Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ich will Trauernden individuell begegnen“
Sascha Kraft öffnet am 28. und 29. September sein Bestattungshaus in Enzkofen
ENZKOFEN - Schon im Grundschulalter hat der Tod ihn fasziniert. Mit 17 hat Sascha Kraft eine Ausbildung als Bestatter begonnen. Jetzt ist er 28 Jahre alt, hat seinen Meisterbrief in der Tasche und das Haus seiner Großeltern in Enzkofen zu einem Bestattungshaus umgebaut. Weil er den Menschen die Berührungsängste mit Tod und Bestattung nehmen möchte, lädt er mit seiner Familie am 28. und 29. September zu einem Wochenende der offenen Tür ein.
„Als ich mich zu Beerdigungen immer auf den Friedhof geschlichen habe, haben meine Eltern ja immer gehofft, dass es nur eine Phase ist und vorbeigeht“, gibt Sascha Kraft offen zu. Ihn habe einfach interessiert, was hinter den Kulissen abläuft. Ein auslösendes Erlebnis, wie den Tod eines nahen Verwandten, hätte es nicht gegeben. Elke und Alfons Kraft, die Eltern von Sascha Kraft, hätten dann aber seine Ausbildungsphase sehr intensiv begleitet. „Sie wollten wissen, wie ich mich damit fühle, verstorbene Menschen herzurichten und Beratungsgespräche mit den Angehörigen zu führen.“Weil er seine Ausbildung in Bayern absolvierte, hätten sie viel telefoniert. „Irgendwann sind sie mit den Themen selbst so vertraut gewesen, dass für sie klar war, dass sie mich auch aktiv unterstützen, wenn ich mich selbständig mache“, sagt er. Heute übernimmt seine Mutter Beratungsgespräche, sein Vater begleitet Trauerfeiern und kümmert sich um Überführungen.
Weil ihm aber wichtig gewesen sei, erst die Arbeitsweisen von weiteren Bestattern kennenzulernen und Erfahrungen zu sammeln, hat es mit der Selbständigkeit noch bis 2018 gedauert. „Dass man in einem so sensiblen Arbeitsbereich keine Ausbildung braucht, um als Bestatter arbeiten zu können, finde ich persönlich nicht gut“, sagt Kraft. Deshalb legt er Wert auf Fortbildungen und hat den Meister gemacht. „Ich weiß jetzt nicht nur, wie ich meine Arbeit nicht machen möchte, sondern auch, was meine Philosophie ist“, sagt er. „Abschiede sind Herzenssache“, heißt es auf seiner Homepage. „Und genauso möchte ich jedem Trauerfall individuell gerecht werden“, so Kraft. „Jeder empfindet den Tod eines geliebten Menschen anders und deshalb sollte auch bei Bestattungen darauf eingegangen werden können.“
Ungeduld ist fehl am Platz
Das könne auch bedeuten, dass ein Angehöriger mehrere Beratungsgespräche brauche, bis er sich entschieden habe. „Es gibt Trauernde, die in ihren Meinungen stark schwanken oder keine klaren Gedanken fassen können“, sagt Kraft. „Ein ungeduldiger Bestatter würde die Angehörigen vielleicht in eine Richtung drängen, die sie eigentlich gar nicht wollen.“ Das würde er genauso wenig tun wie mit Gärtnereien oder Trauerrednern Provisionsverträge abschließen. „Das kann ich moralisch nicht gut heißen.“
Besonders schwer würden Gespräche immer dann verlaufen, wenn ein Mensch plötzlich aus dem Leben gerissen würde: Kinder, Selbstmorde oder Unfälle. „Wenn ich jemanden persönlich gut gekannt habe oder mich ein Schicksal sehr berührt, kann es schon sein, dass ich auch in Tränen ausbreche und mitweine“, sagt Kraft. „Aber dann fasse ich mich wieder und unterstütze die Familie, so gut es geht.“Seine Art ist bisher bei den Trauernden, die er begleitet hat, sehr gut angekommen. „Ich habe viele positive Rückmeldungen bekommen und bekomme auch Aufträge aus den umliegenden Gemeinden bis nach Ravensburg“, sagt er.
Sein Bestattungshaus öffnet Sascha Kraft aber nicht nur, um die Hemmschwelle zu senken, die viele beim Thema Bestattung haben. „Es sollen sich auch alle das sagenumwobene Haus angucken können, um das es so einen langen Rechtsstreit gegeben hat“, sagt er. Weil ein Nachbar mit den Verstorbenen in der Nähe Probleme hatte, Einspruch gegen Baugesuch und Baugenehmigung eingereicht hatte, musste der Fall am Ende vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim geklärt werden. „Es tut mir leid, dass es so weit kommen musste“, sagt Kraft, der am Ende Recht bekam.