Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Nebel statt NDW
Popsängerin Nena feiert heute 60. Geburtstag
MÜNCHEN (AFP) - Um Teenagern heute das Phänomen Nena zu erklären, lohnt der Blick in alte Zeitungen. Sie sei „der scharfe Spritzer Ketchup, den die junge Pommes-frites-Generation gesucht und gefunden hat“, schrieb die „Bunte“1983 über Gabriele Susanne Kerner aus Hagen, genannt Nena. Die „Zeit“schrieb damals über einen Konzertauftritt der Sängerin: „Der Sex scheint aus ihrer Stimme zu tropfen“. Zeilen, die man heute eher wohl nirgends mehr so lesen würde – und schreiben wohl auch nicht mehr.
Nena, die am Dienstag 60 Jahre alt wird, schwamm Anfang der 1980erJahre auf der Neuen Deutschen Welle ganz weit oben. Dabei war sie nicht die schrillste Erscheinung der Musikbewegung, aber für viele die begeisterndste. Selbst der jetzige bayerische Ministerpräsident Markus Söder, der seine Nächte im Kinderzimmer unter Postern von Franz-Josef Strauß verbracht haben soll, konnte sich dem nicht entziehen. „Wie viele in meiner Generation war ich natürlich schwer in Nena verliebt“, verriet Söder einmal.
Am 24. März 1960 kam die Sängerin in Hagen zur Welt. Den Namen
Nena verdankt sie einem Spanienurlaub. Die spanischen Kinder hätten ihr immer „Niña“beziehungsweise „Kleine“hinterhergerufen. Sie selbst habe dann daraus Nena geformt, was ihre Eltern übernommen hätten.
Musik machte sie zunächst als Sängerin der Band The Stripes. Die schaffte es zu einzelnen Fernsehauftritten, der Durchbruch blieb aber aus. Mit ihrem Lebensgefährten Rolf Brendel zog Nena dann nach WestBerlin, gründete mit anderen Musikern
die nach ihr benannte Band und stieg furios auf. 1982 wurde Nena in der ARD-Jugendsendung „Musikladen“praktisch über Nacht mit der Single „Nur geträumt“bekannt.
Die für einige energiegeladene, für andere anstrengend aufgekratzte Nena brachte schon als zweite Single Anfang 1983 „99 Luftballons“raus. Das Lied erfasste die Sorgen der Menschen im Kalten Krieg, es wurde weltweit ein Hit. Und Nena wurde zur Stilikone. Ihr wilder Haarschopf oder die flauschigen Schweißbänder an den Handgelenken wurden zum Muss einer Generation.
Ihre größten Hits stammen aus dieser Zeit. So wie bei den meisten Stars der Neuen Deutschen Welle war der Erfolg aber schlagartig vorbei. 1987 trennte sich die Band, auch Nenas Beziehung zu Brendel scheiterte.
1989 starb ihr behindert zur Welt gekommener Sohn Christopher mit elf Monaten. Nach dem Schicksalsschlag forcierte Nena ihre Solokarriere als Sängerin, moderierte zudem im Fernsehen. Doch der große Erfolg kehrte erst zurück, als sie alte Hits neu einspielte – vor allem ihr „Irgendwie, Irgendwo, Irgendwann“als englischsprachige Version „Anyplace, Anywhere, Anytime“im Duett mit Kim Wilde wurde ein Erfolg.
2005 konnte sie mit neuen Kompositionen nachziehen. „Willst du mit mir gehen“wurde zum Erfolgsalbum, ebenso ihre dazugehörige Single „Liebe ist“.
Die einst so flippige Nena präsentiert sich mittlerweile gereift, wurde zur viel gefragten Werbefigur und über den Boom der Castingshows auch für die junge Generation wieder ein Begriff. Zusammen mit den Rockern von The Boss Hoss machte Nena die Castingshow „The Voice of Germany“zum Erfolg – 2014 stieg sie dort allerdings wieder aus.
Nena, die nach dem Tod von Christopher noch Zwillinge und dann zwei weitere Kinder mit ihrem langjährigen Lebensgefährten Philipp Palm bekam, vertrat neben ihrer Kunst stets auch alternative Lebensformen. Sie ist schon lange Veganerin, nannte sich einmal einen Fan des Sektenführers Bhagwan und gründete in Hamburg eine eigene Schule. Fit hält sie sich nach eigenen Worten mit viel Training und Yoga. Auch mit 60 Jahren will sie der Bühne treu bleiben.