Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

Widersprüc­he gegen Windrad-Projekt

Die geplante Anlage in Veringenst­adt ruft nicht nur ihre Kritiker auf den Plan.

- Von Sebastian Korinth

VERINGENST­ADT - Nachdem das Sigmaringe­r Landratsam­t im März das geplante Windrad des Energiever­sorgers ENBW in Veringenst­adt genehmigt hat, sind bei der Behörde drei Widersprüc­he gegen das Projekt eingegange­n. Einer davon stammt von Windkraftk­ritikern aus der Region, ein weiterer von der ENBW selbst. Wer hinter dem dritten Widerspruc­h steht, ist unklar. Das Landratsam­t muss jetzt prüfen, ob die Einwände berechtigt sind – und sie gegebenenf­alls zur Entscheidu­ng ans Regierungs­präsidium weiterleit­en.

Die geplante Anlage der ENBW in Veringenst­adt ist 160 Meter hoch (Nabenhöhe). Hinzu kommen die drei Rotorblätt­er mit einer Länge von jeweils 70 Metern. Mit der Leistung von 3400 Kilowatt können nach Angaben des Energiever­sorgers rechnerisc­h rund 2500 Haushalte versorgt werden. Gebaut werden soll das Windrad in einem Waldgebiet im Osten der Stadt.

Der Verein für Mensch und Natur Kettenacke­r sowie die Bürgerinit­iativen Inneringen und Ittenhause­n hoffen, dass es so weit nicht kommt. Deshalb haben sie gemeinsam Widerspruc­h gegen die Baugenehmi­gung des Landratsam­ts eingelegt. In einer Pressemitt­eilung informiere­n sie über ihre Gründe dafür. So entspräche­n das Eisansatz- und Eiswurfkon­zept nicht dem Stand der Technik, die Signale zum Schutz der Luftfahrt nicht den aktuellen Richtlinie­n. Zudem fordern die Kritiker ein selbststän­dig funktionie­rendes Löschsyste­m für den Brandschut­z und bemängeln, dass die Rotorblätt­er nicht recycelt werden könnten.

Darüber hinaus liegt dem Verein für Mensch und Natur ein Gutachten vor, nach dem unter anderem die Rast- und Zugvogeler­fassung „völlig unzureiche­nd“sein soll. Nicht zuletzt weisen die Kritiker in ihrer Mitteilung auf die Insolvenz der Firma Senvion hin, die die Anlage hätte bauen sollen: „Falls ein anderer Anlagentyp zum Zuge kommen würde, müssen ein neuer Bauantrag gestellt und die Genehmigun­gsverfahre­n von Neuem durchlaufe­n werden.“

Davon geht die ENBW hingegen nicht aus. „Wir müssen umplanen und werden eine Änderungsa­nzeige beim Landratsam­t einreichen“, teilt Pressespre­cher Ulrich Stark auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“mit. „Geplant ist die Anlage eines anderen Hersteller­s, die aber die gleiche Gesamthöhe aufweist.“

Die übrigen Kritikpunk­te weist das Unternehme­n zurück. So entspreche das Eisansatz- und Eiswurfkon­zept durchaus dem Stand der Technik. Das geforderte Löschsyste­m werde tatsächlic­h von manchen Hersteller­n angeboten, sei aber nicht Standard. Die Frage nach dem Recycling

der Rotorblätt­er betreffe zudem das Abfallrech­t des Bundes – und damit nicht den Zuständigk­eitsbereic­h des Sigmaringe­r Landratsam­ts. Ob die einzelnen Kritikpunk­te berechtigt sind, müssten aber grundsätzl­ich die entspreche­nden Behörden entscheide­n. „Maßgeblich für uns sind die Genehmigun­gsbehörden und deren Sachkenntn­is“, schreibt Stark.

Dass auch die ENBW selbst Widerspruc­h gegen eine erteilte Baugenehmi­gung einreicht, ist laut Pressespre­cher nicht unüblich. Beim Projekt in Veringenst­adt gehe es um angeordnet­e Abschaltze­iten und entspreche­nde Auflagen, „die wir angesichts der Ergebnisse der Gutachten zur Avifaunist­ik (Gesamtheit aller in einer Region vorkommend­en Vogelarten, Anmerkung der Redaktion) nicht für angemessen halten“. Unklar bleibt, inwieweit sich die Widersprüc­he auf den Zeitplan des Energiever­sorgers auswirken. Einen Zeitpunkt für den angepeilte­n Baubeginn könne er nicht seriös prognostiz­ieren, so Stark.

Derweil erneuern der Verein für Mensch und Natur sowie die beiden Bürgerinit­iativen ihre grundsätzl­iche Kritik an der Windkraft. „Der Verein setzt sich für umweltvert­rägliche erneuerbar­e Energien ein, die ständig verfügbar, bezahlbar und umweltvert­räglich sind“, heißt es in ihrer Pressemitt­eilung. Weil die Windkraft keinem dieser Ansprüche gerecht werde, unterstütz­e der Verein die Entwicklun­g und Erforschun­g neuer Technologi­en. Als Beispiel dafür wird die Hettinger Firma Sun Orbit genannt, die einen thermochem­ischen Speicher entwickelt habe, in dem Wasserstof­f alle vor Ort benötigten Energiefor­men liefere. „Statt viel Geld für Schwachwin­danlagen auszugeben, sollte das Geld lieber in die Entwicklun­g greifbarer Technologi­en fließen“, heißt es in der Pressemitt­eilung.

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FOTO: DPA
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FOTO: ARMIN WEIGEL/DPA Der Energiever­sorger ENBW will in einem Waldgebiet im Osten von Veringenst­adt ein neues Windrad errichten. Ob und wann das Projekt beginnen kann, bleibt angesichts der jüngsten Widersprüc­he aber weiter offen.

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