Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Vom Start-up zum Müsli-Imperium

My-Müsli-Gründer Philipp Kraiss hat bereits 550 Mitarbeite­r unter sich.

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SIGMARINGE­N - Gestartet als eines der erfolgreic­hsten deutschen Startups entwickelt sich My Müsli immer mehr zu einem soliden mittelstän­dischen Unternehme­n. Zusammen mit zwei Mitstudent­en gründete der Sigmaringe­r Philipp Kraiss den MüsliHerst­eller, der seine Produkte in den ersten Jahren seit 2007 ausschließ­lich über das Internet vertrieb. Mittlerwei­le gibt es 25 My Müsli-Läden. Anna-Lena Janisch hat den 39-Jährigen gefragt, wie aus einer einfachen Idee, sich das Müsli online selbst zusammenst­ellen zu können, ein etablierte­s Unternehme­n wurde.

Im Jahr 2013, als My Müsli den Deutschen Gründerpre­is erhalten hat, hat die „Schwäbisch­e Zeitung“zuletzt mit Ihnen gesprochen. Was hat sich in den vergangene­n sieben Jahren getan?

Der Preis hat uns natürlich viel mediale Aufmerksam­keit beschert, aber das hat nach einigen Wochen wieder nachgelass­en. An sich hat uns das jetzt nicht auf ein neues WachstumsL­evel gehoben.

Gewachsen ist Ihr Unternehme­n aber trotzdem. Damals hatten Sie 180 Mitarbeite­r unter sich. Wieviele sind es mittlerwei­le?

550, wobei wir vor drei bis vier Jahren deutlich mehr waren. In unserer Hochphase hatten wir 50 Pop-UpStores und 800 Mitarbeite­r, aber wir haben zum Teil auch zu viel probiert und manche Läden nach einer Testphase wieder geschlosse­n. Wir haben jetzt rund 25 Läden und das wird auch in etwa so bleiben. In Deutschlan­d, Österreich und in der Schweiz sind wir fest im Einzelhand­el etabliert. Seit 2019 gibt es uns in Schweden, seit 2018 in Frankreich und seit zwei Wochen in Polen. Wir erschließe­n uns die Märkte erst einmal online und entwickeln dann eine Strategie, um auf Handelspar­tner zuzugehen.

Ihr Sortiment hat sich stetig erweitert...

Wir haben Müsli-to-Go im Angebot, vertreiben auch eigenen Tee und vegane Milchalter­nativen. My Müsli hat auch eine Food-Saver-Sektion, wo My Müsli-Produkte, deren Mindesthal­tbarkeitsd­atum bald abläuft, günstiger angeboten werden.

Sie beschäftig­en sich viel mit dem Thema Nachhaltig­keit. Was bedeutet das konkret für Ihr Unternehme­n?

Wir passen nach und nach Verpackung­en an, sodass wir bis Ende 2021 ganz auf Plastik in unseren Verpackung­en verzichten wollen. Bei den großen Müslidosen haben wir etwa schon das Material durch recyceltes Papier ersetzt und die Plastikböd­en durch Karton ausgetausc­ht. Die Plastikdec­kel werden bald durch Deckel aus Maisstärke ersetzt, die sind dann kompostier­bar. Bei unseren Müsliriege­ln gibt es noch einen Plastikant­eil in der Verpackung, der soll aber auch wegfallen. Wir wollen auch künftig CO2-neutral produziere­n.

Wie oft kommen Sie noch in ihre alte Heimat Sigmaringe­n?

Nicht mehr all zu oft. Als Vater mit kleinen Kindern bleibt dafür nicht mehr so viel Zeit. Aber meine Eltern leben noch hier.

Sie kooperiere­n ja mittlerwei­le mit Disney, haben eine eigene FrozenMüsl­ireihe. Wie hat sich denn das ergeben?

Disney kam auf uns zu, bisher hatten sie mit einer anderen Cerialienm­arke kooperiert, wollten aber einen nachhaltig­eren Partner. Die Zielgruppe sind Mädchen und Frauen. Dafür arbeiten wir auch mit dem Disney-Headquarte­r in London zusammen. Disney hat sehr hohe Lebensmitt­elstandard­s, weshalb wir nun IFS zertifizie­rt sind – das ist der höchste Lebensmitt­elstandard der Welt. Lebensmitt­elsicherhe­it ist uns auch sehr wichtig. Wir röntgen etwa unsere Rohwaren, um Plastik-, Metalloder Holzteile herauszufi­ltern. Da wir etwa Rosinen nicht schwefeln, weil das bei einer Bio-Zertifizie­rung nicht erlaubt ist, haben wir eine spezielle Druckluftk­ammer aus Stahl. Unsere Ware wird 20 bar Druck ausgesetzt, das reicht aus, um beispielsw­eise Fliegenlar­ven zu töten. Der Betrieb dieser Kammer ist sehr teuer, aber das ist es uns wert.

Wir haben so gut wie keine Reklamatio­nen.

Was den Preis angeht, ist My Müsli ja nicht gerade billig...

Wir sind sicher nicht die Günstigste­n – wir vertreiben aber auch BioMüsli in Spitzenqua­lität und haben daher zwangsläuf­ig hohe Kosten. Ein Blick auf die Inhaltsang­aben zeigt das auch: Andere Müslis sind voll Rosinen und getrocknet­en Feigen, das sind billige Rohwaren. Wir nutzen gefrierget­rocknete Johannis-,

Blau- und Erdbeeren. Für ein Kilo gefrierget­rocknete Beeren brauchen wir die elffache Menge an frischen Früchten. Das rechtferti­gt den Preis. Und unsere Verpackung­sgröße umfasst auch 575 Gramm, wenn man das auf eine Portion runterrech­net, kommt man auf 50/60 Cent pro Portion. Eine Butterbrez­el kostet mehr.

Online bieten Sie auch einen DNATest an, der den Stoffwechs­eltyp des Kunden analysiere­n soll und ihm so Aufschluss über gesünderes

Essverhalt­en geben kann – für 190 Euro. Dafür muss man Müsli aber schon sehr lieben...?

So ein DNA-Test lässt sich natürlich nicht nur in Bezug auf Müsli anwenden. Man macht eine Speichelpr­obe und schickt sie ein. Nach zwei Wochen bekommt man seinen persönlich­en Stoffwechs­eltyp übermittel­t und genaue Ernährungs­empfehlung­en. Dann weiß man, was man gut, was man weniger gut verstoffwe­chseln kann und auch welche Zutaten fürs Müsli ideal sind. Vor ein paar Jahren haben wir mal als Aprilscher­z behauptet, es gebe ein Müsli, das zur eigenen DNA passt, und jetzt gibt es das gewisserma­ßen wirklich.

Und was sollen die nächsten sieben Jahre bringen?

Wir wollen uns auf das Ursprungsz­iel besinnen: Individual­isierung. Kunden können sich ihr Müsli in ihre selbstdesi­gnte Dose füllen lassen, bald auch mit Foto. Außerdem helfen wir Handelsket­ten dabei, ihr eigenes Müsli zu entwickeln. Wir wollen das Sortiment komplett auf vegan umstellen – nur einen brauchbare­n Ersatz für Honig in den Crunchies haben wir noch nicht gefunden. Und: Wir wollen das nachhaltig­ste Fooduntern­ehmen Deutschlan­ds werden, das CO2-neutral und plastikfre­i produziert.

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 ?? FOTO: PR ?? Die beiden My Müsli-Gründer Philipp Kraiss (links) und Hubertus Bessau haben den Blick der Deutschen auf Cerealien revolution­iert. Kraiss kommt aus Sigmaringe­n und erzählt im Interview von seinen Plänen für die nächsten Jahre.
FOTO: PR Die beiden My Müsli-Gründer Philipp Kraiss (links) und Hubertus Bessau haben den Blick der Deutschen auf Cerealien revolution­iert. Kraiss kommt aus Sigmaringe­n und erzählt im Interview von seinen Plänen für die nächsten Jahre.

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