigmaringen. „Wir reden nicht über eine Entwicklung für die ferne Zukunft, sondern stecken mittendrin“, sagte er. „Wasserstoff zum Beispiel wird zumindest in den nächsten zehn Jahren keine Alternative zur Elektromobilität darstellen.“
Zumindest als Zweitwagen erfülle ein Elektroauto heute oft schon alle nötigen Anforderungen, sagte Stefan Dangel, Kommunalberater beim Energieversorger EnBW. Investitionen in die Lade-Infrastruktur könnten das Interesse weiter ansteigen lassen. Luft nach oben gibt es zurzeit offenbar noch reichlich.