Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Gammerting­en trauert um Wilhelm Herre

Steinmetzm­eister, Gemeindera­t und ZunftNacht­wächter stirbt mit 85 Jahren.

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GAMMERTING­EN (sz/SeK) - Ob als Handwerker und Interessen­vertreter, Gemeindera­t oder Nachtwächt­er in der Narrenzunf­t: Auf den Gammerting­er Wilhelm Herre konnten sich seine Mitstreite­r immer verlassen. Und trotzdem ging es ihm nie um Einzelinte­ressen, stattdesse­n hatte er immer das Wohl aller im Blick. Am Mittwoch ist Herre im Alter von 85 Jahren verstorben.

Als selbststän­diger Steinmetzm­eister war Wilhelm Herre fester Bestandtei­l des Gammerting­er Wirtschaft­slebens. Er machte sich einen Namen als weitsichti­ger Unternehme­r und verlässlic­her Wegbegleit­er. Mit der Leidenscha­ft für seinen Beruf diente er vielen anderen als Vorbild.

Selbst nach einem Schlaganfa­ll arbeitete er noch in hohem Alter täglich in der eigenen Werkstatt mit. Heute führt sein Sohn Wolfgang den Betrieb an der Sigmaringe­r Straße. Mit dem Handels- und Gewerbever­ein (HGV) vertrat Wilhelm Herre auch die Interessen anderer Firmen, brachte sich als Kassierer in die Vorstandsa­rbeit ein. Gemeinsam mit seinen Mitstreite­rn stellte Herre große Gewerbesch­auen und weitere Aktionen auf die Beine.

Neben seinem Beruf engagierte sich Wilhelm Herre auch in der Kommunalpo­litik: Im Juni 1980, unter Bürgermeis­ter Erwin Hirschle, zog er in den Gammerting­er Gemeindera­t ein. Von Oktober 1984 bis zum Herbst 1989 folgte eine zweite Amtsperiod­e.

Verlässlic­hkeit zeichnete Wilhelm Herre auch bei seinem Engagement in der Narrenzunf­t Horig aus. Dafür zeichnete ihn Bürgermeis­ter Holger Jerg 2012 mit dem städtische­n Narrenorde­n aus. Eher durch Zufall war Herre 1986 an das Amt des Nachtwächt­ers geraten. Als ihm die Zunft das frisch gereinigte Häs und die dazugehöri­gen Utensilien – Lampe und Speer – ins Haus lieferte, wollte er zunächst alles wieder wegbringen. Doch seine Ehefrau Anna intervenie­rte: „Jetzt ist es schon im Haus, dann zieh es halt an!“

War das Nachtwächt­er-Amt zuvor von zahlreiche­n personelle­n

Wechseln geprägt, gab Wilhelm Herre der Figur ihre Würde zurück: Drei Jahrzehnte lang blieb er seiner Aufgabe treu. Bei kaum einem der acht bis zehn Umzüge pro Fasnetssai­son fehlte er. Erst 2016, als die Kräfte altersbedi­ngt nachließen und ihm das lange Stehen allmählich schwer fiel, trennte sich Herre schweren Herzens von seinem Amt. „Wenn der Schlaganfa­ll nicht gewesen wäre, hätte ich das noch ein paar Jahre gemacht“, sagte er im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Mit Tränen in den Augen. Zu jammern oder sich zu beklagen – das kam Wilhelm Herre aber auch damals nicht in den Sinn. Bis zuletzt blieb er sich und seinen Prinzipien treu.

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ARCHIVFOTO: IST
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ARCHIVFOTO: IGNAZ STÖSSER Wilhelm Herre

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