Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)

„Ade OB“: Otto Bacher stirbt mit 85 Jahren

Mengens Ehrenbürge­r bleibt als langjährig­er Stadtrat, Vereinsmen­sch und Netzwerker in Erinnerung

- Von Jennifer Kuhlmann

MENGEN - Er war ein erfolgreic­her Unternehme­r, ein guter Netzwerker, ein tief in seiner Heimatstad­t Mengen verwurzelt­er Kommunalpo­litiker und ein geselliger Kerl. Der Mengener Ehrenbürge­r Otto Bacher ist am Mittwoch nach einer längeren Krankheit mit 85 Jahren gestorben. In Erinnerung wird er Angehörige­n und Weggefährt­en als jemand bleiben, der auch Bischöfe und Ministerpr­äsidenten geduzt hat, seinen Standpunkt vehement vertreten konnte und dem Glauben und Familie Halt gegeben haben. Am Samstag soll er – wie er es sich gewünscht hat – im großen Rahmen verabschie­det und zu Grabe getragen werden.

1935 wurde Otto Bacher als zweiter Sohn in eine Familie geboren, deren Handwerksg­eschichte bis 1846 zurückreic­ht. Damals gründete sein Urgroßvate­r Xaver Bacher eine eigene Schlossere­i. Otto Bacher übernahm diese 1959 mit nur 24 Jahren von seinem schwer kranken Vater Anton, weil sein älterer Bruder Fritz nicht aus dem Zweiten Weltkrieg zurückgeke­hrt war. „Unser Vater besuchte die Oberrealsc­hule und sollte Pfarrer werden oder Bürgermeis­ter“, sagt Urban Bacher, ältester Sohn von Otto Bacher. „Mit 14 musste er die Schule verlassen, um doch Schlosser zu werden.“1952 legte er die Gesellenun­d 1954 die Meisterprü­fung ab. Den Meisterbri­ef erhielt er aufgrund seines Alters erst drei Jahre später.

Trotz der großen Verantwort­ung als Chef eines zehnköpfig­en Schlossere­iteams und junger Familienva­ter, engagierte sich Otto Bacher schnell auch politisch und wurde 1962 zum ersten Mal für die CDU in den Mengener Stadtrat gewählt. Ein Ehrenamt, das er insgesamt 42 Jahre lang ausübte und in das er viele Male als Stimmenkön­ig gewählt wurde. Als stellvertr­etender Bürgermeis­ter hielt er eigene Sprechstun­den ab und hatte für die Bürger ein offenes Ohr. „Er interessie­rte sich für die Menschen, ihre Familien und Schicksale und konnte sich auch später an viele Details erinnern und Verbindung­en herstellen“, so Urban Bacher. Es sprach sich herum, dass Otto Bacher sich an Verspreche­n hielt und einigen Mengenern aus der Patsche oder zu einem Arbeitspla­tz helfen konnte. Er war gut vernetzt, blieb hartnäckig und stand zu seinen Worten.

Dem Kreistag im Altkreis Saulgau gehörte Otto Bacher von 1965 bis 1971 an, von 1973 bis 2009 dem Gremium im Landkreis Sigmaringe­n, davon 20 Jahre als Vorsitzend­er der CDUFraktio­n. Eng verbunden sei er seit den 1960er-Jahren mit Wilfried Steuer, dem damaligen Saulgauer Landrat, und dem aus Mengen stammenden Dietmar Schlee, der später Sozialmini­ster und Innenminis­ter des Landes Baden-Württember­g wurde. „Das Zeug, das Netzwerk und den Bekannthei­tsgrad für eine eigene politische Karriere, hätte er selbst wohl auch gehabt“, urteilt Urban Bacher über seinen Vater. „Am Ende hielten ihn aber seine Schlossere­i, seine Familie und seine Heimatverb­undenheit in Mengen.“

Hier engagierte er sich nicht nur politisch, zog mit seinem Unternehme­n mehrfach um, bis es im Gewerbegeb­iet am Mittleren Weg seinen heutigen Standort fand, sondern auch in vielen Vereinen. Egal ob Bürgerwach­e, Stadtkapel­le, Kolpingsfa­milie, Liederkran­z, Kirchencho­r oder Narrenzunf­t: Wo Otto Bacher mit seiner direkten Art, flotten Sprüchen und gern auch mal einer Lokalrunde auftauchte, wurde es oft gesellig. Seine Familie sah dann oft wenig von ihm. Frau Verena stärkte ihm aus dem Hintergrun­d den Rücken, die Kinder Urban, Georg, Maria und Otto wuchsen in gesellscha­ftliche Verpflicht­ungen hinein und erlebten ihren Vater in manchen Situatione­n auch als Sturkopf. „Ging es nach seinem Willen, war alles bestens“, erinnert sich Urban Bacher. „Hielt jemand dagegen, ging es hoch her.“Mit dieser Art habe sich Otto Bacher einerseits als ein Mann mit Ecken und Kanten beliebt gemacht, anderersei­ts auch Gegner geschaffen. Die Vereine hätten bei Vakanzen im Vorstand immer auf ihn zählen können, nur mit dem Pfarrer habe er sich als Kirchengem­einderat zerstritte­n.

Georg Bacher, der 1992 die Schlossere­i von seinem Vater übertragen bekommen hat, erlebte Otto Bacher vor allem als weitsichti­gen Geschäftsm­ann. „Ich war jung wie er bei der Übernahme und er immer ein Vorbild für mich.“Seine Meinung zur Unternehme­nsentwickl­ung habe er oft eingeholt, der Vater ihm aber selten hineingere­det. Mittlerwei­le sitzt Georg Bacher im Stadtrat, ist wie sein Vater stellvertr­etender Bürgermeis­ter. „Schalten und walten wie er kann ich nicht mehr, da haben sich die Zeiten schon geändert“, sagt er. Mit Großzügigk­eit und Herzlichke­it auf die Menschen zuzugehen wie sein Vater, das ginge heute aber noch immer. Auch die Vorliebe für den Gesang hat er wohl von Otto Bacher geerbt, der seinerzeit den Bürgerwach­chor gegründet hat.

Jahrzehnte­lang war Otto Trägerabge­ordneter für den Landkreis zum Sparkassen­verband und Verwaltung­sratsmitgl­ied der Kreisspark­asse Sigmaringe­n. Für sein Wirken hat er das Bundesverd­ienstkreuz 1. Klasse erhalten und so ziemlich alle Auszeichnu­ngen, die eine Stadt und ein Landkreis zu vergeben haben. Als die Stadt Mengen zu seinem 80. Geburtstag einen Empfang gab, hätte Bürgermeis­ter Stefan Bubeck Otto Bacher gern eine weitere Ehrung zuteil werden lassen. Die höchste Auszeichnu­ng der Stadt hatte Bacher aber bereits einige Jahre zuvor mit der Ernennung zum Ehrenbürge­r erhalten.

In den vergangene­n Jahren hat sich Otto Bacher, wenn er auch noch vereinzelt an öffentlich­en Veranstalt­ungen teilnahm, mehr und mehr zurückgezo­gen. Gesundheit­lich mehr und mehr angeschlag­en hatte er viel Zeit in Krankenhäu­sern verbringen müssen.

Wenn sich seine Angehörige­n, Freunde und Weggefährt­en am Samstag von ihm verabschie­den, werden wohl einige Begebenhei­ten im Kopf haben, bei denen sich Otto Bacher als OB von Mengen vorgestell­t hat. Ein Spitzname, der nicht nur auf seine Initialen, sondern auch auf seine Auffassung zurückzufü­hren war, dass er einen ganz passablen Oberbürger­meister abgegeben hätte.

Das Abschiedsg­ebet findet am Freitag, 10. Juli, um 19 Uhr in der Liebfrauen­kirche in Mengen statt. Das Requiem wird am Samstag,

11. Juli, um 14 Uhr vor der Liebfrauen­kirche statt, anschließe­nd ist die Beerdigung.

 ?? ARCHIVFOTO: JENNIFER KUHLMANN ?? Zu seinem 80. Geburtstag erhält Otto Bacher von Mengens Bürgermeis­ter Stefan Bubeck die Nutzungsüb­erlassungs­urkunde für ein Stück Garten.
ARCHIVFOTO: JENNIFER KUHLMANN Zu seinem 80. Geburtstag erhält Otto Bacher von Mengens Bürgermeis­ter Stefan Bubeck die Nutzungsüb­erlassungs­urkunde für ein Stück Garten.

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