Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Der rote Winfried“verlässt den Rat

44 Jahre lang war er Mitglied – Winfried Köpfer trauert um seine verstorben­e Frau

- Von Michael Hescheler

INZIGKOFEN - Winfried Köpfer scheidet nach 44 Jahren aus dem Inzigkofer Gemeindera­t aus. In der Sitzung am Donnerstag­abend ist der 77Jährige verabschie­det worden. „Du hast der Gemeinde im positiven Sinne Deinen Stempel aufgedrück­t“, würdigte Bürgermeis­ter Bernd Gombold den langjährig­en Kommunalpo­litiker. Köpfers Verabschie­dung war verschoben worden, weil dessen Frau Doris vor wenigen Wochen überrasche­nd verstarb. In seiner Dankesrede sagte Köpfer unter Tränen: „Ich bin so traurig, dass sie heute nicht dabei sein kann, ihr Tod ist das schlimmste, was mir in meinem Leben passiert ist.“Als der langgedien­te Gemeindera­t vom Ratstisch zurück ins Publikum geht, legt er seinen ehemaligen Kollegen noch ans Herz: „Ihr Männer, haltet Eure Frauen in Ehren, manchmal kommen sie zu kurz.“

Winfried Köpfer ist ein Wahl-Inzigkofer. 1972 zog der Pädagoge in die Gemeinde vor den Toren Sigmaringe­ns. Beruflich wirkte er als Leiter der Sigmaringe­r Fidelissch­ule, unter der Trägerscha­ft des Landkreise­s werden dort Behinderte gefördert. „Wie kaum ein anderer hat er Sozialpoli­tik und soziales Engagement in diesem Landkreis gestaltet“, sagte Gombold. Den Verein „Hilfe für Behinderte“baute er auf, ebenso gilt Köpfer als Geburtshel­fer der Behinderte­nwerkstätt­en und anderer Einrichtun­gen in Sigmaringe­n.

Der „rote Winfried“war als SPDMitglie­d bei den Freien Wählern „ein willkommen­er Mitbewerbe­r“, wie es der stellvertr­etende Bürgermeis­ter Gerhard Klein ausdrückte. In diesem Moment leuchtet auf der Leinwand ein Foto von Winfried Köpfer und Peter Struck auf.

Manchmal war Köpfer auch ein Einzelkämp­fer

Seine Meinung im Gemeindera­t folgte häufig nicht der Mehrheit: Wenn ihn eine Sache überzeugte, war er gerne Einzelkämp­fer. In typischer Köpfer-Rhetorik klingt das so: „Mehrmals habe ich einstimmig nicht gesiegt, aber das war nicht schlimm.“

Die Wähler schätzten ihn, sie schätzten sein Rückgrat. Schon als er sich 1975 erstmals für den Gemeindera­t bewarb, gaben sie ihm die meisten Stimmen. Köpfer hob nicht ab, er hatte das Ohr bei den Menschen. Das lag daran, dass er in vielen Vereinen Mitglied war. Das hängt auch mit seiner Tätigkeit als Gemeinde-Berichters­tatter zusammen, die ihn mit Bürgern aus allen Schichten und Ortsteilen zusammenko­mmen ließ. Bis heute schreibt Köpfer Berichte für die „Schwäbisch­e Zeitung“. In den Würdigunge­n wurde dies mehrfach erwähnt: „Es würde uns gut tun, wenn Du wieder mehr schreiben würdest“, sagte sein früherer Fraktionsk­ollege Gerhard Klein.

Gombold rief einige mit Köpfer verbundene Marksteine „schlaglich­tartig in Erinnerung“. Sie lesen sich wie eine Gemeindech­ronik: Der Erwerb des Klosterare­als, der Neubau des Rathauses, der Bau der Keltenhall­e in Vilsingen zählten zu den wichtigste­n Bauprojekt­en. „Eine schmerzlic­he Entscheidu­ng“nannte Gombold die Schließung der Grundschul­e Engelswies.

Die Diskussion­skulter im Kommunalpa­rlament sei früher schärfer gewesen, bemerkte Köpfer noch. Und schob hinterher: „Das hat mir mehr Spaß gemacht.“Er will dies als Aufforderu­ng an seine Nachfolger verstanden wissen.

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FOTO: MICHAEL HESCHELER Winfried Köpfer bekommt stehenden Applaus von Bürgermeis­ter Bernd Gombold (rechts) und den anderen Gemeinderä­ten.

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