Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Die Nachfrage nach exotischen Baukörpern geht zurück“

Experte Christoph Windscheif spricht über aktuelle Trends bei Häusern – Warum es bei der Optik eher wenig Veränderun­gen gibt

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BAD HONNEF (dpa) - Wie in der Mode, so gibt es auch bei den Häusern Veränderun­gen – auch wenn diese viel langsamer geschehen. Trotzdem lässt sich sagen: Neubaugebi­ete, die gerade entstehen und in den letzten Jahren entstanden sind, sehen zum Teil ganz anders aus als solche von Anfang des Jahrtausen­ds. Wohin geht aktuell die Entwicklun­g, fragt der dpa-Themendien­st Christoph Windscheif, Pressespre­cher vom Bundesverb­and Deutscher Fertigbau.

Wenn Kinder Häuser zeichnen, sind diese rechteckig mit einem spitzen Dach in Rot. Ist das noch das Bild, das man in neuen Baugebiete­n bekommt?

Das passt. Die Dächer sind zwar nicht mehr unbedingt rot, da gibt es inzwischen eine etwas größere farbliche Varianz. Sie werden aktuell gerne dunkel eingedeckt, etwa anthrazit. Und die Dächer werden tendenziel­l flacher. Denn fast jedes Haus bekommt heutzutage eine Photovolta­ikanlage, die bei flacher Dachneigun­g höhere Erträge liefern. Aber im Prinzip, wenn man den ganz großen Bogen spannt, zeigt das Kinderbild nach wie vor die bevorzugte Bauform.

Warum gibt es hier nur kleine Veränderun­gen?

Das liegt nicht nur daran, dass die Leute den rechteckig­en Grundriss so toll finden. Das ist begründet im Zuschnitt der Grundstück­e. In einer typischen Wohnsiedlu­ng stehen Reioft henhäuser und ein paar freistehen­de Einfamilie­nhäuser. Darauf sind die Grundstück­e zugeschnit­ten, sie sind oft schmal und lang. Für die optimale Flächenaus­nutzung stellt man ein Rechteck darauf.

Wir merken auch, dass die Nachfrage nach exotischen Baukörpern wieder zurückgeht – in Richtung ganz einfach, ganz schlicht, so dass die Fläche optimal ausgenutzt wird. Deswegen ist die Kinderzeic­hnung, das Rechteck mit dem Satteldach, nach wie vor die häufigste Bauform.

Die Baufirmen werben auch vermehrt mit Bungalows oder mehrgescho­ssigen Townhouses. Welche Kundschaft sprechen sie an?

In den Ballungsrä­umen, die dichter besiedelt sind, gibt es Baulücken, die geschlosse­n werden müssen. Da ist ein schmales Haus mit mehreren Geschossen die bevorzugte Form. Auch der Bungalow kommt an. Wohnen auf einer Ebene ist sehr gefragt, aber vor allem da, wo genug Platz vorhanden ist – auf dem Land. Und das hängt oft mit der Altersstru­ktur der Bauherren zusammen.

Es ist also auch eine Preisfrage?

Wenn man sich das statistisc­h ansieht, findet man tendenziel­l kleinere, kompaktere Häuser als in der Vergangenh­eit, weil die Quadratmet­erpreise für die Grundstück­e steigen. Aber das darf man natürlich nicht über einen Kamm scheren. Es gibt auch Gegenden, wo genügend Fläche zur Verfügung steht und dort bauen die Leute, die es sich leisten können, gerne auf einer Ebene und ein bisschen großzügige­r.

Unter anderem die Art des Daches oder die Ausrichtun­g der Häuser sind bislang häufig an strenge Bebauungsp­läne der Kommunen gebunden. Was berichten Ihre Verbandsmi­tglieder: Öffnen sich immer mehr Kommunen für neue Bauformen?

Man hört unterschie­dliche Dinge. Grundsätzl­ich kann man sagen, je älter der Bebauungsp­lan ist – der Bebauungsp­lan wird ja nicht immer neu aufgestell­t, sondern es wird ja viel in bestehende Wohngebiet­e reingebaut – desto strenger ist er und, ich sage es mal so, inhaltlich überholt. Etwa die Farbe der Dächer. Tendenziel­l ist diese in den alten Bebauungsp­länen geregelt und in den neuen gibt es mehr Freiheiten. Was wir aber zugleich auch hören: Manche Bebauungsp­läne werden immer detaillier­ter. Ein Bauunterne­hmer berichtete mir jetzt von 65 Seiten B-Plan, den er zu beachten hat. Das ist schon sehr, sehr viel. Zwar kann man Befreiunge­n und Ausnahmen erreichen, aber man hört, dass das sehr aufwendig und teuer ist und lange dauert.

Was heißt das für Bauherren, die einen Hausbau planen? Gerade für jene, die in Regionen ansiedeln wollen, wo es einen harten Konkurrenz­kampf um günstige Bauplätze gibt – und man sich nicht die Orte mit den flexiblere­n Regelungen herauspick­en kann.

Ich ermutige erst mal jeden Bauherren, von seinen eigenen Wünschen, Bedürfniss­en und Plänen auszugehen. Und sich dann gemeinsam mit dem Bauunterne­hmen in der Beratung den Bebauungsp­lan anzuschaue­n und zu klären, was lässt sich verwirklic­hen, was lässt sich eventuell noch über das Gespräch mit der Stadt oder Gemeinde umsetzen oder was geht gar nicht. Als Bauherr muss man kompromiss­bereit sein.

Gehen wir in das Haus. In den vergangene­n Jahren haben sich die Küchen zum Wohnraum geöffnet. Bleibt das so?

Ja, ganz klar. Offenes Wohnen bleibt. Das ist ein langfristi­ger Trend, der mit dem Bedürfnis nach Freiheit zusammenhä­ngt. Man möchte sich nicht festlegen, man möchte sich viele Optionen offen halten, wenn die Bedürfniss­e sich ändern. Ganz typisch dafür ist auch das Kinderzimm­er. Das brauche ich vielleicht erst mal länger nicht und es kann in einem anderen Raum aufgehen. Und wenn ich es dann doch brauche, müssen sich die Räume so umgestalte­n lassen, dass man ein zusätzlich­es Zimmer abtrennen kann.

Und beim Bad und Schlafzimm­er?

Beim Bad hatten wir eine Zeit lang den Trend, dass es mehr oder weniger im Schlafzimm­er angesiedel­t ist – das kennt man ja aus Hotels. Wir merken, dass der Trend im Eigenheim ein wenig auf dem Rückzug ist. Denn hier wünschen sich die Leute dann oft ein bisschen mehr Privatsphä­re. Was gerade total angesagt ist bei Bauherren, ist ein eigenes Bad für die Kinder. So wie man früher vielleicht ein Gästebad mit eingeplant hat, ist das jetzt das Kinder-Bad.

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FOTO: SONNLEITNE­R HOLZBAUWER­KE Für ungewöhnli­che Bauformen gibt es in neueren Bebauungsp­länen inzwischen häufiger einen Platz.
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FOTO: EMILIYAN FRENCHEV Anthrazitf­arbene Dächer sind aktuell beliebt - darüber hinaus auch Solaranlag­en.
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FOTO: FLORIAN SCHUH Tendenziel­l höhere Townhouses sind gerade in Städten, wo Bauplätze teuer sind, eine beliebte Bauform.
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FOTO: MARTIN DUCKEK Offene Grundrisse sind ein langfristi­ger Trend.
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FOTO: LUXHAUS Ein neuer Bautrend ist ein zweites Bad gezielt für die Kinder.

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