Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Härtere Verbote und Strafen bis 25 000 Euro
Baden-Württemberg und Bayern greifen durch – Am Sonntag Entscheidung über Ausgangssperre
BERLIN/STUTTGART/MÜNCHEN Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus schränken mehrere Bundesländer das öffentliche Leben noch drastischer ein. Am weitesten gehen dabei Bayern und das Saarland: Dort treten an diesem Samstag Ausgangsbeschränkungen in Kraft, die Bürger dürfen ihre Wohnungen nur noch aus triftigen Gründen verlassen. Baden-Württemberg kündigte am Freitag ebenfalls verschärfte Maßnahmen an. Als Reaktion auf die vergleichsweise hohe Zahl von Uneinsichtigen werden größere Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen verboten. Verstöße gegen das neue Niederlassungsverbot können laut Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit Bußgeldern bis zu 25 000 Euro und auch mit mehrjährigen Haftstrafen geahndet werden.
Das Land müsse zu diesen noch härteren Maßnahmen greifen, um die Menschen von Treffen abzuhalten, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). „Der Großteil der Bevölkerung hält sich daran, aber es sind zu viele, die sich nicht daran halten“, sagte er. „Sie gefährden andere und sich selbst.“In einer TV-Ansprache drohte er erneut mit härteren Maßnahmen und kündigte an: „Der morgige Samstag wird dafür entscheidend sein.“
Nach der neuen Regelung sind Menschenansammlungen auf öffentlichen Plätzen mit mehr als drei Personen nicht mehr erlaubt. Ausnahmen gebe es für Familien und Paare. Gaststätten und Restaurants werden von Samstag an schließen. Essen zum Mitnehmen sei aber weiter erlaubt. Ernste Verstimmungen zwischen den Regierungspartnern von Grünen und CDU rief die Forderung von CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann hervor. Sie forderte am Freitag Ausgangsbeschränkungen wie in Bayern. Solche Äußerungen dienten nur der Profilierung und trügen nur dazu bei, das Vertrauen der Bürger in die Landesregierung zu untergraben, hieß es bei den Grünen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die verschärften Maßnahmen am Freitagmorgen verkündet. „Wir sperren Bayern nicht zu, wir sperren Bayern nicht ein“, betonte er in München. Aber man fahre das öffentliche Leben im Freistaat nahezu vollständig herunter. Dies sei laut Experten die einzige Möglichkeit, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen. In Bayern ist das Verlassen der Wohnung künftig nur noch aus guten Gründen erlaubt. Dazu zählen der Weg zur Arbeit, Einkäufe, Arzt- und Apothekenbesuche, Besuche von Lebenspartnern sowie Bewegung an der frischen Luft.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) unterstrich indes, dass es auch in anderen Bundesländern Beschränkungen gebe. „Auch Bayern hat bislang keine Ausgangssperren verhängt. Die jetzt dort erlassenen Ausgangsbeschränkungen haben viele Ausnahmen und unterscheiden sich nur unwesentlich von den Regelungen in anderen Bundesländern, sagte Weil am Freitag der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Ministerpräsidenten der Länder werden am Sonntag um 14 Uhr in einer Telefonkonferenz mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das Thema etwaiger veritabler Ausgangssperren noch einmal besprechen.