Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Zwei Enttäuschte
Wahl des Ersten Beigeordneten in Bad Saulgau: Richard Striegel hätte mehr Stimmen erwartet – Knappe Wahlniederlage schmerzt Bettina Schön
BAD SAULGAU - Der Jubel über seinen Sieg fiel verhalten aus: Richard Striegel ist vom Gemeinderat Bad Saulgau am Donnerstagabend zwar als Erster Beigeordneter mit 17:16Stimmen wiedergewählt worden, doch er wolle das Ganze erst einmal sacken lassen. Mitbewerberin Bettina Schön, Kämmerin der Stadt Nürtingen, ist enttäuscht über ihre Wahlniederlage. „Eine Stimme Unterschied schmerzt dann schon etwas.“
Exakt eine einzige Stimme mehr als Bettina Schön hatte für Amtsinhaber Striegel letztendlich zum Wahlsieg im ersten Wahldurchgang gereicht. „Sicherlich hätte ich mir mehr Stimmen erwartet, aber auch Adenauer ist mit solch bescheidener Mehrheit gewählt worden und war trotzdem ein erfolgreicher Kanzler“, sagte Striegel am Freitag auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“Bad Saulgau. Er wolle aus der knappen Abstimmung seine eigenen Erkenntnisse ziehen und sich„für die Zukunft trotzdem Gedanken machen und persönlich neu positionieren“.
Auf Nachfrage der SZ, ob er denn angesichts des Ergebnisses die Wahl überhaupt annehme, antwortete er: „Eine Ablehnung wäre ein Schlag gegen meine 17 Wähler.“
Per Los wurde am Donnerstagabend die Reihenfolge der Bewerber festgelegt, die jeweils 40 Minuten Zeit hatten, beim Gemeinderat zu punkten und dessen Fragen zu beantworten. Striegel war zuerst an der Reihe, fasste seinen beruflichen Werdegang zusammen, zählte auf, was er in Bad Saulgau alles auf die Beine gestellt habe und nannte die Gründe, warum er mit 62 Jahren nochmal für das Amt des Ersten Beigeordneten kandidiere. „Ich bin zu jung für die
Rente und habe noch genügend Motivation und Ehrgeiz, der Stadt Bad Saulgau meinen Dienst zu leisten.“Er stünde für Kontinuität, bringe viel Erfahrung mit und kenne die Stadt aus dem Effeff. Er wisse, dass er sich nicht überall Freunde gemacht habe, kämpfe aber gegen die Widerstände an. Striegel thematisierte auch das offenbar angespannte Verhältnis zu Bürgermeisterin Doris Schröter. Für ihn, so Striegel, gelte das Vier-Augen-Prinzip. Es gebe für jedes Projekt unterschiedliche Blickwinkel und abweichende Einschätzungen von Sachverhalten. „Konflikte wird es immer geben. Das gehört dazu.“
In der öffentlichen Fragerunde wollte die SPD-Fraktionsvorsitzende Helga Brey von Striegel wissen, ob er seine dritte und letzte Amtsperiode von acht Jahren auch zu Ende führen würde. Hintergrund ihrer Frage: Striegel soll vor den Fraktionen gesagt haben, er übe das Amt noch vier oder fünf Jahre aus. „Ich habe kein Datum genannt“, sagte Striegel. Er wolle das Amt so lange wie möglich ausüben. „Sie können noch länger mit mir rechnen“, so Striegel, der die Zahl der weiteren Amtsjahre nicht beziffern wollte.
Richard Striegel musste nach seiner Vorstellung im Café warten und Bettina Schön ans Rednerpult lassen. Die 45-Jährige schaffte es von insgesamt vier Bewerbern in die Endrunde. Als Kämmerin der Stadt Nürtingen ist sie die Vorgesetzte von 30
Mitarbeitern und verantwortlich für das Haushaltsvolumen von 128 Millionen Euro. Als ihre Steckenpferde nannte sie die Entwicklung von Wohn- und Gewerbeflächen sowie die Digitalisierung. Ihr seien aber auch Transparenz und Bürgerbeteiligung ein wichtiges Anliegen. „Kommunalpolitik auf Augenhöhe“, sagte Schön, die sich als geradlinig bezeichnete. Sie gab offen und ehrlich zu, dass sie in Nürtingen keine beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten mehr habe, die Karriereleiter aber noch ein Stufe weiter nach oben steigen möchte. Mit ihrem Ehemann wäre sie nach Bad Saulgau gezogen, um mindestens die nächsten acht Jahre mit der Bürgermeisterin und dem Gemeinderat viel zu bewegen. Bad Saulgau, so Schön, werde sie trotz des Wahlausgangs, den sie als Achtungserfolg für sich einstuft, in positiver Erinnerung behalten. „Ich habe in Bezug auf meine Fachlichkeit und Persönlichkeit sehr gute Rückmeldungen erhalten.“Weitere Bewerbungen für Führungspositionen in anderen Kommunen schließt sie nicht aus.