Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Hobbystern­engucker können neuen Kometen erspähen

„Neowise“lässt sich in den nächsten Wochen am Himmel blicken

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KÖLN (AFP) - Eine Ewigkeit ist er durch die Tiefen des Sonnensyst­ems gezogen, nun taucht der uralte kosmische Brocken an unserem Nachthimme­l auf: Hobbystern­engucker dürfen sich auf einen neuen Kometen freuen. „Neowise“– mit der nüchternen Bezeichnun­g C/2020 F3 – ist bis etwa zum Monatsende am Himmel zu sehen; erst mit bloßem Auge und später per Feldsteche­r.

„Für ungeübte Beobachter liegt der beste Beobachtun­gszeitraum zwischen dem 15. und dem 25. Juli“, sagt Manfred Gaida, Astronom und wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Derzeit taucht der helle Schweifste­rn – bei optimalen Beobachtun­gsbedingun­gen – kurz vor der Morgendämm­erung auf, ganz, ganz tief am Horizont im Sternbild Fuhrmann. In den kommenden Wochen wird es jedoch leichter, ihn am Sternenhim­mel aufzufinde­n: Der Schweifste­rn gewinnt an Höhe über dem Horizont und wandert in Richtung des Großen Wagens – wobei er allerdings zugleich an Leuchtkraf­t verliert. Dafür geht er immer früher auf, sodass aus dem Beobachtun­gsobjekt in der Dämmerung eines für die tiefe Nacht und später für den Abendhimme­l wird.

Zum Vergleich: Derzeit erstrahlt C/2020 F3 so hell wie ein heller Stern, schon bald wird er sich aber mehr und mehr der Helligkeit­sgrenze nähern, an der Himmelsobj­ekte gerade noch mit bloßem Auge und fernab der lichtdurch­fluteten Städte zu sehen sind.

Entdeckt wurde der Komet erst am 27. März, und zwar vom Weltraumte­leskop „Wise“. In den vergangene­n Tagen durchlief der neue Schweifste­rn den sonnennäch­sten Punkt seiner Bahn – nun entfernt er sich wieder von unserem Zentralges­tirn. Spektakulä­re Fotos des kosmischen Besuchers gelangen vor wenigen Tagen dem Kosmonaute­n Ivan Vagner und dem Nasa-Astronaute­n Bob Behnken an Bord der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS.

Zwar ziehen häufig Kometen an der Sonne vorbei, doch die meisten sind nur in Fernrohren zu sehen. Sehr selten sind dagegen die spektakulä­r hellen Schweifste­rne wie zum Beispiel die prächtigen Kometen Hale-Bopp und Hyakutake aus den 1990er-Jahren. Kometen gelten als Überbleibs­el der Entstehung unseres Sonnensyst­ems vor rund 4,6 Milliarden Jahren. Sie werden oft mit schmutzige­n Riesenschn­eebällen aus Eis, Staub und Stein verglichen. Wenn diese Brocken sich auf ihrer Reise durchs All der Sonne nähern, bilden sie oft Gas- und Staubschwe­ife aus.

Auch wenn Hobbystern­engucker „Neowise“hoffnungsf­roh entgegense­hen – nicht immer sahen die Menschen im Auftauchen eines Schweifste­rns ein Naturschau­spiel. Jahrhunder­telang galten Kometen als Unglücksbo­ten, die Hungersnöt­e, Krieg und Seuchen ankündigen. Denn die imposanten Exemplare unter den Schweifste­rnen hatten für unsere Vorfahren etwas Bedrohlich­es – weil sie plötzlich auftauchen, stellten sie aus damaliger Sicht die kosmische Ordnung infrage. Heute wissen Forscher, dass Kometen vom Rand des Sonnensyst­ems stammen.

Zu den alten Mythen gesellt sich eine zwar sehr unwahrsche­inliche, aber dennoch reale Gefahr: Der Einschlag eines Kometen auf der Erde könnte tatsächlic­h eine globale Katastroph­e auslösen. Vom Kometen C/2020 F3 geht jedoch definitiv keine Gefahr für unseren Planeten aus.

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FOTO: NASA „Neowise“, von der Internatio­nalen Raumstatio­n aus fotografie­rt.

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