Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Widersprüche gegen Windrad-Projekt
Die geplante Anlage in Veringenstadt ruft nicht nur ihre Kritiker auf den Plan.
VERINGENSTADT - Nachdem das Sigmaringer Landratsamt im März das geplante Windrad des Energieversorgers ENBW in Veringenstadt genehmigt hat, sind bei der Behörde drei Widersprüche gegen das Projekt eingegangen. Einer davon stammt von Windkraftkritikern aus der Region, ein weiterer von der ENBW selbst. Wer hinter dem dritten Widerspruch steht, ist unklar. Das Landratsamt muss jetzt prüfen, ob die Einwände berechtigt sind – und sie gegebenenfalls zur Entscheidung ans Regierungspräsidium weiterleiten.
Die geplante Anlage der ENBW in Veringenstadt ist 160 Meter hoch (Nabenhöhe). Hinzu kommen die drei Rotorblätter mit einer Länge von jeweils 70 Metern. Mit der Leistung von 3400 Kilowatt können nach Angaben des Energieversorgers rechnerisch rund 2500 Haushalte versorgt werden. Gebaut werden soll das Windrad in einem Waldgebiet im Osten der Stadt.
Der Verein für Mensch und Natur Kettenacker sowie die Bürgerinitiativen Inneringen und Ittenhausen hoffen, dass es so weit nicht kommt. Deshalb haben sie gemeinsam Widerspruch gegen die Baugenehmigung des Landratsamts eingelegt. In einer Pressemitteilung informieren sie über ihre Gründe dafür. So entsprächen das Eisansatz- und Eiswurfkonzept nicht dem Stand der Technik, die Signale zum Schutz der Luftfahrt nicht den aktuellen Richtlinien. Zudem fordern die Kritiker ein selbstständig funktionierendes Löschsystem für den Brandschutz und bemängeln, dass die Rotorblätter nicht recycelt werden könnten.
Darüber hinaus liegt dem Verein für Mensch und Natur ein Gutachten vor, nach dem unter anderem die Rast- und Zugvogelerfassung „völlig unzureichend“sein soll. Nicht zuletzt weisen die Kritiker in ihrer Mitteilung auf die Insolvenz der Firma Senvion hin, die die Anlage hätte bauen sollen: „Falls ein anderer Anlagentyp zum Zuge kommen würde, müssen ein neuer Bauantrag gestellt und die Genehmigungsverfahren von Neuem durchlaufen werden.“
Davon geht die ENBW hingegen nicht aus. „Wir müssen umplanen und werden eine Änderungsanzeige beim Landratsamt einreichen“, teilt Pressesprecher Ulrich Stark auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mit. „Geplant ist die Anlage eines anderen Herstellers, die aber die gleiche Gesamthöhe aufweist.“
Die übrigen Kritikpunkte weist das Unternehmen zurück. So entspreche das Eisansatz- und Eiswurfkonzept durchaus dem Stand der Technik. Das geforderte Löschsystem werde tatsächlich von manchen Herstellern angeboten, sei aber nicht Standard. Die Frage nach dem Recycling
der Rotorblätter betreffe zudem das Abfallrecht des Bundes – und damit nicht den Zuständigkeitsbereich des Sigmaringer Landratsamts. Ob die einzelnen Kritikpunkte berechtigt sind, müssten aber grundsätzlich die entsprechenden Behörden entscheiden. „Maßgeblich für uns sind die Genehmigungsbehörden und deren Sachkenntnis“, schreibt Stark.
Dass auch die ENBW selbst Widerspruch gegen eine erteilte Baugenehmigung einreicht, ist laut Pressesprecher nicht unüblich. Beim Projekt in Veringenstadt gehe es um angeordnete Abschaltzeiten und entsprechende Auflagen, „die wir angesichts der Ergebnisse der Gutachten zur Avifaunistik (Gesamtheit aller in einer Region vorkommenden Vogelarten, Anmerkung der Redaktion) nicht für angemessen halten“. Unklar bleibt, inwieweit sich die Widersprüche auf den Zeitplan des Energieversorgers auswirken. Einen Zeitpunkt für den angepeilten Baubeginn könne er nicht seriös prognostizieren, so Stark.
Derweil erneuern der Verein für Mensch und Natur sowie die beiden Bürgerinitiativen ihre grundsätzliche Kritik an der Windkraft. „Der Verein setzt sich für umweltverträgliche erneuerbare Energien ein, die ständig verfügbar, bezahlbar und umweltverträglich sind“, heißt es in ihrer Pressemitteilung. Weil die Windkraft keinem dieser Ansprüche gerecht werde, unterstütze der Verein die Entwicklung und Erforschung neuer Technologien. Als Beispiel dafür wird die Hettinger Firma Sun Orbit genannt, die einen thermochemischen Speicher entwickelt habe, in dem Wasserstoff alle vor Ort benötigten Energieformen liefere. „Statt viel Geld für Schwachwindanlagen auszugeben, sollte das Geld lieber in die Entwicklung greifbarer Technologien fließen“, heißt es in der Pressemitteilung.