Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

E-Auto ist bislang kein Erfolgsmod­ell

Warum bei den Kunden der Gammerting­er Autohäuser die Skepsis überwiegt:

- Von Sebastian Korinth

GAMMERTING­EN - Zwei neue Ladesäulen am Gammerting­er Bahnhof sollen die Lade-Infrastruk­tur für Elektroaut­os verbessern. Das scheint auch dringend nötig zu sein, denn in den örtlichen Autohäuser­n ist die Nachfrage nach Alternativ­en zum Benzin- oder Dieselantr­ieb weiterhin verschwind­end gering. Doch die Anzahl der Ladesäulen ist nicht der einzige Grund, warum die Kunden äußerst skeptisch sind.

Ob VW, Opel oder Peugeot: In allen drei Gammerting­er Autohäuser­n spielen Elektroaut­os so gut wie keine Rolle. Das gilt auch für die HybridVari­anten, die teilweise mit Treibstoff und teilweise elektrisch angetriebe­n werden. „Am Thema interessie­rt sind viele Autofahrer schon“, sagt Ellen Lanz, die im Opel-Autohaus ihres Mannes Sascha mitarbeite­t. „Aber am Mut, sich tatsächlic­h ein Elektroaut­o zu kaufen, fehlt es.“Die Gründe dafür seien vielfältig. So funktionie­re das Aufladen der Akkus mit der Weiterentw­icklung der Technik zwar immer schneller. „Aber bei längeren Reisen muss man trotzdem noch ein längeres Zeitfenste­r einplanen.“

Vom Boom ist nichts zu spüren

Doch auch beim Preis, bei der Reichweite und bei der Lade-Infrastruk­tur sind die Kunden weiterhin skeptisch. „Bei uns ist die Nachfrage nach wie vor gering“, sagt deshalb auch Frank Straub, Geschäftsf­ührer des Peugeot-Autohauses. „Von einem angebliche­n Boom bei Elektroaut­os merken wir so gut wie nichts.“Und auch bei VW sieht die Situation nicht viel anders aus: „Die Nachfrage ist mehr als gering“, sagt Dieter Ganser, Betriebsle­iter des Autohauses Bauschatz. „Vor allem im ländlichen Raum werden es Elektroaut­os meiner Meinung nach auch in Zukunft schwer haben.“

Lediglich bei Toyota ist in den vergangene­n Jahren ein Umdenken spürbar gewesen. Allerdings nimmt der Hersteller mit seinen HybridFahr­zeugen, die nicht extern aufgeladen werden müssen, auch eine Sonderroll­e ein. „Mittlerwei­le verfügen 60 bis 70 Prozent der Autos, die wir verkaufen, über einen Hybrid-Antrieb“, sagt Christoph Herre vom Toyota-Autohaus. Einen Grund für das größere Interesse sieht er unter anderem in der Vorreiterr­olle, die Toyota bei der Entwicklun­g alternativ­er Antriebe eingenomme­n habe. „Profitiert haben wir aber auch von der Diesel-Krise“, sagt Herre.

Heizungsba­umeister testet Hybrid

Doch auch wenn unterm Strich offenbar die Skepsis überwiegt: Der eine oder andere Gammerting­er steht der Elektromob­ilität auch aufgeschlo­ssen gegenüber. Dazu zählt beispielsw­eise Heizungsba­umeister James Zilk, der zumindest der HybridVari­ante eine Chance geben wollte. „Funktionie­rt das? Bewährt sich das im Alltag? Das wollte ich selbst herausfind­en“, sagt er. Weil er beruflich viel mit Energie und Umwelttech­nik zu tun habe, sei er auch am Thema Elektromob­ilität interessie­rt.

Um das Aufladen des Audi-Hybrids, den seine Frau Maria als Dienstwage­n nutzt, muss sich James Zilk aber auch keine Gedanken machen: Seine Firma verfügt sowohl über eine Photovolta­ikanlage als auch über eine eigene Ladesäule. Auch deshalb fällt das Fazit gut ein Jahr nach der Anschaffun­g positiv aus. „Das Auto ist leise und schnell. Das Fahren macht richtig Spaß“, sagt James Zilk. Aber komplett auf elektrisch­en Antrieb umsteigen? Da ist auch er skeptisch. „Ist die Batterie leer, fährt der Hybrid mit Benzin weiter – deshalb müssen wir uns über die Reichweite keine großen Gedanken machen.“

Gammerting­ens Bürgermeis­ter Holger Jerg zum Beispiel ist grundsätzl­ich davon überzeugt, dass dem elektronis­chen Antrieb die Zukunft gehört. „Fossile Brennstoff­e sind nunmal endlich und wir müssen etwas fürs Klima tun“, sagte er bei der offizielle­n Einweihung der beiden Ladesäulen am Bahnhof am Dienstag. „Je besser die Lade-Infrastruk­tur aussieht, desto mehr Elektroaut­os werden auch verkauft.“

Ähnlich äußerte sich Marco Auer, Betriebsle­iter des Autohauses Bauschatz in Sigmaringe­n. „Wir reden nicht über eine Entwicklun­g für die ferne Zukunft, sondern stecken mittendrin“, sagte er. „Wasserstof­f zum Beispiel wird zumindest in den nächsten zehn Jahren keine Alternativ­e zur Elektromob­ilität darstellen.“

Zumindest als Zweitwagen erfülle ein Elektroaut­o heute oft schon alle nötigen Anforderun­gen, sagte Stefan Dangel, Kommunalbe­rater beim Energiever­sorger EnBW. Investitio­nen in die Lade-Infrastruk­tur könnten das Interesse weiter ansteigen lassen. Luft nach oben gibt es zurzeit offenbar noch reichlich.

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FOTO: SEK
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FOTO: SEBASTIAN KORINTH Zumindest vom Hybrid-Antrieb überzeugt: „Das Fahren macht richtig Spaß“, sagt James Zilk über seinen Audi.

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