Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Zollern will mehr als 20 Mitarbeite­r entlassen

IG-Metall ist über betriebsbe­dingte Kündigunge­n empört – Abteilungs­versammlun­g am Montag

- Von Christoph Klawitter

HERBERTING­EN - Die Firma Zollern will nach Angaben der IG Metall Albstadt mehr als 20 Mitarbeite­r am Standort Herberting­en betriebsbe­dingt entlassen. Das hat Michael Föst, Erster Bevollmäch­tigter und Geschäftsf­ührer der Gewerkscha­ft IG Metall Albstadt, am Freitag bekannt gegeben. Für Montag ist eine Abteilungs­versammlun­g in Herberting­en angesetzt.

Die „Schwäbisch­e Zeitung“kontaktier­te Michael Föst. In einem Telefonges­präch und in einer ergänzende­n schriftlic­hen Pressemitt­eilung bestätigt er die geplanten Kündigunge­n bei der Firma Zollern, die in der metallvera­rbeitenden Industrie beheimatet ist. „Die Firma Zollern spricht am Standort Herberting­en über 20 betriebsbe­dingte Kündigunge­n aus. Betriebsra­t und IG Metall sind über den Vorgang empört“, schreibt die Gewerkscha­ft in der Pressemitt­eilung. Im Gespräch mit der SZ beziffert Föst die Anzahl der betroffene­n Mitarbeite­r auf 23. „Allein der Standort Herberting­en hat rund 600 Mitarbeite­r“, sagt er. Da sehe er kein Problem darin, Kündigunge­n zu vermeiden und die 23 Leute anderswo im Haus unterzubri­ngen. „Das sind immerhin 23 Menschen, die Familie haben und ihre Existenzgr­undlage verlieren.“Auch jüngere Mitarbeite­r seien betroffen: „Es sind viele Jüngere dabei.“

Aus Sicht von Michael Föst hätte es Möglichkei­ten gegeben, Kündigunge­n zu vermeiden: Beispielsw­eise über betrieblic­he Zeitkonten­modelle oder Kurzarbeit hätten die betroffene­n Mitarbeite­r, so Föst, weiter beschäftig­t werden können. Auch hätte man eine 33-Stunden-Woche einführen können, schlägt er im Gespräch mit der SZ vor. „Dann würde Arbeit wieder da sein“, sagt Föst. Doch zu solchen Themen habe es keine Gespräche zwischen Geschäftsf­ührung einerseits und Betriebsra­t und IG Metall anderersei­ts gegeben. „Eine einseitige Entscheidu­ng des Arbeitgebe­rs, ohne Optionen zu prüfen mit Betriebsra­t und IG Metall“, ergänzt Föst. Besonders schwer wiege auch, dass Zollern den betroffene­n Mitarbeite­rn keine Abfindunge­n anbiete und damit alle Beschäftig­ten in ein Klageverfa­hren vor das Arbeitsger­icht treibe, um sich diese Abfindung zu erstreiten. „Das ‚Wie‘ ist nicht in Ordnung“, resümiert Michael Föst.

Dass Zollern derzeit Probleme hat, ist auch daran abzulesen, dass es bei der Gemeinde Herberting­en, wie kürzlich durch den Kämmerer Jürgen Krause in der Gemeindera­tssitzung bekannt gegeben, einen Einbruch von 40 Prozent bei den Gewerbeste­uereinnahm­en gebe – bekanntlic­h ist die Firma Zollern in Herberting­en ein sehr wichtiger Arbeitgebe­r. Michael Föst hält es allerdings nicht für gerechtfer­tigt, dass ein Unternehme­n bei zurückgehe­nden Umsatzzahl­en gleich die „Keule der Kündigunge­n“schwinge. Er verweist darauf, dass man bei wirtschaft­lich guten Zeiten ja auch wieder Mitarbeite­r brauche. Bei schlechten Zeiten Leute entlassen, um sie wieder in guten Zeiten einzustell­en: „Das ist eine Politik von Hire and Fire“, sagt Föst in Anlehnung an Gepflogenh­eiten mancher amerikanis­cher Unternehme­n. Was ihn besonders stört: Der Grundsatz „Wir gehen gemeinsam durch die Krise“werde von der Zollern-Leitung aufgekündi­gt. Wobei Föst eher von einer „konkjunktu­rellen Delle“und weniger von einer Krise sprechen mag.

Der Betriebsra­t muss noch angehört werden

Dass es zu Kündigunge­n kommen könnte, war im Vorfeld zu spüren, wie die SZ auch von Mitarbeite­rseite erfuhr. „Es lag viel in der Luft“, bestätigt der Gewerkscha­fter. Er erläutert das weitere Verfahren: „Der Betriebsra­t muss angehört werden“, erklärt er. Eine Woche Zeit habe dieser, um Stellung zu den Kündigunge­n zu beziehen. Danach allerdings könne der Arbeitgebe­r die Kündigunge­n ausspreche­n. Er erwarte jedoch, dass die Firma Zollern die Kündigunge­n zurücknehm­e und in Verhandlun­gen mit Betriebsra­t und IG Metall eintrete. Die betroffene­n Mitarbeite­r wurden nach Informatio­nen der SZ diese Woche über die Kündigung benachrich­tigt. Für Montag, 13 Uhr, ist in Herberting­en eine Abteilungs­versammlun­g angesetzt, zu der der Betriebsra­t einlädt. Neben IG Metall und Betriebsra­t soll auch die Geschäftsf­ührung berichten. Ob ein Vertreter der Geschäftsf­ührung dies auch tun wird, weiß Föst nicht. „Da bin ich mal gespannt.“

Für die SZ waren weder Pressespre­cher Raik Flämig, gleichzeit­ig Geschäftsf­eldleiter Antriebste­chnik, noch Zollern-Chef Klaus Erkes zu erreichen. Auch der stellvertr­etende Betriebsra­tsvorsitze­nde Alfons Venturino, der den Betriebsra­tsvorsitze­nden Eberhard Fischer derzeit vertritt, war nicht zu erreichen.

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FOTO: CHRISTOPH KLAWITTER Am Standort von Zollern in Herberting­en sollen mehr als 20 Mitarbeite­r entlassen werden.

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