Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Clubs als Arbeitgeber gehen vor und müssen sich schützen
Natürlich schwingt beim Thema Nationalmannschaft auch immer ein gewisser Teil Pathos mit. Männer, die ihre Nationalfarben überstreifen, das Wappen über dem Herzen tragen und für ihr Land in den sportlichen Kampf ziehen – im besten Fall steht bei Großereignissen gar ein gesamtes Land als zwölfter Mann bereit. Oh du schöne und einende Fußballwelt. Doch wer solche Argumente derzeit ins Feld führt, der verklärt die Realität. Es geht nicht um schöne Gefühle und nette Unterhaltung (die bei den jüngsten Auftritten der DFBElf ohnehin verzichtbar gewesen wäre). Aktuell geht es um das Überleben der Bundesligaclubs. Jener Mannschaften, die die Gehälter der Profis bezahlen. Die ihre Akteure mit
Verträgen ausstatten und dann in die Röhre schauen. Die Corona-Infektion von Hoffenheims Andrej Kramaric ist eben keine Verletzung im herkömmlichen Sinne, die eingeplant werden muss. Die besten Spieler fliegen um die Welt und einige wird es in den zahlreichen kommenden Länderspielen treffen. Daher ist es nur folgerichtig, den Spielern solche Reisen unter Umständen zu verbieten. Je nach Pandemie-Verlauf sollte man Länderspiele eventuell ohnehin aussetzen. Nicht nur, weil Topspiele der Clubs so an Spannung verlieren, sondern weil es um Prioritäten geht – und die liegen nicht bei Länderspielen.
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Wenn es um Abstellungen für die Nationalmannschaften geht, sprechen die Topvereine immer wieder von Belastungssteuerung, Sorge um Verletzungen und davon, dass sie ja schließlich die Gehälter zahlen. Das stimmt. Allerdings profitieren die Clubs natürlich auch davon, wenn sich ihre Spieler im jeweiligen Nationaltrikot auszeichnen können. Im Zweifelsfall steigen Marktwert und Transfererlöse.
Natürlich stellt sich die Frage, ob Länderspiele derzeit sein müssen. Genauso könnte man sich aber die Frage stellen, ob Spiele in der Champions League oder der Europa League sein müssen. Da reisen die Fußballprofis schließlich auch durch die Welt – und in zahlreiche Risikogebiete.
Wenn die Bundesligaclubs, ihre Chefs und Trainer konsequent wären, dann würden sie auch die Partien in den europäischen Ligen noch viel mehr kritisieren. BVB-Trainer Lucien Favre spricht von „gefährlichen Reisen“. Vom Boykott der Champions League, wie ihn Hoffenheims Sportchef Alexander Rosen bei Länderspielen ins Gespräch gebracht hat, ist keine Rede. Da kassieren die Clubs schließlich Millionensummen. In Zeiten der Krise sind Einnahmen elementar wichtig. Besser wäre aber ein bisschen mehr Demut, statt die Schuld immer nur bei anderen zu suchen.
„Es geht um das Überleben der Bundesligaclubs.“
„Ein bisschen mehr Demut wäre gut.“
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