Schwäbische Zeitung (Sigmaringen)
Die Doppelmoral der Lokalpolitiker
Wer aktuell die Nachrichten verfolgt, wird merken, dass die Zahl der Corona-Infektionen wieder ansteigt. Genau genommen sind die Infektionszahlen in Deutschland so hoch wie nie. Die Folgen zeigen sich auch in der Sigmaringer Innenstadt: Immer mehr Menschen setzen selbst im Freien auf einen Mundschutz. Auch die Politik predigt verstärkt die AHA-plus-L-Regeln: Abstand, Hygiene, Alltagsmaske und Lüften.
Doch in der Praxis sieht das ein wenig anders aus. Erst kürzlich trafen sich Landräte, Bürgermeister, Gemeinderäte, dazu noch Pfarrer, Presse und diverse andere Menschen der Öffentlichkeit, um auf einer großen Wiese einen Spatenstich zu begehen, etwa 50 Personen insgesamt. Die Sache mit dem Lüften wurde zwar an der frischen Luft vorbildlich umgesetzt – zur Hygiene lässt sich von außen natürlich nur wenig sagen – aber die beiden As der Regeln musste man suchen. Die Gruppe stand in einem Haufen, die meisten ohne Mundschutz, manche umarmten sich oder flüsterten sich Kopf an Kopf den neuesten Tratsch zu. Der Höhepunkt: Lokalpolitiker, die zwar den Mundschutz tragen, ihn aber zum Reden mit dem Gegenüber abziehen.
An dieser Stelle sei gesagt: Wenn so mancher Otto-Normal-Verbraucher an den Maßnahmen der Politik zweifelt, wäre es doch sicherlich geschickter, besagte Maßnahmen nicht nur zu predigen, sondern sie vorzuleben und Vorbild zu sein. Denn sonst macht sich Lokalpolitik unglaubwürdig.