Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
„Ade OB“: Otto Bacher stirbt mit 85 Jahren
Mengens Ehrenbürger bleibt als langjähriger Stadtrat, Vereinsmensch und Netzwerker in Erinnerung
MENGEN - Er war ein erfolgreicher Unternehmer, ein guter Netzwerker, ein tief in seiner Heimatstadt Mengen verwurzelter Kommunalpolitiker und ein geselliger Kerl. Der Mengener Ehrenbürger Otto Bacher ist am Mittwoch nach einer längeren Krankheit mit 85 Jahren gestorben. In Erinnerung wird er Angehörigen und Weggefährten als jemand bleiben, der auch Bischöfe und Ministerpräsidenten geduzt hat, seinen Standpunkt vehement vertreten konnte und dem Glauben und Familie Halt gegeben haben. Am Samstag soll er – wie er es sich gewünscht hat – im großen Rahmen verabschiedet und zu Grabe getragen werden.
1935 wurde Otto Bacher als zweiter Sohn in eine Familie geboren, deren Handwerksgeschichte bis 1846 zurückreicht. Damals gründete sein Urgroßvater Xaver Bacher eine eigene Schlosserei. Otto Bacher übernahm diese 1959 mit nur 24 Jahren von seinem schwer kranken Vater Anton, weil sein älterer Bruder Fritz nicht aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgekehrt war. „Unser Vater besuchte die Oberrealschule und sollte Pfarrer werden oder Bürgermeister“, sagt Urban Bacher, ältester Sohn von Otto Bacher. „Mit 14 musste er die Schule verlassen, um doch Schlosser zu werden.“1952 legte er die Gesellenund 1954 die Meisterprüfung ab. Den Meisterbrief erhielt er aufgrund seines Alters erst drei Jahre später.
Trotz der großen Verantwortung als Chef eines zehnköpfigen Schlossereiteams und junger Familienvater, engagierte sich Otto Bacher schnell auch politisch und wurde 1962 zum ersten Mal für die CDU in den Mengener Stadtrat gewählt. Ein Ehrenamt, das er insgesamt 42 Jahre lang ausübte und in das er viele Male als Stimmenkönig gewählt wurde. Als stellvertretender Bürgermeister hielt er eigene Sprechstunden ab und hatte für die Bürger ein offenes Ohr. „Er interessierte sich für die Menschen, ihre Familien und Schicksale und konnte sich auch später an viele Details erinnern und Verbindungen herstellen“, so Urban Bacher. Es sprach sich herum, dass Otto Bacher sich an Versprechen hielt und einigen Mengenern aus der Patsche oder zu einem Arbeitsplatz helfen konnte. Er war gut vernetzt, blieb hartnäckig und stand zu seinen Worten.
Dem Kreistag im Altkreis Saulgau gehörte Otto Bacher von 1965 bis 1971 an, von 1973 bis 2009 dem Gremium im Landkreis Sigmaringen, davon 20 Jahre als Vorsitzender der CDUFraktion. Eng verbunden sei er seit den 1960er-Jahren mit Wilfried Steuer, dem damaligen Saulgauer Landrat, und dem aus Mengen stammenden Dietmar Schlee, der später Sozialminister und Innenminister des Landes Baden-Württemberg wurde. „Das Zeug, das Netzwerk und den Bekanntheitsgrad für eine eigene politische Karriere, hätte er selbst wohl auch gehabt“, urteilt Urban Bacher über seinen Vater. „Am Ende hielten ihn aber seine Schlosserei, seine Familie und seine Heimatverbundenheit in Mengen.“
Hier engagierte er sich nicht nur politisch, zog mit seinem Unternehmen mehrfach um, bis es im Gewerbegebiet am Mittleren Weg seinen heutigen Standort fand, sondern auch in vielen Vereinen. Egal ob Bürgerwache, Stadtkapelle, Kolpingsfamilie, Liederkranz, Kirchenchor oder Narrenzunft: Wo Otto Bacher mit seiner direkten Art, flotten Sprüchen und gern auch mal einer Lokalrunde auftauchte, wurde es oft gesellig. Seine Familie sah dann oft wenig von ihm. Frau Verena stärkte ihm aus dem Hintergrund den Rücken, die Kinder Urban, Georg, Maria und Otto wuchsen in gesellschaftliche Verpflichtungen hinein und erlebten ihren Vater in manchen Situationen auch als Sturkopf. „Ging es nach seinem Willen, war alles bestens“, erinnert sich Urban Bacher. „Hielt jemand dagegen, ging es hoch her.“Mit dieser Art habe sich Otto Bacher einerseits als ein Mann mit Ecken und Kanten beliebt gemacht, andererseits auch Gegner geschaffen. Die Vereine hätten bei Vakanzen im Vorstand immer auf ihn zählen können, nur mit dem Pfarrer habe er sich als Kirchengemeinderat zerstritten.
Georg Bacher, der 1992 die Schlosserei von seinem Vater übertragen bekommen hat, erlebte Otto Bacher vor allem als weitsichtigen Geschäftsmann. „Ich war jung wie er bei der Übernahme und er immer ein Vorbild für mich.“Seine Meinung zur Unternehmensentwicklung habe er oft eingeholt, der Vater ihm aber selten hineingeredet. Mittlerweile sitzt Georg Bacher im Stadtrat, ist wie sein Vater stellvertretender Bürgermeister. „Schalten und walten wie er kann ich nicht mehr, da haben sich die Zeiten schon geändert“, sagt er. Mit Großzügigkeit und Herzlichkeit auf die Menschen zuzugehen wie sein Vater, das ginge heute aber noch immer. Auch die Vorliebe für den Gesang hat er wohl von Otto Bacher geerbt, der seinerzeit den Bürgerwachchor gegründet hat.
Jahrzehntelang war Otto Trägerabgeordneter für den Landkreis zum Sparkassenverband und Verwaltungsratsmitglied der Kreissparkasse Sigmaringen. Für sein Wirken hat er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse erhalten und so ziemlich alle Auszeichnungen, die eine Stadt und ein Landkreis zu vergeben haben. Als die Stadt Mengen zu seinem 80. Geburtstag einen Empfang gab, hätte Bürgermeister Stefan Bubeck Otto Bacher gern eine weitere Ehrung zuteil werden lassen. Die höchste Auszeichnung der Stadt hatte Bacher aber bereits einige Jahre zuvor mit der Ernennung zum Ehrenbürger erhalten.
In den vergangenen Jahren hat sich Otto Bacher, wenn er auch noch vereinzelt an öffentlichen Veranstaltungen teilnahm, mehr und mehr zurückgezogen. Gesundheitlich mehr und mehr angeschlagen hatte er viel Zeit in Krankenhäusern verbringen müssen.
Wenn sich seine Angehörigen, Freunde und Weggefährten am Samstag von ihm verabschieden, werden wohl einige Begebenheiten im Kopf haben, bei denen sich Otto Bacher als OB von Mengen vorgestellt hat. Ein Spitzname, der nicht nur auf seine Initialen, sondern auch auf seine Auffassung zurückzuführen war, dass er einen ganz passablen Oberbürgermeister abgegeben hätte.
Das Abschiedsgebet findet am Freitag, 10. Juli, um 19 Uhr in der Liebfrauenkirche in Mengen statt. Das Requiem wird am Samstag,
11. Juli, um 14 Uhr vor der Liebfrauenkirche statt, anschließend ist die Beerdigung.