Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Expressionistisches aus der Sammlung von Passepartouts befreit
Zwei Drittel der Sammlung Selinka bestehen aus Kunstwerken des Expressionismus’. Der Fokus liegt dabei auf der Künstlergruppe „Brücke“(1905-1913). Kuratorin Kristina Groß hat sich für die neue Ausstellung im ersten Stock an diesem Schwerpunkt orientiert und
42 expressionistische Arbeiten aus den 1910er-Jahren
versammelt. Zu sehen sind alte Bekannte, wie etwa Ernst Ludwig Kirchners „Liegender Mädchenkopf“(1917), der erste Ankauf von Peter Selinka im Jahr 1952, Erich Heckels „Männerbildnis“(1919), Otto Muellers „Adam und Eva“(1920-23) oder das „Spanische Mädchen“(1912) von Alexej von Jawlensky. Aber es gibt auch Neues zu entdecken – zum Beispiel spontane Aktzeichnunin
gen von Kirchner oder die Lithografie einer Liegenden von Max Kaus. Das Besondere an dieser Ausstellung ist, dass fast alle Bilder
den vergangenen zwei Jahren neu gefasst wurden. Rahmenexperte Werner Murrer aus München hat die Arbeiten auf Papier von ihren
Passepartouts befreit und zugleich neu gerahmt – entweder mit Originalrahmen aus jener Zeit oder mit neuen Rahmen aus Hölzern von damals. Finanziert wurde das Projekt von Gudrun Selinka. So wird beispielsweise Kirchners Postkarte mit dem Farbholzschnitt einer „Artistin“(1910) jetzt in einem schwarzbraunen Rahmen mit natürlichem Abrieb präsentiert, der farblich wunderbar mit dem kleinen Bild harmoniert. Am auffälligsten aber ist der Rahmenwechsel bei der „Kupplerin“(1923) von Otto Dix. Der einst wuchtige Goldrahmen wurde gegen eine schlichte Holzfassung in Rostrot ausgetauscht. Wer sich für Details interessiert: Ein Film gibt Einblick in die Arbeitsweise von Werner Murrer. (amma)