Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Ensemble trägt Lieder der Hildegard von Bingen vor
Im Kloster Beuron erklingen Kompositionen und Texte der Nonne aus dem Mittelalter
BEURON (sz) - Das Ensemble BlanscheFlur aus Überlingen mit Claire Marie Dreiseitl, Christine Kallenberg und Sarah Kellogg hat im Festsaal der Erzabtei St. Martin zu Beuron gesungen und gespielt. Dabei erklangen Hymnen (Lieder) der Benediktinerin Hildegard von Bingen (1098 – 1179) und anderer mittelalterlichen Autoren.
Die Sängerinnen brachten alte Instrumente zum Einsatz: So ein Portrativ (eine Art Miniorgel), Flöten, Fideln, Pauken, Gittern und Harfe, wie sie schon im 11. und 12. Jahrhundert benutzt wurden. Im „Lob der Dreieinigkeit“(Laus Trinitati) wird die christliche Dogmatik in Musik umgesetzt und „die Dreifaltigkeit als Klang, Leben und Schöpferin aller und als das Leben aller“besungen.
Die Benediktinerin ist nicht nur die Dichterin dieses Textes, sondern auch die Komponistin der äußerst anspruchsvollen Vertonung im gregorianischen Stil. Sie sah die Musik gleichsam als Heilmittel und Katalysator für die Empfänglichkeit der Menschen für das Höhere an. Der Hymnus „O ignee Spiritus laus tibi sit qui in tympanis et citharis operaris“(O Feuergeist, Lob sei Dir, der Du in Pauken und Zithern wohnst“) stellt in Text und Ton gesungenen Glauben dar.
In den 77 Hymnen, die ihr zugeschrieben werden, liegt eine ungewöhnliche Kraft, die heute noch Menschen in ihren Bann zieht. Einzeln oder gemeinsam, in Begleitung mit Instrumenten oder a cappella kamen 14 Musikstücke zum Vortrag. Dazwischen eingestreut waren kurze historische Informationen zur Person der Dichterin und zur Charakteristik der mittelalterlichen Gregorianik, von Bruder Jakobus Kaffanke OSB und Sarah Kellogg gesprochen.
Hildegard von Bingen wurde nach einem langen Prozess von Bewunderung und Vergessen, am 7. Oktober
2012 zur Kirchenlehrerin der römischen Kirche erhoben und seither offiziell als Heilige verehrt. Sie ist damit die vierte Frau der Kirche, die diesen Titel trägt. Nach über 800 Jahren kommt damit ein Wunsch vieler Christen zur Erfüllung.
Gerade in den vergangenen 50 Jahren ist ein sich steigerndes Interesse an der Benediktinerin des Hochmittelalters zu verzeichnen. Zum Abschluss erklang das Lied „Salve Regina“, das dichterisch und kompositorisch dem Reichenauer Mönch Hermanus Contractus (1013 –
1054) zugesprochen wird. Dieser Hymnus ist bis heute in der ganzen Weltkirche liturgisch als Nachtgebet (Komplet) in täglichem Gebrauch, hier konnte dann auch das aufmerksam lauschende Publikum mitsingen.